Steinmeier, Frank-Walter - Rede zu Wiederwahl zum Bundespräsidenten am 13.02.2022 (Redeanalyse)

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Referat

Redeanalyse der Rede Frank-Walter Steinmeiers zur Wiederwahl zum Bundespräsidenten am 13.02.2022 in Berlin

Die Rede wurde von dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 13. Februar 2022 in Berlin anlässlich seiner Wiederwahl zum Bundespräsidenten durch die 17. Bundesversammlung gehalten. Dabei adressiert er die deutschen Bürger und Bürgerinnen, insbesondere die, die ihm ihr Vertrauen geschenkt und für ihn gestimmt haben, aber auch alle anderen Bürger Europas.

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Thematisch basiert seine monologische Rede zunächst auf seinem Dank zur Wiederwahl seines Amtes, welches alle fünf Jahre erneut gewählt wird. Ferner spricht er die innen und außen politische Situation Deutschlands und Europas an. Dabei bezieht er sich zum einen auf den Krieg Russlands und der Ukraine und dessen Auswirkung auf die anderen osteuropäischen Ländern, andererseits bezieht er sich inhaltlich auf die COVID19-Pandemie. An mehreren Stellen benennt er, was er sich zur Aufgabe und Pflicht in seiner Amtszeit gemacht hat.

Frank-Walter Steinmeier hält seine Rede an einem Rednerpult, auf dem vorn der Bundesadler abgebildet ist. Im Hintergrund des Redeortes ist die Flagge Deutschlands zu erkennen.

Die Rede Steinmeiers lässt sich in mehrere Teile gliedern. Zunächst steigt er mit einer Dank-Rede für die Wiederwahl und das ihm entgegengebrachte Vertrauen ein (vgl. Z. 1 f.). Daraufhin positioniert er sich deutlich auf die Seite der Demokratie und sagt, jeder, der diese angreife, habe ihn als Gegner (vgl. Z. 7 f.).

Inhaltlich zieht er aktuelle politische Themen heran, etwa seine Sorge um den Frieden in Europa (vgl. Z. 15), der durch den Krieg Russlands bedroht ist (vgl. Z. 17 ff.). Es brauche jetzt Klarheit, Abschreckung und Entschlossenheit (Z. 22/23). Er äußert, dass Russland die Verantwortung für die Gefahr eines militärischen Konflikts und eines Krieges in Osteuropa trage (vgl. Z. 25 ff.). Die Menschen haben ein Recht auf ein Leben ohne Angst, auf Selbstbestimmung und Souveränität. Jedoch lasse die Bedrohung der Ukraine auch die Angst in vielen anderen Ländern Osteuropas wachsen (vgl. Z. 29 ff.). Gleichzeitig verdeutlicht er, dass Deutschland ein Teil der NATO und der Europäischen Union ist und sich den Verpflichtungen in diesem Bündnis bekenne (vgl. Z. 38 ff.). Außerdem appelliert er an Putin, er solle die Stärke der Demokratie nicht unterschätzen (vgl. Z. 50 f.) und „die Schlingen um den Hals der Ukraine“ (Z. 107) lösen, um gemeinsam einen Weg zu suchen, der den Frieden in Europa bewahre (vgl. Z. 107 f.). Währenddessen hebt er die Stärke der Demokratie hervor, die auf den Bürgern und Bürgerinnen basiere (vgl. Z. 53 ff.). Weiterhin formuliert er deutlich, dass die Stärke der Demokratie nicht zu unterschätzen sei, jedoch auch nicht ihre Herausforderungen. Aber auch Themen wie Obdachlosigkeit und die Pandemie (vgl. Z. 126; vgl. Z. 130 ff.) sind schwerwiegende Probleme unserer Zeit.

Inhaltlich erzeugt er somit eine Überleitung in den nächsten Abschnitt seiner Rede, der die Pandemie thematisiert. Er gesteht ein, dass Fehleinschätzungen und Fehler hinsichtlich der angeordneten Maßnahmen in der Pandemie getätigt wurden (vgl. Z. 136 ff.). Dabei lobt er die Bürger und Bürgerinnen für ihre Kraft des Durchhaltens, ihr Kämpfen sowie ihr verantwortungsvolles und solidarisches Handeln in dieser schwierigen Zeit (vgl. Z. 148 ff.).

In dieser Hinsicht verkündet er, dass er es sich zur Aufgabe nehme, die Wunden der Menschen, die durch die Pandemie ausgelöst wurden, zu heilen (vgl. Z. 165).

Im weiteren Verlauf seiner Rede spricht der Bundespräsident auch die Gegner der Demokratie an und sagt, dass er sich nicht verstecke, sondern bleibe, aber die Kontroverse auch nicht scheue, denn diese brauche eine Demokratie (vgl. Z. 168 f.).

