Im Schützengraben von Heinrich Lersch

Ich lieg an dem Gewehr zum Anschlag an.
Ein Käppi hebt sich überm Grabesrand,
und eine Hand
wirft eine Schaufel Erde hoch hinan ...
 
Mein Kamerad Franzos, dich traf ich gut!
Du mußt nicht böse sein, daß ich dich schoß:
Ich bin dein Bruder ja, bin dein Genoß;
wir sind erlöst durch eines Gottes Blut.
 
Was ist es denn, was uns zu töten heißt?
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Du mich — ich dich, daß wir so vogelfrei?
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Nur treffen, töten, wen ist einerlei,
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wenn du mich nur von einem Feind befreist.
 
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Wir denken nicht. Wir tun nur Schuß auf Schuß!
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Fällt jemand neben uns, — dann wächst die Wut,
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und wie die Erde trinkt das frische Blut,
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so wächst der Rache grauser Hochgenuß.
 
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Denn Blut will Blut. In Strömen fließt es hin.
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Tot liegt nun der, des Herz so warm doch schlug,
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der Nacht um Nacht das schwere Heimweh trug,
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das wachsend schwoll seit Krieges Anbeginn.
 
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Wozu das all, mein Kamerad Frazos?
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Du stirbst für deines Reiches Herrlichkeit,
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ich steh für unseres Tuns Gerechtigkeit,
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und gleicher Tod ist unser beider Los.
 
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So muß es sein. Es wächst wie Gras und Baum
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der Menschheit strebend Volk sich hin zum Licht;
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zwei gleiche Bäume stehn zusammen nicht,
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der eine frißt des andern Licht und Raum.
 
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Und Tier und Gras und Blume stirbt und wird,
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eins durch das andre. Alles wird zu Staub.
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Ein jedes wird des Todes sichrer Raub,
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ob es die Sonne dörrt, ob es die Sense schwirrt. — —
 
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Mein Kamerad Franzos, nun ruhst auch du
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in Heimaterde aus von Kampf und Schlacht,
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auch ich hab sie zur Heimat mir gemacht, —
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wir harren wohl der Auferstehung zu.
 
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Und unterdessen wird ein Sonnentag
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mit ungeheurem Jubel um die Erde gehn,
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und Blumen fliegen, Banner, Fahnen wehn,
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und jeder jubelt, wie er kann und mag.
 
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Wir hören's nicht. Wir liegen kalt und tot.
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Und weckt kein Singen, keines Friedens Gruß,
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auf unsern Leibern steht der Menschheit Fuß:
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Sie schaut hinein ins neue Morgenrot.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Im Schützengraben“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
327
Entstehungsjahr
1889 - 1936
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Heinrich Lersch ist der Autor des Gedichtes „Im Schützengraben“. Lersch wurde im Jahr 1889 in Mönchengladbach geboren. Zwischen den Jahren 1905 und 1936 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen und umfasst dabei 327 Worte. Heinrich Lersch ist auch der Autor für Gedichte wie „Was schafft dir deinen Schmerz“, „Wir Werkleute all“ und „Heimweh“. Zum Autor des Gedichtes „Im Schützengraben“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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