Lob eines Soldaten zu Rosse von Paul Fleming

Ein frischer Heldenmut ist über alle Schätze,
ist über allen Neid. Er selbst ist sein Gesetze,
sein Mal, sein Sold, sein Preis. Er reißet durch die Zeit,
vergnüget sich durch sich, läßt bei sich Ruh' und Streit
in gleicher Wage stehn. Den adelichen Rittern
wird dieses angeborn. Wenn Andre stehn und zittern,
beseufzen ihren Tod und bitten um Quartier,
so setzen sie den Ruhm auch tausent Leben für,
die man erbitten muß, und doch nur Schande geben.
10 
Sie sterben tugendhaft, wenn sie noch könten leben.
11 
Was ist das für ein Feind, der seinem Feinde fleht?
12 
Ist einer so gesinnt, wenn er zum Treffen geht,
13 
so bleib' er lieber da! Ein redlicher Soldate
14 
darf nicht in Zweifel stehn, ob auch der Sieg gerate.
15 
Den Sieg hat er bei sich, wenn er sich dapfer hält.
16 
Was kann ihm helfen wol das überwunden Geld?
17 
Das er zu geben beut, ist doch schon alles seine.
18 
Er richt' ihn lieber hin, so bleibt sein Eidschwur reine,
19 
und er versichert sich, schlägt er in heute tot,
20 
so darf er morgen nicht für ihm stehn in der Not,
21 
daß er sich rächen wird. Wann will der Krieg sich enden,
22 
wenn er verschonen will und sich zur Gnade wenden,
23 
wenn man soll ernsthaft sein? Vor Alters ging' es nicht.
24 
Es wurden Könige beim Treffen hingericht.
25 
Was gilt hier die Person? Ein Feind hat mit dem Namen
26 
sein Leben schon verbürt. So bleibt er stets bei Samen,
27 
wenn man ihn ab läßt ziehn. Und er gedenkt es doch,
28 
und pfiff' er einmal noch so auf ein lindes Loch.
29 
Es lehrt ihn diß die Not. Wenn er zur Freiheit kömmet,
30 
so sieht und tichtet er, wie er ihm Vorteil nimmet,
31 
nimt aller Sachen wahr, im Fall' daß er vermerkt,
32 
daß sein Verschoner liegt; er sieht, wie er sich stärkt,
33 
vergißt der alten Treu' und seiner guten Worte,
34 
setzt unvermerkt an ihn und fällt ihn an dem Orte,
35 
da man es nicht gedacht. Alsdenn so ists zu spat,
36 
wenn man bereuen will, daß man geschonet hat
37 
und so barmherzig war. Ich hab' es wol erfahren.
38 
Dem Kriege zieh' ich nach nun bei so vielen Jahren,
39 
ich weiß des Krieges Brauch. Ich gebe kein Quartier,
40 
und käm' ein General und König selbst mir für.
41 
Ich achte dessen nicht, daß er von höherm Stamme
42 
als ich geboren ist. Diß eben macht die Flamme,
43 
daß ich mehr siegen will, indem er größer ist
44 
an Ahnen, nicht an Mut. Ein dapfrer Geist erkiest
45 
ihm stets ein Höhers aus, mit dem er möge ringen.
46 
Der Ruhm der wächst mit ihm, daß er aus hohen Dingen
47 
vorhin entsprossen ist. Kein Adel dient vor mich,
48 
diß Schwert das adelt mich. Mein Rittersitz bin ich.
49 
Mein Leib ist mein Palast. Ein Krieger ist vergnüget,
50 
daß er von einem Mahl' ans andre so viel krieget,
51 
als er benötigt ist. Was hilft ihm Land und Gut?
52 
Die Feigen sehn auf diß. Ich zahle bares Blut
53 
vor meine Güter aus. Wem ließ ichs wol zu erben,
54 
solt' etwan heute noch ich vor dem Feinde sterben,
55 
den ich mir wündsche stets? Ich lobe meinen Sinn,
56 
mein Leben lieb' ich nicht. Ein Ander' ziehe hin
57 
und karge, wie er will. Wir kommen leicht zu Gelde
58 
und leichtlich wieder drum. Wir nehmens auf dem Felde
59 
und gebens in der Stadt. Uns ehret Iederman,
60 
und wer nicht will, der muß. Es ist uns untertan
61 
nicht ein Land nur: die Welt, die muß uns Herren heißen,
62 
wenn Herren uneins sind. Wir können uns nicht beißen,
63 
wie alte Mütter tun. Man schlägt mit Fäusten drein,
64 
mit Degen und Pistol, wenn man nicht Freund will sein.
65 
Und das heißt recht geherrscht. Wir sterben, wie wir leben,
66 
frisch, dapfer, ritterlich. Wir sind dem Tod ergeben,
67 
wir wuchern auf das Blut. Das teure Gut, der Tod,
68 
ist keines Ieden Kauf. Uns ist es täglich Brot,
69 
was Andern seltsam ist. Wer wündscht ihm doch zu siechen
70 
und um die Ofenbank erbärmlich her zu kriechen,
71 
wie es zu Hause geht? Es ist um einen Blick,
72 
so fällt uns ein Pistol, ein Degen oder Stück.
73 
Man fühlt nicht, daß man stirbt. Das Feld ist unser Bette,
74 
der Gottesacker auch. Wir leben um die Wette
75 
und sterben auch also. Wer härmet sich darum?
76 
Es sei Hieb oder Stich; wenn wir nur kommen um,
77 
so ist uns wol geschehn. Lob' Einer nun das Seine,
78 
sein Leben, wie es sei: ich lobe stets das Meine.
79 
Du lebest nicht für mich: ich sterbe nicht für dich.
80 
Ein Ander' bleibe sein': ich bleibe so für mich.

Details zum Gedicht „Lob eines Soldaten zu Rosse“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
80
Anzahl Wörter
747
Entstehungsjahr
1609 - 1640
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Lob eines Soldaten zu Rosse“ ist Paul Fleming. Der Autor Paul Fleming wurde 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Zwischen den Jahren 1625 und 1640 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Durch die Pest starben um die 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem wirtschaftlichen, politischen und sozialen Verfall in Deutschland. Dennoch lebten die Fürsten einen luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Krieg, um eine Neuordnung der Gebiete vorzunehmen und ihre Macht auszubauen und zu festigen. Die Dichtung des Barocks ist im Wesentlichen von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Einstellung der Menschen zum Leben beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Menschen von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle genannten Motive setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der verbreiteten Angst vor dem Lebensende und dessen Auswirkungen auseinander. Im Zeitalter des Barocks wurde die lateinische Sprache von der deutschen abgelöst. Die wichtigen Vertreter der Lyrik der Barockzeit sind Martin Opitz, Paul Fleming, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Johann Christian Günther, Simon Dach, Friedrich von Logau und Angelus Silesius.

Das vorliegende Gedicht umfasst 747 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 80 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Fleming sind „In allen meinen Thaten“, „Tugend ist mein Leben“ und „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“. Zum Autor des Gedichtes „Lob eines Soldaten zu Rosse“ haben wir auf abi-pur.de weitere 366 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)

Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.