Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus - Der Sandmann (Charakterisierung der Figur Clara)

Schlagwörter:
E.T.A. Hoffmann, Charakterisierung Clara, Nathanael, Interpretation, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus - Der Sandmann (Charakterisierung der Figur Clara)
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Referat

„Der Sandmann“ von E. T. A. Hoffmann – Charakterisierung Clara

Clara ist eine der Hauptprotagonisten der Novelle „Der Sandmann“, welche von E. T. A. Hoffmann verfasst und im Jahr 1816 erstmals veröffentlicht wurde. In der romantischen Erzählung wird über das Schicksal des Studenten Nathanaels berichtet, welcher sich aufgrund von Wahnvorstellungen, ausgelöst durch ein Kindheitstrauma, in den Selbstmord treibt. Clara spielt als Verlobte Nathanaels eine wichtige Rolle in der Erzählung und wird besonders durch ihre Rationalität sowie ihre optimistische Weltsicht charakterisiert und verkörpert somit die Epoche der Aufklärung.

Clara ist eine junge Frau, welche gemeinsam mit ihrem Bruder Lothar im Haus von Nathanaels Mutter lebt. Nachdem ihre Eltern, welche entfernte Verwandte von Nathanaels Familie waren, verstorben sind, wuchsen Clara und ihr Bruder Lothar als Waisenkinder in dem Haus von Nathanael’s verwitweter Mutter auf (vgl. S. 22, Z. 19ff.). Clara und Nathanael verspürten schon früh eine Zuneigung zueinander (vgl. S. 22, Z. 26) und waren daher verlobt, als Nathanael aufbrach, um sein Studium zu beginnen (vgl. S. 22, Z. 28). Zu Beginn der Geschichte wird Clara von ihrem Verlobten in höchsten Tönen beschrieben. So sei Clara laut der Beschreibung Nathanaels eine freundliche, anmutige Gestalt mit hellen Augen (vgl. S. 5, Z. 8ff.). Ferner wird sie äußerlich mit Verweisen auf die Renaissancemalerei beschrieben und so werden etwa ihre Augen mit einem See des Landschaftsmalers Ruisdael verglichen (vgl. S. 23, Z. 4ff.). Auf Außenstehende wirkt Claras Erscheinungsbild zwar reizvoll, aber nicht wunderschön (vgl. S. 22, Z. 36). Des Weiteren ist Clara fantasievoll, aber gleichzeitig auch sehr intelligent und vernünftig. Sie hat die „lebenskräftige Fantasie des heitern unbefangenen, kindischen Kindes, ein tiefes weiblich zartes Gemüt sowie einen gar hellen, scharf sichtenden Verstand“ (vgl. S. 23, Z. 20ff.). Nathanael fühlt sich von ihrer Heiterkeit, Sorglosigkeit und Unbefangenheit angezogen. Er weiß allerdings auch, dass Clara seine Angstfantasien für „rechte Kindereien“ (vgl. S. 6, Z. 10) halten wird, da sie sich rational nickt erklären lassen.

Die Beziehung Claras zu ihrem Verlobten ändert sich innerhalb der Geschichte, was primär auf die unterschiedlichen Sichtweisen der beiden zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu Nathanael ist Clara aufklärerisch geprägt, was bereits durch ihren Namen deutlich wird. Die Klarheit, welche sich aus ihrem Namen ergibt, lässt sich auch in ihrem Leben widerspiegeln. Ihr Selbstbewusstsein ist Resultat ihrer Überzeugungen, in welchen der Mensch durch seine Vernunft Klarheit und Eindeutigkeit in sein Leben bringen kann. Anhand dessen wird deutlich, dass ihr Denken und Handeln von Vernunft und Rationalität geprägt ist, was den romantischen Charakterzügen Nathanaels gegenübersteht. Zwar hält sie in dem Antwortbrief, welchen Clara an Nathanael verfasst, seine Schilderungen für Furcht einflößend und gesteht sogar, dass ihr diese „wunderlichen Traumgebilde“ (vgl. S. 15) den Schlaf geraubt hätten, allerdings wird Clara durch ihre Rationalität bewusst, dass die Geschichte ein Hirngespinst sein muss (vgl. S. 15). Im Zuge dessen reagiert sie zunächst emphatisch und versucht Nathanael bewusst zu machen, dass die Schilderungen bloß Ergebnisse psychischer Verarbeitungsprozesse in seinem Inneren seien, die keine reale Entsprechung in der Außenwelt hätten (vgl. S. 15).

