Der verliebte Bauer von Friedrich von Hagedorn

Rühmt mir des Schulzens Tochter nicht.
Nein! Sagt nur, sie ist reich.
Im ganzen Dorf ist kein Gesicht
Der flinken Hanne gleich.
Das Mensch gefällt, auch ungeputzt;
Ich sag' es ohne Scheu:
Trotz mancher, die in Flittern stutzt;
Sie sei auch wer sie sei.
 
Wie frei und weiß ist ihre Stirn
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Und roth und frisch ihr Mund!
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Wie glatt der Haarzopf meiner Dirn
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Und ihre Brust wie rund!
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Ihr Aug' ist schwarz wie reifer Schlee:
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Schier komm' ich auf den Wahn,
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Wann ich ihr lang in's Auge seh,
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Sie hat mir's angethan.
 
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Ihr wißt, wie wir im Rosenmond
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Die Maien hier gepflanzt;
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Da ward der Füße nicht geschont,
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Da hat sich's g'nug getanzt.
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Des Schaffers Tenne knarrte recht,
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Wir schäkerten uns satt:
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Der Hüfner Heins und Hans, der Knecht,
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Und Hartwig aus der Stadt.
 
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Den Vorreihn, Nachbarn, ließ man ihr:
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Flugs rief sie mich herbei.
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Beim Element! wie flogen wir
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Nach Kilians Schalmei.
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Wann Hanne nur in Schaukeln schwebt,
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Wie muthig steigt ihr Schwung!
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Und wann sie sich im Tanzen hebt,
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Wie schön ist jeder Sprung!
 
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Allein beim Kehraus glitschte sie;
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Doch ich ergriff sie stracks:
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Und dafür sah ich auch ein Knie,
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Das war so weiß als Wachs.
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Des Pfarrers Muthe schimpft' aus Neid
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Und zwackte mich gar an.
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Ich sprach: Mensch, laßt mich ungeheit
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Und kneipt den Leiermann.
 
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Mein Liebchen ging mit mir in's Feld:
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Ich half ihr übern Zaun.
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Da hab' ich mich nicht mehr verstellt,
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Sie war bei guter Laun'.
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Wir lagerten uns drauf ins Gras,
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Wie Nachbarskinder thun:
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Doch ich empfand, ich weiß nicht was,
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Das ließ mich gar nicht ruhn.
 
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G'nug, daß sie mich ihr Büschen hieß,
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Mir Hand und Guschel reicht',
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Und mir ein saftig Schmätzchen ließ,
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Dem auch der Most nicht gleicht.
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Ihr schmunzelt? Denket, was ihr wollt.
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Glaubt, daß sie euch nur neckt,
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Und daß ihr nicht erfahren sollt,
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Was Hannens Mieder deckt.
 
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Die Edelfrau ist zart und fein;
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Mein Mensch ist wohl so schön.
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Sollt' ich nur ihr Leibeigner sein,
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Den Dienst woll't ich versehn.
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Ihr, die ihr gern was Neues wißt,
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Das euch die Ohren kraut;
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Hört, was ihr alle wissen müßt:
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Sie ist schon meine Braut.
 
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Der Herr Magister merkt schon was:
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Bring' ich den Decem hin,
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So fragt er mich ohn' Unterlaß:
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Ob ich verplempert bin?
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Und wann sie in die Kirche tritt,
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So singt er, glaubt es mir,
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Noch weniger als sonsten mit,
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Und schielt und gafft nach ihr.
 
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Die Hochzeit soll auch bald geschehn,
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Noch vor der Ernte Zeit.
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Da sollt ihr manchen Luftsprung sehn,
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Der Leib und Seel' erfreut.
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Die ganze Dorfschaft komme mir,
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Sie soll willkommen sein:
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Und ich versprech' euch Kirmißbier
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Und guten Firnewein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der verliebte Bauer“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
80
Anzahl Wörter
442
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der verliebte Bauer“ des Autors Friedrich von Hagedorn. 1708 wurde Hagedorn in Hamburg geboren. Zwischen den Jahren 1724 und 1754 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Aufklärung zuordnen. Der Schriftsteller Hagedorn ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 80 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 442 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn sind „Dauer der Scribenten“, „Die Schule“ und „Das Heidelberger Faß“. Zum Autor des Gedichtes „Der verliebte Bauer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 252 Gedichte vor.

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