Überschrift der Seligkeit von Angelus Silesius

Hier ist es immer Tag, hier scheint die ewge Sonne,
Hier weiß man nichts von Weh, von Kummer, Angst und Leid.
Man lebt in ganzer Lust und ganzer Seligkeit.
Man sieht und höret nichts als lauter Freud und Wonne,
Man trinkt sich satt und voll beim süßen Jesusbronne,
Man sitzt in stolzer Ruh, man denkt an keine Zeit,
Man leget niemals ab das Kleid der Herrlichkeit.
Hier rauschet wie ein Strom, was vor nur tropfweis ronne,
Hier schaut man Gottes Glanz und süßes Angesicht,
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Hier wird man überformt mit seiner Gottheit Licht.
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Hier senkt man sich in ihn und gibt ihm tausend Küsse,
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Man liebt und wird geliebt, man schmeckt ihn, wie er ist,
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Man singt sein Lob und alls, wozu man ist erkiest;
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Ach Jesu! hilf mir doch, damit auch ichs genieße.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Überschrift der Seligkeit“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
133
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Überschrift der Seligkeit“ stammt von Angelus Silesius, der im 17. Jahrhundert, von 1624 bis 1677, lebte. Silesius war ein deutscher Priester, katholischer Mystiker und barocker Lyriker.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht sehr positiv und optimistisch, gefüllt mit positiver Wortwahl und himmlischen Beschreibungen. Es wirkt erhebend und einladend und hat eine spirituelle Wirkung auf den Leser.

Im Gedicht beschreibt das lyrische Ich einen Ort, an dem es immer Tag ist, wo die ewige Sonne scheint. Dieser Ort scheint frei von Kummer, Angst und Leid zu sein; stattdessen herrscht eine Atmosphäre der Freude und Glückseligkeit. Es wird eine spirituelle Verbindung zu Jesus hergestellt, gepaart mit Bildern von Fülle und Zufriedenheit – aus dem „süßen Jesusbronn“ wird getrunken bis zur Sättigung. Darüber hinaus verweist das lyrische Ich auf seine Verehrung und Hingabe zu Gott, indem es von der Betrachtung des göttlichen Lichts und Gesichts spricht und ihm tausende Küsse entgegenschickt. Das Gedicht endet mit einer persönlichen Bitte an Jesus um Hilfe, damit auch das lyrische Ich diese Seligkeit genießen kann.

Formal besteht das Gedicht aus 14 Versen, die in einer Strophe zusammengefasst sind. Dies erinnert an die Form eines Sonetts. Die Sprache ist recht einfach gehalten, aber dennoch bildhaft und mit starken Konnotationen versehen. Es gibt viele Gegensätze und Paradoxien in dem Gedicht, um das Paradiesische des Ortes zu betonen, der beschrieben wird (Tag-Nacht, Freude-Leid, Fülle-Leere).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Angelus Silesius in „Überschrift der Seligkeit“ eine spirituell gefärbte Vision des Himmels oder Paradieses beschreibt, in der das lyrische Ich eine tiefe Verbindung zu Gott und eine tiefe Zufriedenheit erfährt. Durch seine bildhafte Darstellung und seine spirituelle Tiefe fordert Silesius den Leser dazu auf, über seine eigene Beziehung zu Gott und seinem Potenzial für Seligkeit nachzudenken.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Überschrift der Seligkeit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Angelus Silesius. Im Jahr 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1640 bis 1677 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die deutsche Epoche des Barock begann etwa 1600 und endete im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „schiefe Perle“. Das Leben war geprägt vom Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und der Pest. Die Menschen lebten in schwierigsten Verhältnissen. Adelige erlaubten sich einen luxuriösen Lebensstil, wohingegen das normale Volk von Armut geplagt war. Die Fürsten wollten immer mehr Einfluss auf Lebensstil und Erziehung erlangen. Bauernaufstände und Unruhen führten jedoch zu einem Umdenken der Menschen und zu einem zunehmenden Selbstbewusstsein. Die Autoren der Literaturepoche des Barocks betrachteten in ihren Werken die Gegensätze in fast allen Lebensbereichen. Das wird auch als Antithetik bezeichnet. Inhaltlich folgten die Autoren der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Mittelpunkt – etwa Jenseits und Diesseits, Schein und Sein oder Verfall und Blüte. Die Epoche des Barocks vollzog einen Wandel von lateinischer zu deutschsprachiger Literatur. Die bedeutendste Literaturform der Epoche war dabei die Dichtkunst. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die genutzt wurde. Herausragende Autoren für die Zeit des Barocks waren unter vielen anderen: Martin Opitz, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Christian Weise, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und Andreas Gryphius.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 133 Worte. Weitere Werke des Dichters Angelus Silesius sind „Das Vieh lebt nach den Sinnen“, „Die Gliedmaßen der Seelen“ und „Du mußt geübt werden“. Zum Autor des Gedichtes „Überschrift der Seligkeit“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1832 Gedichte vor.

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