Goethe, Johann Wolfgang von - Iphigenie auf Tauris (Erörterung Humanität & Iphigenie auf Tauris)

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Johann Wolfgang von Goethe, Analyse, Interpretation, Erörterung, Nationalsozialismus, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang von - Iphigenie auf Tauris (Erörterung Humanität & Iphigenie auf Tauris)
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Referat

Literarische Erörterung zu Iphigenie auf Tauris

Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ als ein Beispiel für die „Bildung zur Humanität“

In der hier nun folgenden Erörterung werden wir uns mit der Figur Thoas beschäftigen und fragen uns: Inwiefern er in Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ als ein Beispiel für die „Bildung zur Humanität“ bezeichnet werden kann und ob er dem Ideal der Humanität entspricht.
Mithilfe eines aufgeführten Zitats von Johann Gottfried Herder werde ich auf die oben genannte Aufgabe eingehen. Aber zunächst möchte ich noch den Begriff „Humanität“ ein wenig genauer erläutern.

„Humanität“ ist abgeleitet aus dem lateinischen Humanitas, was für menschlich oder auch Menschlichkeit steht. Humanität mit dem Begriff Menschlichkeit zu übersetzten, ist zur Verdeutlichung der Humanität zu niedrig, da der vorgeschlagene Begriff zu nah am Wort Mensch ist. Auch andere Begriffe, wie Menschenrechte, Menschenpflichten, Menschenliebe, Menschenwürde und so weiter, besitzen das gleiche Problem und sind außerdem noch miteinander verknüpft, weshalb man diese nicht zu dem Begriff Humanität vereinen kann. Darüber hinaus ist es nicht ideal für eine Definition, wenn man eine emotionale Verbindung zu den einzelnen Begriffen hat.
Was man allgemein sagen kann, ist, dass Humanität „der Charakter unseres Geschlechts“ (Z. 1) ist und diesen bekommen wir durch das Bewusstsein und den Verstand und wie wir damit handeln und umgehen. Wir Menschen verfügen, im Gegensatz zur Tierwelt, diese Anlage der Humanität „und muss uns eigentlich nur angebildet werden“ (Z. 1). „Das Göttliche in unserem Geschlecht ist also die Bildung zur Humanität“ (Z. 2-3), was uns zu gottesähnlichen Geschöpfen macht. Wir versuchen immer weiter diesem Ideal zu entsprechen und dürfen auch nicht damit aufhören, da wir uns sonst unserem Ziel der Humanität entfernen.

Humanität oder humanitäres Handeln hat eine hohe Wichtigkeit in dieser Welt. In der bisherigen Geschichte haben wir gesehen wie wichtig sie ist und zwar beispielsweise anhand des Holocausts. Die Humanität rückte dort nämlich gewaltig in den Hintergrund, was wirklich schlimme Ausmaße hatte für Millionen von Menschen. Unschuldige Menschen, wie unter anderem Juden, Zigeuner, Zeugen Jehovas oder auch Homosexuelle, wurden absolut unmenschlich gequält, gefoltert und brutal ermordet, was wahrscheinlich über unseren gesunden und humanitären Menschenverstand hinausgeht. Die Würde des Menschen wurde in keinster Weise beachtet, was bei mir eine gewisse Wut und Unverständlichkeit hervorruft, da man diese Menschen wie Tiere behandelt hat und auch so ansah.

Auch heute sehen wir wie wichtig Humanität ist in Zeiten von Corona. Um ein paar Beispiele zu nennen, nähen Menschen für Krankenhäuser und Pflegepersonal Masken, um anderen Menschen in Not zu helfen ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Darüber hinaus gibt es so viele nette Menschen, die ihren älteren Nachbarn die Einkaufstüten füllen und nach Hause bringen. Des Weiteren ist es auch wirklich schön zu sehen, dass wir Menschen auf der ganzen Welt zusammenhalten in dieser schwierigen Krise und zu Hause bleiben, um anderen Menschen zu helfen. Diese Solidarität oder dieses humanitäre Verhalten ist einfach rührend.

