Die Landlust von Friedrich von Hagedorn

Geschäfte, Zwang und Grillen,
Entweiht nicht diese Trift:
Ich finde hier im Stillen
Des Unmuths Gegengift.
Ihr Schwätzer, die ich meide,
Vergeßt mir nachzuziehn:
Verfehlt den Sitz der Freude,
Verfehlt der Felder Grün.
 
Es webet, wallt und spielet
10 
Das Laub um jeden Strauch,
11 
Und jede Staude fühlet
12 
Des lauen Zephyrs Hauch.
13 
Was mir vor Augen schwebet,
14 
Gefällt und hüpft und singt;
15 
Und alles, alles lebet
16 
Und alles scheint verjüngt.
 
17 
Ihr Thäler und ihr Höhen,
18 
Die Lust und Sommer schmückt!
19 
Euch, ungestört, zu sehen
20 
Ist, was mein Herz erquickt.
21 
Die Reizung freier Felder
22 
Beschämt der Gärten Pracht,
23 
Und in die offnen Wälder
24 
Wird ohne Zwang gelacht.
 
25 
Die Saat ist aufgeschossen
26 
Und reizt der Schnitter Hand.
27 
Die blättervollen Sprossen
28 
Beschatten Berg und Land.
29 
Die Vögel, die wir hören,
30 
Genießen ihrer Zeit:
31 
Nichts tönt in ihren Chören,
32 
Als Scherz und Zärtlichkeit.
 
33 
Wie thront auf Moos und Rasen
34 
Der Hirt in stolzer Ruh'!
35 
Er sieht die Heerde grasen
36 
Und spielt ein Lied dazu.
37 
Sein muntres Lied ergötzet
38 
Und scheut die Kenner nicht;
39 
Natur und Lust ersetzet
40 
Was ihm an Kunst gebricht.
 
41 
Aus Dorf und Büschen dringet
42 
Der Jugend Kern hervor
43 
Und tanzt und stimmt und singet
44 
Nach seinem Haberrohr.
45 
Den Reihentanz vollenden
46 
Die Hirten auf der Hut,
47 
Mit treu-vereinten Händen,
48 
Mit Sprüngen voller Muth.
 
49 
Wie manche frische Dirne
50 
Schminkt sich aus jenem Bach;
51 
Und gibt an Brust und Stirne
52 
Doch nicht den Schönsten nach.
53 
Gesundheit und Vergnügen
54 
Belebt ihr Aug' und Herz,
55 
Und reizt in ihren Zügen
56 
Und lacht in ihrem Scherz.
 
57 
In jährlich neuen Schätzen
58 
Zeigt sich des Landmanns Glück,
59 
Und Freiheit und Ergötzen
60 
Erheitern seinen Blick.
61 
Verleumdung, Stolz und Sorgen,
62 
Was Städte sklavisch macht,
63 
Das schwärzt nicht seinen Morgen,
64 
Das drückt nicht seine Nacht.
 
65 
Nichts darf den Weisen binden,
66 
Der alle Sinnen übt,
67 
Die Anmuth zu empfinden,
68 
Die Land und Feld umgibt.
69 
Ihm prangt die fette Weide
70 
Und die bethaute Flur:
71 
Ihm grünet Lust und Freude,
72 
Ihm malet die Natur.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.3 KB)

Details zum Gedicht „Die Landlust“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
72
Anzahl Wörter
318
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Die Landlust“ ist Friedrich von Hagedorn. Der Autor Friedrich von Hagedorn wurde 1708 in Hamburg geboren. Zwischen den Jahren 1724 und 1754 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Aufklärung zuordnen. Bei Hagedorn handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 318 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 72 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Friedrich von Hagedorn ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Nacht“, „Der Morgen“ und „Dauer der Scribenten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Landlust“ weitere 252 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich von Hagedorn sind auf abi-pur.de 252 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.