Ein weiterer Abschnitt seiner Rede beinhaltet die Zeit des Aufbruchs und Umbruchs (vgl. Z. 185). In Richtung Zukunft seie es Zeit Brücken zu bauen, die breit und stark sind und jegliches miteinander verbinden (vgl. Z. 185 ff.). Für die Aufgabe, diese Brücken zu erbauen, benötige er die Gesellschaft als Gemeinschaft für die Zukunft und für einen neuen Zusammenhalt (vgl. Z. 205 f.). Jedoch betont er in diesem Zusammenhang, dass die Verwirklichung seiner Vorhaben und Aufgaben Zeit in Anspruch nehme (vgl. Z. 201 f.). Eine weitere seiner Aufgaben sei es, Mut für die Aufgaben und Herausforderungen der Demokratie zu machen (vgl. Z. 230).

In den letzten Minuten seiner Rede appelliert er an die Bürger, dass sie sich nicht klein machen sollen und ohne Angst diese Aufgaben annehmen. Gleichzeitig betont er das Streben nach der Idee der Freiheit und der Demokratie (vgl. Z. 240 ff.). Dabei spricht er jeden einzelnen Bürger an und appelliert, dass nur gemeinsam die Ziele erreicht und Erfolge eingefangen werden können.

Bundespräsident Steinmeier nutzt seine Rede zunächst, um seinen Dank an die Delegierten des Bundestages und der Landesparlamente auszusprechen, die ihn erneut in sein Amt des Bundespräsidenten gewählt haben.

Des Weiteren wertet er seine eigene Position mittels Lob und Motivation an die Bürger auf, um zu verdeutlichen, dass sie ihm als Bundespräsidenten vertrauen können und dass er die richtige Person für dieses Amt ist.

Außerdem macht er auf aktuelle politische Situationen aufmerksam und beschreibt, wie er diese bewältigen möchte.

Dabei bezieht er die Bürgerinnen und Bürger als Fundament der Demokratie mit ein. Nur durch sie sei sie stark, womit er indirekt ein Lob an sie ausspricht, und sie motiviert auf gleichem Wege weiterzumachen. In diesem Atemzug gibt er Zukunftsblicke und verstärkt den Gedanken der Motivation und den Appell, dass als Gemeinschaft mit der Idee nach Freiheit und Einheit in den Köpfen gekämpft werden soll. Mit seiner Rede möchte er jedoch nicht nur auf das Bemerkenswerte aufmerksam machen, sondern gleichzeitig auf Herausforderungen hinweisen.

Steinmeier verwendet in seiner Rede viele Strategien der Beeinflussung, wie unter anderem die Aufwertung seiner eigenen Position durch ein Lob an die Bürger und Bürgerinnen. Er lobt sie und spricht ihnen zu, dass die Demokratie nur so stark sei, da sie von ihnen getragen wird (vgl. Z. 53 f.). Das Gefühl der Wichtigkeit und Wertschätzung erhält der Bürger nicht nur durch solch ein Lob, sondern auch durch die Verwendung des Personalpronomens „wir“, mit dem der Redner ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Außerdem schließt sich der Redner, wenn er in der Wir-Form spricht, sich mit ein und stellt sich nicht als Führer, sondern als Gleichgesinnter dar (vgl. Z. 99 f). Des Weiteren lässt sich die Strategie der Motivation oft wiederfinden, wie bspw. in Zeile 207 (f.). Mit den Worten „Sie alle braucht es für die Zukunft, Sie alle braucht es für einen neuen Zusammenhalt!“ (Z. 207 f.) verdeutlicht er den Bürgern, dass sie ein wichtiger Bestandteil sind und dass es jeden Einzelnen braucht, um stark zu sein und voranzukommen. So motiviert er und fordert sie auf weiterzukämpfen.

Zudem gestaltet Steinmeier seine Rede mit bewussten Emotionalisierungen, was deutlich wird, wenn er anspricht, dass in der Zeit der Pandemie jeder mit Frust und Enttäuschungen zu kämpfen hatte (vgl. Z. 159 f.). So gelingt es ihm, dass sich jeder einzelne damit identifizieren kann und sich angesprochen fühlt. Mit seinen Worten, dass er diese Wunden heilen möchte (vgl. Z. 165) erweckt er das Gefühl von Hoffnung. Doch trotz seiner angesprochenen Lichtblicke schreckt er nicht vor Dramatisierungen zurück und spricht Sorgen und Herausforderungen offen an.

Es kann angeführt werden, dass er offen kundgibt, dass er in Sorge um den Frieden in Europa ist (vgl. Z. 15). Außerdem beschönigt er Fehlentscheidungen nicht (vgl. Z. 136 ff.), sondern gibt sie als eingestanden Fehler zu, was auf den Zuhörer authentisch, sympathisch und ehrlich wirkt.