Nun folgt die Klärung der oben gestellten Frage, inwiefern Thoas in Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ als ein Beispiel für die „Bildung von Humanität“ bezeichnet werden kann oder ob er überhaupt in gewisser Wiese dem Ideal der Humanität entspricht.

Um nun auf die vorhandene und auch positiv weiterentwickelte Humanität von Thoas einzugehen, betrachten wir die letzten Aufzüge des Dramas „Iphigenie auf Tauris“. Um kurz das Geschehen für diese Stelle wiederzugeben, befinden wir uns dort, wo Iphigenie nun beschließt mit ihrem Bruder Orest und seinem Freund Pylades die Insel Tauris zu verlassen. Zunächst haben sie einen Fluchtplan entwickelt, der jedoch nur mit einer Lüge gelingen würde, was bei Iphigenie zu einem Gewissenskonflikt führt, sodass sie Thoas schließlich doch die ganze Wahrheit erzählt, was nur nebenbei bemerkt das humanitäre Denken und Handeln von Iphigenie verdeutlicht. Iphigenie überzeugt Thoas, weshalb sie, Orest und Pylades die Insel verlassen können. Thoas verabschiedet sich zunächst eher mit einem kalten „So geht!“(V. 2151) und dann mit einem verhältnismäßig gefühlsvolleren „Lebt wohl!“(V. 2174), womit das Drama sein Ende findet.

Wir müssen uns im Klaren sein, dass Thoas der Abschied oder das Gehenlassen von Iphigenie in keinster Weise leicht fiel, denn er ist derjenige, der somit seine letzte Hoffnung und damit auch alles verloren hat. Iphigenie war nämlich diejenige, die in seinen Augen für den Nachfolger des Königsthrons sorgen sollte, indem er sie zur Frau nimmt. Dieser Plan ist für ihn schon teilweise im ersten Aufzug gescheitert, indem Iphigenie den Heiratsantrag mit einer deutlichen Art und Weise ablehnt, aber durch das Verlassen der Insel ist sein Vorhaben nun endgültig zerstört. Er hat hier für das Wohl Iphigenies seine Interessen in den Hintergrund gestellt, was seine Bildung zur Humanität gut darstellt, denn was man deutlich erkennen kann, ist, dass er der absolute Verlierer in dieser Situation ist.

Damit einhergehend können wir jedoch auch sehen, dass Thoas verstanden hat, wie sich Iphigenie die ganze Zeit auf der Insel fühlt. Mit „…fremd.“(V.9), „…einsam…“(V.16) oder auch „…beklagenswert.“(V.24) kann man die Gefühlswelt Iphigenies beschreiben, was Thoas schlussendlich erkennt und mit dem „Lebt wohl!“(V. 2174) seine gewandelte Gesinnung verdeutlicht.

Des Weiteren müssen wir aber auch beachten, dass Iphigenie ganz am Anfang eine fremde Person war, die auf seiner Insel Tauris gelandet ist. Zu diesem Zeitpunkt herrschten noch die alten Traditionen, wo beispielsweise alle Fremden, die auf die Insel gekommen sind, der Göttin Diana geopfert wurden. Doch Thoas stellt dieses Ritual infrage und hat hier auf seinen Verstand plädiert und diese menschenunwürdige Tradition nicht an Iphigenie vollzogen, was seine humanitäre Anlage repräsentiert.

Und um auf das gerade gegebene Argument einzugehen, folgt mit dieser Tat ein weiterer Beweis für seine vorhandene Humanität, denn er gibt Iphigenie, der Fremden, nicht nur Asyl, sondern er setzt sie auch in eine gehobene Position ein, was in keinster Weise eine Selbstverständlichkeit darstellt. Durch ihn erfüllt sie ihren Dienst als Priesterin bei Thoas, den sogenannten Taurerkönig.