Laut ihr soll sich Nathanael den Advokaten Coppelius sowie den Wetterglasmann Guiseppe Coppola aus seinem Sinn verbannen, da sie nur durch seinen Glauben Realität wären. Wenn er sich dies eingestehe, gehe keine Gefahr mehr aus und Nathanael wäre wieder Herr seiner Sinne (vgl. S. 15). Sie selbst ist der festen Überzeugung, dass Nathanaels Vater aufgrund alchimistischer Experimenten ums Leben kam und die Geschichte des Sandmanns nur eine Einbildung Nathanaels sei. Mit den Worten Claras „Sei heiter - sei heiter!“ (vgl. S. 18) wird deutlich, dass sie sich der Ernsthaftigkeit von Nathanaels Wohlbefinden nicht bewusst ist und die gesamte Situation unterschätzt. Anhand dessen zeigt sich, dass es Clara nicht gelingt, einen Zugang zu Nathanael zu schaffen. Sie möchte das Problem Nathanaels mithilfe ihres aufklärerischen Denkansatzes wegreden, was ihr allerdings nicht gelingt und sich beide dadurch zunehmen entfremden. Allerdings fühlt sich nicht nur Nathanael missverstanden, sondern auch Clara verspürt ein tiefes Gefühl von Einsamkeit. Mit den Worten „Ach, er hat mich niemals geliebt, denn er versteht mich nicht“ (S. 28, Z. 5f.), wird ihre Gefühlslage deutlich. Sie fühlt sich selbst missverstanden und alleingelassen und wünscht sich nichts Sehnlicheres als eine Familie und das häusliche Glück, welches sie mir dem im Inneren gerissenen Nathanael wohl niemals finden könnte (vgl. S. 46). Der tiefe Wunsch Claras wird erst nach dem Ableben Nathanaels erreicht, woran deutlich wird, dass Clara trotz der innigen Liebe zu Nathanael nie vollends erfüllt worden wäre. Auch wenn sich Nathanael und Clara aufgrund seiner Wahnvorstellungen oftmals streiten, liebt Clara Nathanael über alles. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass Clara bis zu seinem Tod an seiner Seite bleibt und ihn trotz seiner geistigen Probleme tief in ihr Herz geschlossen hat. Mit der psychischen Störung von Nathanael hat Clara sehr zu kämpfen, da dieser nun zu jenen gehört, mit welchen sie nichts anzufangen weiß (vgl. S. 23, Z. 31). Auch wenn sie von ihrem Umfeld oftmals als „kalt, gefühllos und prosaisch“ (vgl. S. 23, Z. 31) beschrieben wird und Nathanael sie als „leblosen, verdammten Automat“ (vgl. S. 28, Z. 4) bezeichnet, steht dies im Gegensatz zu ihrem innigsten Bedürfnis, welches daraus besteht ein liebevolles Leben zu führen und eine Familie zu gründen. Auch wenn Nathanael Clara über alles geliebt hat (vgl. S. 5) konnte sie ihn nicht vollends erfüllen, weshalb er zunehme eine Neigung zu Olimpia entwickelte, da sie ihm all das gab, was er bei Clara vergebens suchte. Es wird deutlich, dass Clara wohl nie zu ihm hätte durchdringen und Nathanael von seinem Suizid abhalten können. Clara konnte sich nicht in die Gefühlslage ihres Verlobten hineinversetzen, da sie sich dem Ausmaß der Situation nicht bewusst war und zugleich nicht verstehen konnte, wie der eigene Geist der größte Feind einer Person sein konnte.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Clara eine Kontrastfigur zu dem Protagonisten Nathanael darstellt. Durch ihre Rationalität lässt sie sich klar der Epoche der Aufklärung zuteilen. Sie hält Nathanaels geistige Probleme und Wahnvorstellungen für selbst verschuldet, da er sich in eine Sache verrennt, anstatt sich seines Verstandes zu bedienen und somit die Realität aufzudecken. Auch wenn Clara zu Beginn des Buches versucht, Nathanaels Situation zu verstehen und ihm zu helfen, so stößt ihr Rationalismus im Laufe der Geschichte an seine Grenzen und es gelingt ihr nicht, zu Nathanaels Geist durchzubrechen oder ihn von seinem Suizid abzuhalten.

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