An Ruhheims Fluren von Ludwig Gotthard Kosegarten

Zerreiß den Wolkenschleier,
Du herbstliche Natur!
Erschein’ in deiner Feier,
Du meine Lieblingsflur!
Verklärt euch, o ihr Felder,
So freundlich, lieb und hold,
Erglänzt, erglänzt ihr Wälder,
Im Abendsonnengold!
 
Ihr ewiggrünen Matten,
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Ihr sanftgewölbten Höh’n,
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Ihr düstern Tannenschatten,
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Ihr spiegelklaren See’n,
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Ihr kalmusreichen Wiesen,
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Ihr Haiden, braun und wüst,
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O! seyd, seyd mir gepriesen,
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Seyd herzlich mir gegrüßt!
 
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Ich seh’, ich seh’ euch wieder,
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Und wie ich euch verließ,
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So find’ ich ganz euch wieder,
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So freundlich, lieb und süß.
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Ihr dämmert noch so schaurig,
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Ihr jubelt noch so laut,
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Ihr lispelt noch so traurig,
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Und schattet noch so traut.
 
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Ihr seht, ihr seht mich wieder;
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Und wie ihr sonst mich saht,
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So seht ihr ganz mich wieder,
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An Art und Kraft und That.
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Mein Herz ist noch so offen,
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So schwärmend und so wild,
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Mein Sehnen und mein Hoffen
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Noch immer unerfüllt.
 
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Ihr friedenvollen Felder,
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Ihr thauberauschten Au’n,
 
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Ihr feierlichen Wälder,
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Umhaußt von Nacht und Grau’n,
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Umweht, umweht den Müden,
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Mit eurer tiefen Ruh,
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Und lispelt euren Frieden
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Dem heißen Schwärmer zu.
 
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O! nehmt in eure Wonne
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Den müden Waller auf –
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Es endet schon die Sonne
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Den hohen Heldenlauf.
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Der braune Abend schleiert
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Den Forst, die Flur, die Flut,
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Die matte Schöpfung feiert,
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Und alles Leben ruht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „An Ruhheims Fluren“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
212
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Ruhheims Fluren“ wurde von Ludwig Gotthard Kosegarten verfasst, der von 1758 bis 1818 lebte. Somit gehört das Werk in die Epoche der Weimarer Klassik und Romantik.

Betrachtet man das Gedicht zunächst einmal oberflächlich, so fällt auf, dass es eine intensive und detaillierte Beschreibung der Natur aus der Perspektive des lyrischen Ichs darstellt. Es ruft gewissermaßen den Herbst an und preist die Schönheit der Landschaft, die hier als Ruhheims Fluren bezeichnet wird.

Inhaltlich schwelgt das lyrische Ich in der Darstellung der Natur. Es fordert die Natur auf, ihr herbstliches Bild zu enthüllen und preist verschiedene Aspekte der Landschaft, wie die Felder, Wälder, Matten, Hügel, Seen und Wiesen. Es drückt eine intensive Sehnsucht und Liebe zur Natur aus und äußert gleichzeitig die Freude, wieder in der geliebten Landschaft sein zu können. In den Versen 25 bis 32 kontrastiert das lyrische Ich dies mit dem eigenen emotionalen Zustand - sein Herz ist offen und sehnsüchtig, seine Hoffnungen sind unerfüllt. In den abschließenden Versen drückt das lyrische Ich den Wunsch aus, von der ruhigen und friedlichen Natur umarmt zu werden, während der Tag zur Neige geht.

Formal besteht das Gedicht aus sieben Strophen, die jeweils aus zwei bis acht Versen bestehen. Der Autor verwendet eine einfache, aber dennoch bildreiche Sprache und setzt zahlreiche Natursymbole ein, um die Schönheit und Mystik der herbstlichen Landschaft hervorzuheben. Dabei erzeugen Wiederholungen und Alliterationen (z. B. „Verrklärt euch, o ihr Felder...“) einen harmonischen und rhythmischen Klang.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „An Ruhheims Fluren“ ein typisches Beispiel für die Naturlyrik der Romantik ist. Die intime und emotionale Beziehung des lyrischen Ichs zur Natur, seine Sehnsüchte und Hoffnungen sowie die intensive und bildreiche Beschreibung der Natur widerspiegeln die typischen Merkmale dieser literarischen Epoche.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An Ruhheims Fluren“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ludwig Gotthard Kosegarten. Im Jahr 1758 wurde Kosegarten in Grevesmühlen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1796 zurück. Neustrelitz ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 212 Worte. Die Gedichte „Ellwieens Schwanenlied“, „Harmonie der Sphären“ und „Schön Sidselil und Ritter Ingild“ sind weitere Werke des Autors Ludwig Gotthard Kosegarten. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Ruhheims Fluren“ keine weiteren Gedichte vor.

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