Wenn wir uns nun mit dem Autor Johann Wolfgang von Goethe beschäftigen, können wir in einigen Quellen finden, dass Goethe mit diesem Drama das Ideal der Humanität darstellen wollte, um so auch seine Zeitgenossen zu bilden. Goethe war eine leidenschaftlicher Schriftsteller, der zu den einflussreichsten Menschen der Klassik gehört. Er entwarf individuelle Werke, die auf der Wirklichkeit basierten und so hat er auch die Weltliteratur geprägt, indem durch ihn die Antike mit seiner humanitären Art und Weise zu einem bestrebten Vorbild wird. Anhand von Thoas wollte er zeigen, dass sich auch Menschen, wie er es ist, also eher impulsiver, gewaltbereiter oder auch egoistischer, sich die Humanität aneignen und ausbauen können und so fungiert er in dieser Rolle als Beispiel und Vorbild.

Darüber hinaus können wir erkennen, dass Thoas eine Bildung zur Humanität durchlebt hat, indem er bei dem Konflikt zwischen Orest und ihm nicht zu den Waffen gegriffen hat. Er hat die Macht der Worte benutzt, um die Situation zu klären, was für diese Zeit, die Antike, keine Selbstverständlichkeit darstellt. Allein diese Geste oder diese Handlung zu diesem Zeitpunkt, zeigt seine Veränderung in die positive humanitäre Richtung.

Außerdem erfahren wir, dass sich vor der Zeit des Dramas ein Krieg abspielte, wo natürlich Thoas der Anführer seiner Truppen war als König. Jedoch brachte der Krieg besonders für ihn einen hohen Verlust mit sich, nämlich verlor er dort seinen geliebten Sohn und Nachfolger des Throns. Ich denke, dass die meisten Menschen sich an den bestimmten Personen, die dafür verantwortlich waren, rächen würden, aber das macht er nicht. Er hat alles verloren, was ihm wichtig war, doch zu einer Rache kam es nie.

Wie wir erkennen können, besitzt Thoas einige Faktoren, die auf seine vorhandene Humanität deuten, jedoch müssen wir nun die anderen Seite betrachten.

Zum einen ist es wichtig, dass wir uns mit dem Charakter von Thoas auseinandersetzen. Allgemein haben wir schon erfahren, dass er der König der Taurier ist, der seinen einzigen Sohn im Krieg verloren hat und unverheiratet ist, weshalb er Iphigenie zu seiner Frau machen möchte. Um uns nun auf seinen Charakter zu konzentrieren, können wir ihn mit autoritär, impulsiv, bestimmend, gewalttätig, traditionsbewusst, egoistisch oder auch mit streng beschreiben. Wenn wir jedoch diese eher negativ assoziierten Adjektive betrachten, ist es schwer zu glauben, dass er mit diesem Charakter insbesondere humanitäre Taten wirklich ernst meint. Man verbindet eher einen Barbaren mit diesen Eigenschaften, wo man bei diesen die Humanität ausschließt.

Zum anderen können wir damit verbunden die Situation betrachten, wo Thoas Orest zum Duell auffordert, was seine barbarische und gewalttätige Art unterstreicht. Es ist wahr, dass er keine Gewalt angewendet hat, aber er wollte es, was absolut unvernünftig ist, denn wir sind Menschen mit Verstand, mit denen man reden kann, ohne jemanden einen körperlichen Schaden zuzufügen. Dabei hat er auch das Versprechen, dass er Iphigenie zuvor gegeben hat, gebrochen.

Außerdem ist es wichtig noch mal zu verstehen, was er während des ganzen Dramas gemacht hat. Er war derjenige, der entschieden hat, dass er Iphigenie heiraten möchte, um sie als „Brutkasten“ für den Nachfolger des Throns auszunutzen. Weil Iphigenie jedoch diese Rolle nicht spielen möchte, führt er die Todesstrafe für alle neuankommenden Fremden auf der Insel Tauris ein, was seinen Egoismus und auch seine leicht infantile Art unterstreicht, denn solch einen Entschluss nur wegen der „Absage“ von Iphigenie vorzuschlagen und auch durchzusetzen zeigt klar, dass dies nicht der Humanität entspricht. Er erpresst Iphigenie mit dem Heiratsangebot auf diese Art und Weise und als ihr Bruder Orest als Fremder auf Tauris ankommt, steht sie zwischen der Entscheidung Thoas gegen ihren Willen zu heiraten oder der Grund für den Tod ihres Bruders sein. Nur durch Thoas kommt sie in diesen Gewissenskonflikt, was nicht der Gerechtigkeit entspricht, denn sie hat als zuverlässige Priesterin Thoas gedient.