Ferner lassen sich in seiner Rede viele Fahnenwörter, wie Einheit, Freiheit, Demokratie, Grundgesetz, Souveränität und Solidarität auffinden. Diese sind positiv konnotiert und besitzen Überzeugungspotential. Dem gegenüber stehen Stigmawörter, wie „Corona – Diktatur“ (Z. 166), die negativ besetzt sind und den politischen Gegner diffamieren.

Eine weitere sprachliche Besonderheit ist die direkte Ansprache sowohl an das Bürgertum als auch an Putin selbst. So gelingt es Steinmeier Aufmerksamkeit beim Zuhörer und das Gefühl von Wichtigkeit zu erwecken und ein Bestandteil der Veranstaltung zu sein. Oft ist diese direkte Ansprache mit einem Appell verbunden, wie die Ansprache von Putin „Lösen Sie die Schlingen um den Hals der Ukraine! Suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt!“ (Z. 107 f.). Dieser Appell ist zusätzlich mit einer Metapher verknüpft und impliziert, dass Putin die Souveränität der Ukraine akzeptieren und den Truppenaufmarsch zurückziehen sollte.

Weitergehend lassen sich weitere Appelle im Imperativ in Form eines Trikolon in seiner Rede auffinden. „Machen wir uns selbst nicht klein! Seien wir nicht ängstlich! Packen wir die Zukunft bei Hörnern! …“ (Z. 240 f.). Zum einen wird erneut an die Bürger und Bürgerinnen motivierend appelliert, aber zum anderen drückt der Bundespräsident seine Intention der Rede deutlich aus. Er verlangt, dass jeder dazu beiträgt, die Demokratie zu stärken und für die Zukunft furchtlos zu kämpfen.

Neben den sprachlichen Besonderheiten lassen sich ebenso das non- und paraverbale Verhalten analysieren. Auffallend ist, dass der Bundespräsident passend gekleidet ist und während seiner Rede stetigen Augenkontakt hält. Er gestikuliert jedoch wenig, was sich aber als zu dieser Rede passend beschreiben lässt, da kein Aufruhr oder „Hektik“ verbreitet werden soll. Bei dem paraverbalen Verhalten ist anzuführen, dass er an bestimmten Stellen Sprechpausen setzt. Er redet überwiegend in einer monotonen Stimmlage, was dazu führt, dass es schwierig ist Spannung aufzubauen und der Zuhörer möglicherweise das Interesse verliert. Dies wird durch eine langsame Redeweise verstärkt, welche jedoch auch den Vorteil mit sich bringt, dass der Zuhörer gut folgen kann.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Rede des Bundespräsidenten Steinmeier mit vielen sprachlichen Besonderheiten versehen wurde, um gewisse Redestrategien, wie die Motivation und Lob, aber auch die Aufwertung der eigenen Position zu erzielen. Thematisch wird besonders die Sorge um den Frieden in Europa in den Vordergrund gerückt sowie die Pandemie und ihre Folgen. In diesem Zusammenhang appelliert er zum einen an Putin, dass er die Souveränität der Ukraine akzeptieren soll und Frieden bewahrt werden soll, ohne Krieg zu führen. Zum anderen appelliert er an die Bürger und Bürgerinnen sich nicht kleinzumachen und vor Ängsten scheuen zu lassen, sondern dass die Zukunft „bei Hörnern“ gepackt wird und sie weiterhin die Demokratie stärken und als Gemeinschaft für die Zukunft agieren.

Frank-Walter Steinmeier wurde am 5. Januar 1956 in Detmold geboren und ist ein deutscher SPD-Politiker. Von 1999 bis 2005 war Steinmeier Chef des Bundeskanzleramtes unter Gerhard Schröder, von 2005 bis 2009 Außenminister und seit 2007 auch Vizekanzler der Bundesrepublik. Seine zweite Amtszeit als Außenminister dauerte von 2013 bis 2017. Seit dem 19. März 2017 ist er der zwölfte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Wahl am 13. Februar 2022 wurde er wiedergewählt, sodass der Übergang seiner Amtszeit auf den 18. März fällt, den Tag der Märzrevolution und der ersten freien Wahlen in der DDR.

Ich bewerte die Rede des Bundespräsidenten als gelungen, da er es geschafft hat eine stetige Verbindung zu seinen Zuhörern in Form von direkter Ansprache aufzubauen. Durch sein nonverbales Verhalten konnte er seine Ansprache unterstreichen. Außerdem präsentiert er seine Rede und sich als Person vertrauensvoll, authentisch und sympathisch. Zuletzt lässt sich positiv anmerken, dass er deutlich seine Ziele darlegt und was er sich zur Aufgabe gemacht hat. Er legt nicht dar, wie er diese Aufgaben bewältigen möchte, was in der Politik umstritten ist, da oft Versprechen getätigt werden, die nicht erfüllt werden können. Trotz allem lässt sich die Rede anhand der Vielzahl sprachlicher Mittel sowie unter der Berücksichtigung dieser Argumente als gelungen bewerten.

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