Als die Kerze verlosch von Otto Julius Bierbaum

Licht, lösch aus!
Dunkel sei mein Haus.
Dunkel um mich,
Dunkel in mir;
Still, Herz: Dich
Kennt niemand hier.
 
Niemand weiß um deine,
Niemand weiß um meine
Tiefe Dunkelheit.
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Wie sehr wir beide verdorben,
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Und daß wir schon gestorben:
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Wem ist es bewußt? Wem wär es leid?
 
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Aber wir leben ja! Leben
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Klarer als je!
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Das ist es eben:
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Das tut zum Sterben weh:
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Daß wir, zu träumen so wohlgeboren,
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Das Glück des Traumes ach, verloren
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Und nichts dafür gewonnen haben,
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Als die verfluchteste von allen Erdengaben:
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Zu sehen, daß wir nicht zu Haus hier sind.
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Wohl, Herz, wir waren nicht dem Leben blind,
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Nun aber sind wir sehend tot
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Und leiden bittre Heimwehnot
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Nach dem verlorenen Paradies,
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Das wohl den andern Wahnsinn hieß,
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Uns aber süße Heimat war;
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Ein Land in Dunkelheiten klar.
 
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Wolln wir nicht gehn, es wieder suchen?
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Sei stark, Herz, komm: laß uns selbstsüchtig sein!
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Nur Glück ist Wert. Jetzt ist nichts mein und dein
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Als ödes, widerliches Selbstverfluchen.
 
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Wir sind am Leben krank, Herz. Auf ins Leere
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Der holden Lüge, deren Meister wir
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Und Diener sind. Das Wahre ist das Schwere,
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Und wir, Herz, wir sind nicht zum Tragen hier.
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Wir wollen schweben, schweben, bis wir fallen
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Zum letzten Traum: dem seligsten von allen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Als die Kerze verlosch“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
38
Anzahl Wörter
209
Entstehungsjahr
1865 - 1910
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Otto Julius Bierbaum ist der Autor des Gedichtes „Als die Kerze verlosch“. 1865 wurde Bierbaum in Grünberg in Niederschlesien geboren. In der Zeit von 1881 bis 1910 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 209 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 38 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Otto Julius Bierbaum ist auch der Autor für Gedichte wie „Mondmüde“, „Toskanisches Mädchenlied“ und „Angelika, die röselrote“. Zum Autor des Gedichtes „Als die Kerze verlosch“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 354 Gedichte vor.

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