Unter den Menschen von Leo Greiner

Ich hab' es nie so tief gewußt,
Was heimlich webt, wo Menschen mich umdrängen:
Was ich im Wind verschüttet, Rausch und Lust,
Was ich an Leid begrub auf stillen Gängen,
Flutet von euch zurück in meine Brust.
Dann bin ich wie ein Baum im Abendwehn,
Von dem ein trunkner Schatten niederschwebt,
Ich seh' verworren in meinem Schatten gehn
Viel Menschenleben, die ich selbst gelebt:
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Ein wildes Jahr, im Rausch zu Grab gelenkt,
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Ein Wintermond, drin Herdschein mir gefunkelt,
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Ein grauer Tag, den ich an Gott verschenkt,
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Ein goldner Abend, trauerüberdunkelt.
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Was ich im Wein vergaß, im Abend litt,
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Trägt Brust um Brust in ihre Stille mit.
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Und leis zerrinnt des Schattens blaue Pracht
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Und einsam wie ein Wald rauscht tiefe Nacht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Unter den Menschen“

Autor
Leo Greiner
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
17
Anzahl Wörter
121
Entstehungsjahr
1876 - 1928
Epoche
Naturalismus,
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Unter den Menschen“ stammt vom Lyriker Leo Greiner, der von 1876 bis 1928 lebte. Damit lässt sich das Werk in die künstlerische Epoche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts einordnen, genauer in die Zeit des Symbolismus und des Expressionismus, die für ihre innere Reflexion und emotive Dichtung bekannt sind.

Beim ersten Lesen fällt auf, wie intensiv das lyrische Ich seine Empfindungen und Beobachtungen schildert. Greiner lässt das lyrische Ich ausdrücken, wie es sich in der Gemeinschaft und doch alleine fühlt, wie es seine Erfahrungen in einem Meer aus Erinnerungen und Gefühlen reflektiert. Es spricht von Vergangenem, das durch Interaktionen mit anderen Menschen wieder in die Gegenwart geholt wird.

Der Inhalt des Gedichts lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich hat viele Leben durchlebt, wurde durch vergessene Freuden und gelittene Schmerzen geformt. Es sieht sich als Teil der Masse, als Schatten unter den Menschen, doch gleichzeitig allein: ein Wald, der in der tiefen Nacht rauscht.

Die Form des Gedichts ist bemerkenswert: Mit einundzwanzig Versen ist es länger als viele klassische Gedichtformen und es verzichtet auf einen durchgehenden Reim. Stattdessen schafft Greiner durch Rhythmik und bildreiche Sprache eine besondere Dichte. Auch die Wahl der Worte trägt zur Stimmung bei: Sie sind teils realistisch, teils metaphorisch und erzeugen so ein Gefühl von Flüchtigkeit und Transzendenz. Wiederkehrende Themen sind Vergänglichkeit, Einsamkeit, Gemeinschaft und Reflexion.

Die tiefe Emotionalität, welche durch die Wahl von Worten wie „Rausch“, „verschüttet“, „trunkner Schatten“ und „tiefe Nacht“ hervorgerufen wird, zeigt die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Erlebtem und Gemeinschaft, aber gleichzeitig auch die Melancholie und Einsamkeit, die es empfindet.

Zusammenfassend geht es in Leo Greiners Gedicht „Unter den Menschen“ um das Ringen zwischen Zugehörigkeit und Einsamkeit, um den tiefen Wunsch nach Gemeinschaft und dennoch das Begreifen der eigenen Individualität und Vergänglichkeit. Die bildreiche Sprache und der Rhythmus erzeugen eine emotional tiefe Atmosphäre und regen zur Selbstreflexion an.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Unter den Menschen“ des Autors Leo Greiner. Der Autor Leo Greiner wurde 1876 in Brünn (Brno) geboren. In der Zeit von 1892 bis 1928 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 17 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 121 Worte. Die Gedichte „Regenabend“ und „Liebe“ sind weitere Werke des Autors Leo Greiner. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Unter den Menschen“ keine weiteren Gedichte vor.

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