An meinen Bruder von Luise Hensel

Wird mir nie der große Wunsch gelingen
In des Lebens treibendem Gewühl
Einmal noch den Arm um dich zu schlingen,
Dir den treuen Schwesterkuß zu bringen;
Eint uns nie ein freundliches Asyl?
Ruhe floh, seitdem du mich verlassen,
Sehnsucht füllt mein Herz mit bangem Weh'n.
Einmal nur, nur einmal dich umfassen,
Herrlicher! und ruhig dann erblassen;
10 
Neidenswerth ist noch dies Wiedersehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „An meinen Bruder“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
61
Entstehungsjahr
1814
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An meinen Bruder“ wurde von Luise Hensel verfasst, die von 1798 bis 1876 lebte. Dies ermöglicht eine zeitliche Einordnung in das 19. Jahrhundert, eine Epoche, die stark von der Romantik geprägt war.

Beim ersten Eindruck wirkt das Gedicht sehr emotional und persönlich. Es wird deutlich, dass das lyrische Ich eine tiefe Bindung und Sehnsucht zu einer Person ausdrückt, die als „Bruder“ bezeichnet wird.

In Bezug auf den Inhalt drückt das lyrische Ich den Wunsch aus, seinen Bruder wiederzusehen und wieder nahe bei ihm zu sein. Es vermisst seinen Bruder stark, wie aus Versen wie „Wird mir nie der große Wunsch gelingen“, „Ruhe floh, seitdem du mich verlassen“ und „Sehnsucht füllt mein Herz mit bangem Weh'n“ ersichtlich ist. Dabei sieht Tod sogar als eine Option des Wiedersehens, wie in Vers 9 und 10 gesagt „Einmal nur, nur einmal dich umfassen, Herrlicher! und ruhig dann erblassen“. Man könnte hier eine Metapher für die Extreme der Sehnsucht sehen, dass das lyrische Ich bereit wäre zu sterben, um ein Wiedersehen zu erreichen.

Formal besteht das Gedicht aus einer zehnzeiligen Strophe, was eher ungewöhnlich ist, da Strophen meist vier bis acht Zeilen haben. Die Äußerung der Sehnsucht und die sehr gefühlvolle, direkte Art der Adressierung des Bruders mit „Herrlicher“ und die bewusste Betonung der Sehnsucht, auch durch Wiederholungen, sind ein typisches Element des romantischen Stils. In ihrer Sprache ist Luise Hensel poetisch und metaphorisch, aber sie bleibt in ihren Ausdrücken auch sehr klar und verständlich.

Eine Interpretation könnte sein, dass das Gedicht den Zweifel und die innere Zerissenheit zwischen Hoffnung und Verzweiflung aufzeigt, die eine Person beim Verlust eines nahestehenden Menschen spüren kann. Es spricht auch die menschliche Sehnsucht und das Bedürfnis nach Nähe und Gemeinschaft an. Insgesamt ist das Gedicht ein intensiver Ausdruck von Gefühlen und einer innigen Beziehung, die vom lyrischen Ich stark vermisst wird.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „An meinen Bruder“ ist Luise Hensel. Geboren wurde Hensel im Jahr 1798 in Linum. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1814. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 61 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 10 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke der Dichterin Luise Hensel sind „Müde bin ich“, „O Kreuz, o Quell der Freuden“ und „Herz, mein Herz, wie schwer die Schuld!“. Zur Autorin des Gedichtes „An meinen Bruder“ haben wir auf abi-pur.de weitere 255 Gedichte veröffentlicht.

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