Klagst du leise, daß hienieden von Ottilie Wildermuth

Klagst du leise, daß hienieden
Dir ein Frauenloos beschieden?
Neidest du des Mannes Streben
Und sein keckes, freies Leben?
Nimm das Beste dir zu eigen,
Was den rechten Mann kann zeigen!
 
Einen guten, reinen Willen,
Kraft und Muth, ihn zu erfüllen,
Feste Treue fort und fort,
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Daß wie Gold dein schlichtes Wort;
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Lust zu graben nach dem Quell
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Edlen Wissens recht und hell;
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Füg’ dazu in Ernst und Scherz
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Warm und treu ein Frauenherz,
 
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Liebevolles Frauensorgen,
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Das da waltet still verborgen;
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Ruhig heiteres Ergeben,
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Was auch bringe dir das Leben:
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Du und andre sinds dann wohl zufrieden
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Daß nicht Mannesloos dir ward beschieden.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Klagst du leise, daß hienieden“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
103
Entstehungsjahr
1877
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht wird der Autorin Ottilie Wildermuth zugeschrieben, die im 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Sie gehört zur Generation der Biedermeierzeit, und ihr Schreiben reflektiert oft die Konventionen und gesellschaftlichen Erwartungen dieses Zeitalters.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht eine Ermunterung für Frauen, die sich unglücklich oder unbefriedigt mit ihrem Los im Leben fühlen. Der Ton des Gedichts wirkt gutmütig, aber doch daran interessiert, die Leserin auf einen anderen Weg zu lenken.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich einen Dialog mit einer unzufriedenen Frau zu führen. Diese Frau scheint das Leben und die Chancen, die Männern in dieser Zeit geboten wurden, zu beneiden. Sie wird jedoch ermutigt, nicht einfach zu bemitleiden, sondern das Beste anzustreben, was ihrer Meinung nach in einem Mann steckt: einen starken, reinen Willen, Mut, Loyalität, Aufrichtigkeit und den Wunsch nach Wissen. Zudem legt das lyrische Ich nahe, dass diese Eigenschaften zusammen mit typischen weiblichen Attributen wie einem warmen, treuen Herzen und liebevollem, stillen Sorgen zur Zufriedenheit führen können.

Hinsichtlich der Form handelt es sich bei dem Gedicht um einen Vierheber. Die Sprache ist unkompliziert und leicht zu verstehen, was zur ermutigenden Botschaft des Gedichts passt. Es wird kein Reimschema verwendet, was die ernsthafte, direkte Natur des Gedichts unterstreicht.

Insgesamt ist das Gedicht ein interessantes Zeugnis für die Einstellungen und sozialen Erwartungen zum Frausein in der Biedermeierzeit. Es fordert Frauen dazu auf, sich nicht zurückzulegen oder zu beschweren, sondern proaktiv das Beste aus ihren Möglichkeiten zu machen und dabei sowohl traditionell männliche als auch weibliche Eigenschaften zu schätzen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Klagst du leise, daß hienieden“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Ottilie Wildermuth. 1817 wurde Wildermuth in Rottenburg am Neckar geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1877 entstanden. Stuttgart ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 103 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Die Gedichte „Feuerwehr“ und „Der Wirthin Töchterlein“ sind weitere Werke der Autorin Ottilie Wildermuth. Zur Autorin des Gedichtes „Klagst du leise, daß hienieden“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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