Die Taube, der Falk und der Tauber von Friedrich von Hagedorn

Ein Blaufuß steigt zum neuen Raube
Aus Nest und Wald empor, reviert in hoher Luft,
Beschauet Berg und Thal, und sieht in einer Gruft
Des treuen Taubers Lust, die schönste Turteltaube.
Auf sie stößt er herab, erreicht, und greift sie bald,
Und ist schon im Begriff, die Arme zu zerreißen,
Als sie ihn girrend fragt: Wird dieses Siegen heißen,
So man nicht kämpft? Erweise die Gewalt;
Doch nicht an mir, die ich vor Schrecken sterbe.
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Nein, daß dein Muth den rechten Sieg erwerbe,
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So falle nur den großen Reiher an,
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Den Adler selbst, und was sich wehren kann.
 
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So wehre dich! versetzt der Falk, und dräute:
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So wehre dich! ist nicht dein Schnabel gnug zum Streite?
 
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Zum Streite? wie? er kennt nicht Streit noch Groll,
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Und hat nicht Kraft, als wann er schnäbeln soll.
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Es ist sein Stoß, die Regung sanfter Triebe,
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Nichts, als ein Spiel, ein Reiz, ein Kuß der Liebe
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Für meinen Freund .... Und wer ist dieser Freund?
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Mein Tauber ist's: er schläft auf einem Zweige ...
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Man weck' ihn auf: es ist dein Held mein Feind.
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Dir steh' er bei: ich will, daß er sich zeige.
 
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Das Täubchen seufzt. Ach nein, ich bitte, nein!
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Sonst würde nur mein Jammer größer sein.
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Noch seufzet sie, und schnell erwacht der Gatte,
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Er fliegt von selbst dahin, wo sie der Räuber hatte.
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Mit ihr scheint auch der Tod ihm vor dem Würger schön:
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Sie sterben Hals an Hals, da der den Mord verübte.
 
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Die heiße Liebe sieht auf nichts, als das Geliebte;
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Die kluge hätte nur auf die Gefahr gesehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Die Taube, der Falk und der Tauber“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
259
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Friedrich von Hagedorn ist der Autor des Gedichtes „Die Taube, der Falk und der Tauber“. 1708 wurde Hagedorn in Hamburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1724 und 1754 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Aufklärung kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Hagedorn handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 259 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Weitere Werke des Dichters Friedrich von Hagedorn sind „Dauer der Scribenten“, „Die Schule“ und „Das Heidelberger Faß“. Zum Autor des Gedichtes „Die Taube, der Falk und der Tauber“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 252 Gedichte vor.

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