Um noch mal auf den Punkt mit dem Asyl Iphigenies einzugehen, bekommt man den Eindruck, dass er Iphigenie nicht aus Nächstenliebe oder Mitgefühl aufgenommen hat, sondern aus purem Eigennutz, was definitiv nichts mit Humanität zu tun hat. Jemanden nur für die gegebenen Vorteile auszunutzen, obwohl diese besagte Person dabei unglücklich und unzufrieden mit der Situation ist, ist einfach falsch und gegen die Ideale der Humanität.

Darüber hinaus gehend, kann man schon behaupten, dass er eine gewisse Entwicklung durchgemacht hat, jedoch stellt sich einem die Frage, wie lange diese anhalten wird. Denn um noch mal vor Augen zu führen, ist er ein egoistischer König, der nicht auf das Wohl anderer angewiesen ist und deshalb diese nicht beachten muss. Alle müssen tun, was der König sagt und möchte, und nach diesem Lebensstil hat er jahrelang gelebt. In gewisser Weise muss man dabei zugeben, dass sich solch ein Sinneswandel nicht in so einer kurzen Zeit ergeben kann, denn die Handlung dauert nicht länger als ein Tag und dabei nun eine Humanität entwickelt zu haben, ist fragwürdig, weshalb die „Bildung zur Humanität“ von Thoas infrage gestellt werden muss.

Außerdem können wir erkennen, dass diese gewisse Entwicklung nur durch Iphigenie ausgelöst wurde, wobei Thoas eher weniger als eigenständiges Individuum der Auslöser war. Iphigenie hat ihn auf den Pfad der Humanität geführt und ihn auch dabei unterstützt. Das Problem, welches sich nun hier ergibt, ist die Heimreise Iphigenies. Wenn sie ihn verlässt, ist es ungewiss, ob er seine Humanität weiterbildet, denn wenn ich Johann Gottfried Herder zitieren darf: „Die Bildung zu ihr ist ein Werk, das unablässig fortgesetzt werden muss…“(V.4). Iphigenie hat ihn immer weitere Anstöße gegeben sich zu entwickeln, doch wenn sie nicht mehr da ist, kommt einem die große Vermutung auf, dass seine Humanität zum Stillstand kommt und nicht weiter eigenständig ausgebildet wird.

Was nun aber das ausschlaggebendste Argument gegen seine „Bildung von Humanität“ und ihn als Ideal der Humanität ist, ist seine Drohung einer erneuten Einführung der Menschenopferung nach dem missglückten Heiratsantrag an Iphigenie. Menschen ohne einen triftigen Grund zu töten, in diesem Fall nur, weil jemand fremd ist, ist in meinen Augen ethisch und moralisch verwerflich und spricht absolut gegen die Würde des Menschen. Diese alte grauenhafte Tradition wurde nach zu langer Zeit endlich aufgelöst, um sie dann wieder in das alltägliche Leben zu integrieren, weil der König mit der Situation unzufrieden ist, hat in keinster Weise etwas mit Humanität zu tun. Um ehrlich zu sein, haben wir nur eine schwere Vorstellung wie schrecklich diese Menschenopferung in der Antike war, aber wir können diese Art der Behandlung von Menschen, die fremd oder auch anders waren, gut mit dem Holocaust vergleichen. Dort wurden, wie bereits eingangs erwähnt, Millionen unschuldige Menschen grausam ermordet, was uns so eine leichte Vorstellung dieser unbeschreiblich furchtbaren Tradition schafft.

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