Sie preist die Holdseligkeit des Jesuleins von Angelus Silesius

1
O allerliebstes Knäbelein,
Du nimmst die Herzen ein.
O Jesu, du Wonne,
So klar als die Sonne,
O Kind, neugeboren,
Vor tausend erkoren,
Du nimmst die Herzen ein.
 
2
10 
Wenn ich beschau dein Äugelein,
11 
Nenn ich sie Sternelein,
12 
Die tugendlich prahlen
13 
Und wonniglich strahlen,
14 
Mit jeglichen Blicken
15 
Die Herzen berücken,
16 
Wen sie berührn, ist dein.
 
17 
3
18 
Dein Mündlein ist ein Gärtelein,
19 
Wie blühen doch so fein
20 
Die Röslein darinne!
21 
Daraus ich gewinne,
22 
Wenn du sie bewegest
23 
Und gegen mir regest,
24 
Den besten Rosenwein.
 
25 
4
26 
Nun nimm die Welt nur gänzlich hin,
27 
Dich hält, statt ihr, mein Sinn.
28 
Du kannst mich ergötzen,
29 
Bist würdig zu schätzen,
30 
Verzückst mein Gemüte,
31 
Fängst Herz und Geblüte
32 
Und alles was ich bin.
 
33 
5
34 
O Jesu, nun soll dir allein
35 
Mein Herz ergeben sein.
36 
Du magst es verbrennen,
37 
Dein eigenes nennen,
38 
Huldseliger Knabe,
39 
Mit dem ich mich labe,
40 
Du nimmst die Herzen ein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Sie preist die Holdseligkeit des Jesuleins“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
143
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor dieses Gedichts ist Angelus Silesius, bürgerlich Johann Scheffler, ein Schriftsteller des Barocks, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts lebte. Dieses Gedicht gehört demnach zur Epoche von Barock, die durch ihre starke religiöse Prägung und die Verarbeitung des Dreißigjährigen Kriegs bekannt ist.

Das Gedicht „Sie preist die Holdseligkeit des Jesuleins“ hinterlässt beim ersten allerding einen sehr liebevollen, fast schon hingebungsvollen Eindruck. Es erweckt das Bild von inniger Zuneigung und tiefer spiritueller Bindung.

Inhaltlich handelt es sich bei dem Gedicht um eine Lobpreisung des Jesuskindes. Das lyrische Ich drückt seine tiefe Liebe und Bewunderung für das Kind aus. Beschrieben wird Jesus als eine strahlende Schönheit und Reinheit, die alle Betrachter bezaubert und deren Herzen erobert. In den weiteren Strophen geht es um das Innenleben des lyrischen Ichs, das sich vom Jesuskind angezogen fühlt und seine ganze Liebe und Hingebung dem Kind widmet. Die tiefe spirituelle Bindung, die dabei zum Ausdruck kommt, legt nahe, dass es sich bei dem lyrischen Ich möglicherweise um die biblische Figur Maria handeln könnte, die das neugeborene Jesuskind betrachtet und lobpreist.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils sieben Versen. Es ist in einem einfachen, jedoch poetisch anspruchsvollen und gefühlvollen Sprachstil verfasst. Die verwendeten Reime und der Rhythmus tragen zu einer melodischen, fast schon liedhaften Atmosphäre bei, die das Thema der spirituellen Hingabe und Liebe eindrucksvoll unterstreicht.

Die Sprache des Gedichts ist gekennzeichnet durch zahlreiche bildhafte und metaphorische Beschreibungen, die dem Leser eine lebendige Vorstellung von der strahlenden Schönheit und Anziehungskraft des Jesuskindes vermitteln sollen. Durch die wiederholte Anrede „O Jesu“, die Anreihung von wärmenden Adjektiven und den Gebrauch des Diminutivs „Knäbelein“ wird eine Atmosphäre der Innigkeit und Liebe erzeugt. Insgesamt steht das Gedicht damit exemplarisch für die barocke Poesie, in der das Religiöse und die persönliche Emotion eng miteinander verwoben sind.

Weitere Informationen

Angelus Silesius ist der Autor des Gedichtes „Sie preist die Holdseligkeit des Jesuleins“. Im Jahr 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Im Zeitraum zwischen 1640 und 1677 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die europäische Stilepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „unregelmäßige, schiefrunde Perle“. Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges wurden große Teile des Deutschen Reiches zerstört. Die Bevölkerung, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litt folglich unter den immensen Kriegseinwirkungen. Unzählige Menschen starben an den Folgen des Krieges und der Pest. Die Epoche des Barocks wurde davon maßgeblich beeinflusst. Die Epoche des Barocks in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen primär das Diesseits und das Jenseits oder das Sein und der Schein im Mittelpunkt der barocken Literatur. Von Gegensätzen geprägt war auch das Leben der Menschen. So lebte der überwiegende Teil der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil. Die Dichter der Renaissance schrieben noch auf Lateinisch, die Autoren des Barock begannen, ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Zu den berühmtesten Autoren des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das 143 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Angelus Silesius sind „Des Weisen Goldmachung“, „Vom Wissen“ und „Vom Gewissen“. Zum Autor des Gedichtes „Sie preist die Holdseligkeit des Jesuleins“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1832 Gedichte veröffentlicht.

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