Grenzen der Pflicht von Friedrich von Hagedorn

Aus Beifall und gewohnten Gründen
Nur Menschen recht vernünftig finden,
Das will die Pflicht:
Doch manche Menschen, die wir kennen,
Viel klüger, als die Thiere, nennen,
Das will sie nicht.
 
Die seltnen Fürsten Götter heißen,
Die sich der Menschenhuld befleißen,
Das will die Pflicht:
10 
Doch die mit Götternamen zieren,
11 
Die weibisch oder wild regieren,
12 
Das will sie nicht.
 
13 
Nicht widersprechen und sich schmiegen,
14 
Wann große Männer prächtig lügen,
15 
Das will die Pflicht:
16 
Doch glauben, was sie uns erzählen,
17 
Doch glauben, wo Beweise fehlen,
18 
Das will sie nicht.
 
19 
Der Neuern Kunst und Witz verehren,
20 
Zumal, wann sie durch Muster lehren,
21 
Das will die Pflicht!
22 
Allein den großen Geist der Alten
23 
Für unsrer Zeiten Antheil halten,
24 
Das will sie nicht.
 
25 
Der Welt das Wasser anzupreisen,
26 
Erlaubt man Aerzten oder Weisen,
27 
Das will die Pflicht:
28 
Allein des Vorrangs dich berauben,
29 
Du freudenvoller Saft der Trauben!
30 
Das will sie nicht.
 
31 
Die frommen Blicke nicht verschmähen,
32 
Wo wir nur Zucht und Unschuld sehen,
33 
Das will die Pflicht:
34 
Doch deren Vorzugsrecht verkennen,
35 
In welchen Lust und Jugend brennen,
36 
Das will sie nicht.
 
37 
Die scharfen Mütter nicht belachen,
38 
Die schlaue Töchter stets bewachen,
39 
Das will die Pflicht:
40 
Allein der Töchter List verrathen,
41 
Die das thun, was die Mütter thaten,
42 
Das will sie nicht.
 
43 
Den Alten, die uns bessern können,
44 
Mehr Zehenden an Jahren gönnen,
45 
Das will die Pflicht:
46 
Allein zu ihrem längern Leben
47 
Von unserm eine Stunde geben,
48 
Das will sie nicht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Grenzen der Pflicht“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
235
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Friedrich von Hagedorn ist der Autor des Gedichtes „Grenzen der Pflicht“. Der Autor Friedrich von Hagedorn wurde 1708 in Hamburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1724 bis 1754 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Aufklärung zuordnen. Der Schriftsteller Hagedorn ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 235 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn sind „Dauer der Scribenten“, „Die Schule“ und „Das Heidelberger Faß“. Zum Autor des Gedichtes „Grenzen der Pflicht“ haben wir auf abi-pur.de weitere 252 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich von Hagedorn sind auf abi-pur.de 252 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.