An sein Hannchen von Johann Christian Günther

Hannchen, denck einmahl und oft
An die schönen Abendstunden,
Die sich gar so unverhoft
Bey uns scherzend eingefunden.
Solche Lust vergnügter Nacht,
Als dein Singen uns gegeben,
Hat mir mein bisherig Leben
Wohl gewis noch nicht gemacht.
 
Das beschwör ich dich, mein Kind,
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Bey den Mienen, bey den Blicken,
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Welche deine Neze sind,
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Unsre Neigung zu bestricken.
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Sind dieselben gleich nicht schlecht,
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So macht, ich kan's nicht verheelen,
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Dich doch das bey treuen Seelen
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In der That noch nicht gerecht.
 
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Wo ein klug und redlich Herz
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Mit dem andern zärtlich spielet
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Und ihr Leid den sanften Schmerz
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Innerlicher Sehnsucht fühlet,
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Ja, wo noch vor Schmerzen seyn
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Und Verstellung vor den Leuten
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Niemahls aus dem Garne gleiten,
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Ist die Lust schon engelrein.
 
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Solche Lust steht Engeln an,
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Die noch Unschuld an sich haben;
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Auf der Wangen Rosenbahn
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Darf man nicht sein Pfund vergraben.
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Klug, verschwiegen und getreu
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Macht die Liebe stets zur Tugend;
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Kinder, braucht den Lenz der Jugend,
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Sonst ereilt euch späte Reu.
 
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Schwester an der Redligkeit,
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Du, o Schwester am Gemüthe,
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Gönne mir nur jederzeit
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Ein'ge Strahlen deiner Güte;
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Schlag dein Meineid aus dem Sinn,
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Der dich nechst herumgeführet:
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Wer ein falsches Herz verlieret,
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Deßen Schaden ist Gewinn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „An sein Hannchen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
199
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „An sein Hannchen“. Der Autor Johann Christian Günther wurde 1695 in Striegau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Literatur des Barocks wird in der deutschen Literaturgeschichte seit 1800 die literarische Produktion in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen („barocco“) und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Literaturepoche des Barocks in hohem Maße geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von einem Ausmaß, das kaum vorstellbar ist. Die Bevölkerung litt unter den Kämpfen, Hungersnöten, aber insbesondere unter der Pest, an der viele Menschen starben. Die Bevölkerungszahl in Deutschland ging um etwa 30 Prozent zurück. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von bitterer Armut und Pessimismus, während an den Fürstenhöfen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Dichtung wird die Nutzung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Diese Gegensätzlichkeiten lassen sich bei den Motiven des Barocks finden. Die Literaturepoche des Barocks vollzog einen Wandel von lateinischer zu deutscher Literatur. Die wichtigste Literaturform der Epoche war dabei die Lyrik. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die Verwendung fand. Zu den berühmtesten Autoren des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das vorliegende Gedicht umfasst 199 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „So aber sucht man ihm die Wege vorzuschreiben“, „Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg- und Nahmenfest“ und „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“. Zum Autor des Gedichtes „An sein Hannchen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.

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