Menschenleben von Robert Hamerling

Heut' lallen an der Mutterbrust, der weichen,
Zu Rosse morgen ziehn in stolzem Trabe,
Und übermorgen dann als müder Knabe
Mit grauen Haaren an der Krücke schleichen:
 
Das Glück erspähn und nimmer es erreichen,
Sich hundertmal als einzig süße Labe
Den Tod erflehn und schaudern vor dem Grabe,
Das Sein verwünschen, vor dem Nichts erbleichen:
 
In langer Weil', in Weinen oder Lachen,
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In Sehnen, Sinnen, Hoffen und Erbeben
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Den Tag verträumen und die Nacht durchwachen,
 
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Dazu die Frage schmerzlich oft erheben,
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Was all' das soll: das ist in tausend Sprachen
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Ein altes Lied, betitelt Menschenleben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Menschenleben“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1830 - 1889
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Robert Hamerling, einem österreichischen Dichter, der während des 19. Jahrhunderts lebte und wirkte.

Beim ersten Durchlesen fallen die melancholischen und teilweise düsteren Anklänge auf, die dem Lebenszyklus des Menschen einen eher tragischen Rahmen geben.

Inhaltlich skizziert das lyrische Ich ein typisches Menschenleben: Es beginnt mit dem Säugling an der Mutterbrust, geht über den jungen, stolzen Reiter bis hin zum alten Mann mit grauen Haaren, der sich mühsam mit einer Krücke fortbewegt. Weiterhin wird das Streben nach Glück thematisiert, das jedoch nie ganz erreicht wird, die Konfrontation mit dem Tod, die Furcht vor dem Nichts nach dem Leben, und das Verfluchen des eigenen Daseins. Im letzten Teil werden unterschiedliche Lebenszustände wie Weinen, Lachen, Sehnen, Hoffen und die schlaflosen Nächte beschrieben. Abschließend wird die häufig gestellte Frage, was der Sinn des Lebens ist, als Teil des „alten Liedes“ betrachtet, welches der Dichter „Menschenleben“ betitelt.

Im Hinblick auf die Aussage des lyrischen Ichs lässt sich feststellen, dass das Gedicht als eine Art Lebensbilanz gelesen werden kann. Der Mensch wird dargestellt als ein Wesen, das ständig nach Glück und Sinn strebt, von Zweifeln geplagt wird und dabei doch nur dem unausweichlichen Zyklus des Lebens folgt.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl (4-4-3-3) und es ist nicht streng gereimt. Die Sprache ist eingängig, aber gehoben, und verwendet Bilder, die die Vergänglichkeit und die Tragik des menschlichen Daseins hervorheben – zum Beispiel das Bild des alten Mannes, der sich mit einer Krücke fortbewegt, oder das des Säuglings an der Mutterbrust, was den Lebenszyklus auf eindringliche Weise verdeutlicht. Zudem verwendet der Autor Kontraste, insbesondere in Bezug auf Glück und Tod, Sein und Nichts, Weinen und Lachen, um die Dualität des Lebens zu betonen.

Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass Robert Hamerling in „Menschenleben“ eine melancholische Sicht auf das Leben und den menschlichen Existenzkampf präsentiert, die den Leser dazu anregt, über das Leben, den Tod und den Sinn des Daseins nachzudenken.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Menschenleben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Robert Hamerling. Hamerling wurde im Jahr 1830 in Kirchberg am Walde, Niederösterreich geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1846 und 1889. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 95 Worte. Die Gedichte „Scheltet nicht die weichen Klänge“ und „Sternennacht“ sind weitere Werke des Autors Robert Hamerling. Zum Autor des Gedichtes „Menschenleben“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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