An die Jungfrau Maria, die geheime Lilie von Angelus Silesius

Du edle Lilie, wer findet deinesgleichen,
Sollt er auch alles Feld im Paradeis durchstreichen?
Du glänzest wie der Schnee, wenn ihn zu schöner Zeit
Der Himmel mit dem Gold des Phaetons bespreit.
Vor dir muß Sonn und Mond und alle Stern erbleichen,
Dein Ansehn, deine Pracht ist schöner als das Kleid
Des Königs Salomons in seiner Herrlichkeit.
Dir muß der klare Blitz der Seraphine weichen,
Dein edeler Geruch erquickt die ganze Welt
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Und was sonst unserm Gott, dem Herrn, zu Fuße fällt.
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In dir findt man allein die Schönheit der Jungfrauen,
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Der Märtyrer Bestand und aller Heilgen Zier.
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Drum, edle Lilie, komm und erquick mich hier,
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Daß ich mög ewig dich und deinen Samen schauen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An die Jungfrau Maria, die geheime Lilie“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
115
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An die Jungfrau Maria, die geheime Lilie“ wurde von Angelus Silesius verfasst, einem bekannten Lyriker der Barockzeit. Silesius wurde am 25. Dezember 1624 in Breslau getauft und starb am 9. Juli 1677.

Beim ersten Lesen fällt die tiefe Verehrung des lyrischen Ichs für die Jungfrau Maria auf. Sie wird mit erhabenen, bildhaften Vergleichen überhöht und in ihrem Wesen auf eine fast unnahbare Weise idealisiert.

Das lyrische Ich preist Maria als die „edle Lilie“, die in ihrer Einzigartigkeit unvergleichbar sei, selbst wenn man alle Felder im Paradies durchsuchen würde. Sie strahle schöner als Schnee, der von der goldenen Sonne beschienen wird. Selbst Sonne, Mond und alle Sterne könnten nicht mit ihrer Schönheit konkurrieren, ihre Pracht sei schöner als das Gewand des Königs Salomon in seiner Herrlichkeit. Sogar der klare Blitz der höchsten Engel, der Seraphine, müsse ihr weichen. Ihr edler Duft belebe die ganze Welt und alles, was zu Gottes Füßen fällt. Maria vereine in sich die Schönheit aller Jungfrauen, die Standhaftigkeit aller Märtyrer und die Zier aller Heiligen. Daher bittet das lyrische Ich sie, es mit ihrer Gegenwart zu erquicken, damit es ewig sie und ihren „Samen“, also Jesus Christus, betrachten könne.

Inhaltlich dreht es sich bei dem Gedicht um eine Art Hymne an die Jungfrau Maria, in der das lyrische Ich seine tiefe Verehrung und seinen Wunsch nach ewiger Nähe zu ihr ausdrückt.

In Bezug auf die Form des Gedichtes zeigt es keine klassische Strophenform oder einen regelmäßigen Reim. Es ist eher freien Versform geschrieben. Die Länge der Verse ist ungleichmäßig, was die freie Form des Gedichts noch unterstreicht.

Die Sprache des Gedichts ist sehr bildreich und enthält viele Metaphern, Vergleiche und Anspielungen, die typisch für die barocke Lyrik sind. Sie zeichnet sich durch ihre Erhabenheit, ihre Komplexität und ihre religiöse Tiefgründigkeit aus. Die starken emotionalen Aussagen des lyrischen Ichs spiegeln die Intensität seiner religiösen Gefühle wider.

Zusammenfassend ist dieses Gedicht ein eindrucksvolles Beispiel für die barocke Lyrik und ihre tiefe religiöse Empfindung, die durch leidenschaftliche Ausdrücke der Verehrung und Anbetung zum Ausdruck gebracht wird.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An die Jungfrau Maria, die geheime Lilie“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Angelus Silesius. Im Jahr 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Zwischen den Jahren 1640 und 1677 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Begrifflichkeit „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet so viel wie „seltsam geformte, schiefrunde Perle“. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in unterschiedliche Richtungen. Der Krieg stellte dabei ein prägendes Ereignis der damaligen Zeit dar. Aber auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Dichter im Barock thematisierten die Gegensätze in fast allen Lebensbereichen. Das bezeichnet man auch als Antithetik. Thematisch folgten die Dichter der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Vordergrund – etwa Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Blüte und Verfall. Im Barock löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Zu den wichtigen Schriftstellern der Literaturepoche des Barocks gehören beispielsweise: Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Caspar Ziegler, Paul Fleming, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Angelus Silesius.

Das 115 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Angelus Silesius sind „Vom Gewissen“, „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“ und „Man achtet das Ewige nicht“. Zum Autor des Gedichtes „An die Jungfrau Maria, die geheime Lilie“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1832 Gedichte vor.

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