In später Nacht von Friedrich Lienhard

Klopft jemand noch an mein vergessen Haus?
Die Nacht ist rauh - o komm zu mir herein!
Der Nußbaum weint, der Stürme wilder Graus
Jagt sich im Feld, der Regen klagt hinaus
O komm zu mir, denn ich bin ganz allein.
 
Bist du verbannt und vieler Qualen voll?
Bist du ein Mensch, dem Gottes Trost verblich?
Wenn du im Regenguß, im Sturmgeroll
Vergessen willst der eignen Seele Groll
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O komm zu mir, ich habe Trost für dich!
 
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Ich hör' ein Rascheln - steht am Brunnen dort
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Ein Kind, das sich versteckt? O komm zu mir!
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Wenn du entflohst vor hartem Menschenwort
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Und wenn du Wärme suchst an besserm Ort
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Ich habe, was du suchst, o komm zu mir ...
 
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Es kommt kein Gast, es naht kein scheues Kind,
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Es bringt kein Mann sein Weh zu mir herein.
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Auf öden Hügeln irrt der dunkle Wind,
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Der Nußbaum weint, der kalte Regen rinnt,
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Die Nacht ist rauh - und ich bin ganz allein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „In später Nacht“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
160
Entstehungsjahr
1865 - 1929
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „In später Nacht“ wurde von Friedrich Lienhard geschrieben, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert lebte - genau von 1865 bis 1929.

Der erste Eindruck des Gedichts lässt eine melancholische, einsame Atmosphäre erkennen. Die Dunkelheit und das raue Wetter erhalten signifikante Rolle und wirken als Widerspiegelung der Emotionen des lyrischen Ichs.

Das Gedicht erzählt von einer einsamen Person, die in einem verlassenen Haus lebt und auf Besucher hofft. Das lyrische Ich lädt verschiedene Personen ein, zu ihm zu kommen, um Trost und Zuflucht zu finden - jemanden, der verbannt und in Qualen ist, einen Menschen, dem der Trost Gottes abhandenkam, und ein Kind, das vor harten Worten flieht. Jedoch stellt sich heraus, dass niemand kommt und das lyrische Ich am Ende wieder allein ist.

Die Kernaussage des Gedichts scheint zu sein, dass das lyrische Ich sowohl nach menschlicher Nähe als auch nach Sinngebung durch die Unterstützung anderer strebt. Trotz der selbstlosen Bereitschaft des lyrischen Ichs, anderen Trost und Schutz zu bieten, bleibt es letztendlich einsam und unbesucht, was seine Sehnsucht und daraus resultierende Verzweiflung verstärkt.

Das Gedicht ist in vier fünfzeiligen Strophen organisiert, wodurch eine klare Struktur und Rhythmus erzeugt wird. Jede Strophe folgt einem ähnlichen Themenschwerpunkt mit einer abschließenden Zeile, die die Einladung des lyrischen Ichs betont. Die Sprache des Gedichts ist eher einfach und direkt, was den Inhalt zugänglich macht.

Die bevorzugten Metaphern und Symbolik, wie der weinende Nußbaum und der wilde, dunkle Wind, erzeugen ein stimmungsvolles Bild und unterstreichen den ergreifenden emotionalen Zustand des lyrischen Ichs. Die Wiederholung der Einladung und die abschließende Bestätigung der Einsamkeit tragen zur emotionalen Tiefe und zum Ausdruck von Sehnsucht und Verlust bei. Das Gedicht hinterlässt beim Leser einen starken Eindruck von Melancholie, Isolation und unerfüllter Sehnsucht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „In später Nacht“ des Autors Friedrich Lienhard. 1865 wurde Lienhard in Rothbach (Elsass) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1881 bis 1929 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 160 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Das Gedicht „Glaube“ ist ein weiteres Werk des Autors Friedrich Lienhard. Zum Autor des Gedichtes „In später Nacht“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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