Widerhall von Luise Hensel

Wie ist es hier so schön und lind,
So herbstlich bunt und kühl!
Hier spielt ich einst, ein zartes Kind,
Manch liebes, süßes Spiel.
Da war ich harmlos noch und froh - oh!
 
Hier war ein Garten, bunt und fein,
Hier pflegt' ich Röslein rot,
Ach, sind denn all die Rosen mein
Verwelkt und bleich und tot?
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Ja, sag es mir nun, lieber Widerhall - all!
 
11 
Ja, meine Blumenlust ist hin,
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Mein Garten öd und leer:
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Sie mußten all mit ihm verblühn,
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Ist gar kein Blümlein mehr.
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O sag, was mir hienieden blieben? - lieben!
 
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Ach, wenn ich nicht den Lieben seh',
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Ist Liebe doch nur Leid.
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Mein Herz vergeht im Sehnsuchtweh,
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Stirbt hin in Traurigkeit.
20 
O weh! - Was hüll' ich um dies wunde Herz? - Erz!
 
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Und liegt es schwer wie kalter Stahl
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Um meine warme Brust,
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Und nimmt es nimmer Schmerz und Qual
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Und nimmer Freud und Lust,
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Wen kann ich dann an meinen Busen ziehn? - Ihn!
 
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O du mein stolzer, milder Held,
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Mein Stern und Licht warst du!
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Nun find ich auf der ganzen Welt
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Doch nimmer Trost und Ruh.
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Wohin nun wend' ich meine Sinnen? - Innen!
 
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Wird nun Liebe Leben mein
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Im innersten Gemüt,
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Und wird Musik mein tiefstes Sein,
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Mein Leid ein stilles Lied,
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Greift nicht die Welt in meine Harmonie? - Nie!
 
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Mein treues Lieben laß ich nicht,
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Mein Leid, mein liebes Weh,
38 
Und wenn mein Herz in Tränen bricht,
39 
Und einsam ich vergeh.
40 
Oft ist mir noch, als würd' er wieder wach - Ach!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Widerhall“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
254
Entstehungsjahr
1798 - 1876
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht trägt den Titel „Widerhall“ und wurde von Luise Hensel verfasst, die von 1798 bis 1876 lebte. Sie war somit genau zur Zeit der Romantik (von etwa 1800 bis 1850) aktiv. Ein erster Eindruck vom Gedicht deutet darauf hin, dass es eine emotionale und melancholische Stimmung vermittelt, die eine tiefe Sehnsucht und Bedauern des lyrischen Ichs offenbart.

Das lyrische Ich reflektiert nostalgisch seine Kindheit und die Unschuld und Freude, die sie einst erlebt hat. Die Vergänglichkeit des Lebens und die unausweichliche Veränderung werden hervorgehoben, als es bemerkt, dass ihre Rosen, Symbole ihrer Jugend und Unschuld, verwelkt und tot sind. Sie spricht dann von der Einsamkeit und einem Mangel an Liebe in ihrem Leben. Sie beschreibt ihr Herz als schwer und kalt und schildert eine tiefe Sehnsucht nach einer verlorenen Liebe. Die darauffolgenden Strophen beschreiben ihre innere Reise, bei der sie ihre Schmerzen in Musik und Harmonie verwandelt. Das lyrische Ich betont seine Entschlossenheit, sich weiterhin zu lieben und Trauer zu fühlen, auch wenn sie unter dem emotionalem Druck in Tränen aufbricht.

Formal besteht das Gedicht aus acht Strophen, die jeweils aus fünf Versen bestehen. Es gibt kein festes Reimschema, aber ein rhythmisches Muster, das durch den letzten Wortlaut jeder Strophe gebildet wird, der symbolisch den Gesamtkontext der jeweiligen Strophe wiederholt. Die Sprache des Gedichts ist recht einfach und direkt, aber emotional aufgeladen. Die rhetorischen Fragen in den meisten der Strophen verleihen dem Gedicht einen introspektiven und reflexiven Charakter, was dem lyrischen Ich eine tiefere emotionale Dimension verleiht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Widerhall“ ein bewegendes Gedicht ist, das die Themen der Romantik, wie die Flüchtigkeit der Zeit, Sehnsucht und Leiden für die verlorene Liebe und das Streben nach innerer Harmonie, elegant in den Vordergrund rückt. Die poetische Darstellung der inneren Gefühlswelt des lyrischen Ichs und die Reflexion über ihre innere Reise sind tiefsinnig und harmonisch gestaltet und machen das Gedicht zu einem hoch emotionalen und bemerkenswerten Werk der romantischen Poesie.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Widerhall“ ist Luise Hensel. Geboren wurde Hensel im Jahr 1798 in Linum. In der Zeit von 1814 bis 1876 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 254 Worte. Weitere Werke der Dichterin Luise Hensel sind „Müde bin ich“, „O Kreuz, o Quell der Freuden“ und „Herz, mein Herz, wie schwer die Schuld!“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Widerhall“ weitere 255 Gedichte vor.

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