Das Lateinische Veni creator spiritus von Angelus Silesius

1
Komm, heilger Geist, du Schöpfer du,
Sprich deinen armen Seelen zu.
Erfüll mit Gnaden, süßer Gast,
Die Brust, die du geschaffen hast.
 
2
Der du der Tröster bist genannt,
Des allerhöchsten Gottes Pfand,
Des Lebens Brunn, der Liebe Brunst,
10 
Die Salbung, wesentliche Gunst.
 
11 
3
12 
Du siebenfaches Gnadengut,
13 
Du Finger Gotts, der Wunder tut,
14 
Du gibst der Erde, daß sie fließt
15 
So mild, als du verheißen bist.
 
16 
4
17 
Zünd unsern Sinnen an dein Licht,
18 
Die Herzen füll mit Liebespflicht.
19 
Stärk unser schwaches Fleisch und Blut
20 
Durch deiner Gottheit starken Mut.
 
21 
5
22 
Den Feind von uns treib fern hinweg
23 
Und bring uns zu des Friedens Zweck,
24 
Daß wir, durch deine Huld geführt,
25 
Vermeiden, was uns nicht gebührt.
 
26 
6
27 
Mach uns durch dich den Vater kund,
28 
Wie auch den Sohn, für uns verwundt.
29 
Dich, aller beider Geist und Freud,
30 
Laß uns verehrn zu jeder Zeit.
 
31 
7
32 
Ehr sei dem Vater, unserm Herrn,
33 
Und seinem Sohn, dem Lebensstern.
34 
Dem heilgen Geist in gleicher Weis'
35 
Sei jetzt und ewig Lob und Preis.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Das Lateinische Veni creator spiritus“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
161
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Das Lateinische Veni creator spiritus“ stammt von dem Dichter und Mystiker Angelus Silesius (* getauft am 25. Dezember 1624 in Breslau, † 9. Juli 1677), dem gebürtigen Johannes Scheffler. Er lebte im Barockzeitalter, welches auch die Zeit der Gegenreformation war. Sein Werk ist geprägt von tiefreligiösem Inhalt und mystischer Spiritualität.

Beim ersten Lesen fällt die starke religiöse Prägung des Gedichts auf. Es ist ein Gebet an den Heiligen Geist, ihn um Führung, Stärkung und Trost zu bitten. Das lyrische Ich, das wahrscheinlich Silesius selbst repräsentiert, wendet sich persönlich an den Heiligen Geist und bittet ihn um seine heilende Wirkung.

Das Gedicht bittet den Heiligen Geist zu kommen und die „armen Seelen“ zu erfüllen, trösten und stärken. Es drückt die Hoffnung auf Erleuchtung und Stärkung der eigenen Glaubenskraft durch den Heiligen Geist aus, es bittet um Frieden und darum, vom Unheil und dem, was „uns nicht gebührt“, verschont zu bleiben. Es mündet in das Lobpreisen Gottes in der Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Damit greift es zentrale Themen des Christentums auf.

Formal besteht das Gedicht aus sieben Strophen mit je vier Versen. Jede Strophe enthält eine neue Bitte oder ein neues Gesuch an den Heiligen Geist. Die Sprache des Gedichtes ist voller Bildlichkeit und Metaphern, wie es typisch für die Barockdichtung ist. So wird der Heilige Geist etwa als „Gnadengut“, „Finger Gottes“, „der Liebe Brunst“ und „süßer Gast“ bezeichnet. Diese Bildsprache erzeugt eine emotionale und sinnliche Wirkung. Die Intention des Dichters war es vermutlich, damit ein intensives religiöses Gefühl zu vermitteln und den Leser zur Andacht anzuregen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Gedicht ein Ausdruck tiefer Religiosität und Glaubenskraft ist und das christliche Verständnis von Gottesnähe und göttlicher Führung widerspiegelt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Das Lateinische Veni creator spiritus“ des Autors Angelus Silesius. Der Autor Angelus Silesius wurde 1624 in Breslau geboren. Zwischen den Jahren 1640 und 1677 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst etwa die Zeit von 1600 bis 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Das Zeitalter des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt – Hunger, Seuchen, Vergewaltigung und Tod sorgten für enormes Elend bei der Bevölkerung Europas. So schrumpfte die Bevölkerung im Deutschen Reich von ca. 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Die Barockdichtung ist vorwiegend von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Lebenseinstellung der Bevölkerung beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war der Alltag der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle genannten Motive setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der verbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. Im Zeitalter des Barocks wurde das Lateinische von der deutschen Sprache abgelöst. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Beamte und Adelige. Berühmte Lyriker des Barocks sind beispielsweise Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 161 Worte. Der Dichter Angelus Silesius ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Gliedmaßen der Seelen“, „Du mußt geübt werden“ und „Gott ist mein Himmelbrot“. Zum Autor des Gedichtes „Das Lateinische Veni creator spiritus“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1832 Gedichte veröffentlicht.

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