In allen meinen Thaten von Paul Fleming
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In allen meinen Thaten |
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laß ich den Höchsten raten, |
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der alles kann und hat: |
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Er muß zu allen Dingen, |
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soll's anders wohlgeklingen, |
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mir selber geben Rat und That. |
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Nichts ist es spät und frühe |
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um alle meine Mühe, |
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mein Sorgen ist umsonst: |
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Er mag's mit meinen Sachen |
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nach seinem Willen machen, |
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ich stell's in seine Vatergunst. |
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Es kann mir nichts geschehen, |
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denn was er hat versehen |
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und was mir selig ist: |
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Ich nehm es, wie ers giebet, |
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was ihm von mir gebliebet, |
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dasselbe hab auch ich erkiest. |
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Ich traue seiner Gnaden, |
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die mich vor allem Schaden, |
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vor allem Übel schützt, |
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Leb ich nach seinen Sätzen, |
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so wird mich nichts verletzen, |
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und nichts mir fehlen, was mir nützt. |
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Er wolle meiner Sünden |
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in Gnaden mich entbinden, |
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durchstreichen meine Schuld: |
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Er wird auf mein Verbrechen |
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nicht stracks das Urteil sprechen |
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und mit mir haben noch Geduld. |
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Leg ich mich späte nieder, |
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erwach ich frühe wieder, |
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lieg oder zieh ich fort, |
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In Schwachheit und in Banden |
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und was mir stößt zu Handen, |
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so tröstet mich allzeit sein Wort. |
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Hat er es denn beschlossen, |
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so will ich unverdrossen |
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an mein Verhängnis gehn: |
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Kein Unfall unter allen |
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wird mir zu harte fallen, |
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ich will ihn freudig überstehn. |
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Ihm hab ich mich ergeben, |
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zu sterben und zu leben, |
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sobald er mir gebeut, |
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Es sei heut oder morgen, |
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dafür laß ihn sorgen, |
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er weiß allein die rechte Zeit. |
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So sein nun, Seele, deine |
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und traue dem alleine, |
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der dich geschaffen hat: |
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Es gehe wie es gehe, |
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dein Vater in der Höhe |
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der weiß zu allen Sachen Rat. |
Details zum Gedicht „In allen meinen Thaten“
Paul Fleming
9
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260
1609 - 1640
Barock
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „In allen meinen Thaten“ ist Paul Fleming. Im Jahr 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Zwischen den Jahren 1625 und 1640 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bei Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die europäische Stilepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Das Leben der Menschen war geprägt vom Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und der Pest. Die Menschen lebten in schwierigen Verhältnissen. Adelige erlaubten sich hingegen einen pompösen Lebensstil, wohingegen das normale Volk in bitterer Armut lebte. Die Fürsten wollten immer mehr Einfluss auf Erziehung und Lebensstil erlangen. Bauernaufstände und Unruhen führten zu einem langsamen Umdenken der Menschen und zu einem zunehmenden Selbstbewusstsein. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen (antithetischen) Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von Armut und Pessimismus, während bei den Adeligen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Lyrik wird die Nutzung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Die Epoche des Barocks vollzog einen Wandel von lateinischer zu deutschsprachiger Literatur. Die bedeutsamste Literaturform der Epoche war dabei die Dichtkunst. Das Sonett war die häufigste Gedichtform, die genutzt wurde. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Adelige und Beamte. Berühmte Literaten des Barocks sind insbesondere Martin Opitz, Andreas Gryphius, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.
Das Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 260 Worte. Paul Fleming ist auch der Autor für Gedichte wie „O liebliche Wangen“, „Wie er wolle geküsset seyn“ und „Tanzlied“. Zum Autor des Gedichtes „In allen meinen Thaten“ haben wir auf abi-pur.de weitere 366 Gedichte veröffentlicht.
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Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)
- O liebliche Wangen
- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
- Neujahrsode 1633
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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