Sturmpetition der Enten von Moritz Gottlieb Saphir

Wir Enten kommen zum neuen Jahr
Zu Euch, Ihr Zeitungs-Schreiber!
Ihr lebt von uns ja ganz und gar,
Wir füttern Eure Leiber!
Vom Pascha, Schah und Hospodar,
Sind wir Depeschen-Treiber!
 
Jetzt ist es Zeit, jetzt rückt heraus
Mit Eurem schönen Honorare!
Der Schnee ist stark, die Post bleibt aus,
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Euch stehen zu Berg die Haare!
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Ihr gingt zu Grund mit Katz’ und Maus,
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Depeschen sind jetzt rare!
 
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Die Enten werden theurer jetzt,
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Weil die Journale sich vermehren;
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Der „Humoriste,“ werthgeschätzt,
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Will auch zu uns jetzt schwören;
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Er hat sich in die Reih’ gesetzt
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Von allen anderen Zeit-Chimären!
 
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Gäb’s jetztund keine Enten-Schaar,
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Wo Post, Depeschen fehlen,
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Da würden lechzen ganz und gar
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Euch Zunge, Gaumen, Kehlen!
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D’rum sollt Ihr unser Honorar
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Uns jetzt auf’s Brett hin zählen!
 
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Und wollt Ihr nicht mit barem Blech
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Uns uns’re Müh’ bezahlen,
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So ist es Euer größtes Pech;
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Ihr sollt kein Mehl mehr mahlen;
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Das sagen wir Euch keck und frech,
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Und ohne lang zu dahlen!
 
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Dann gehen Euch die Haare aus,
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Dann wird das Blatt Euch ledern!
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Dann wißt Ihr nichts vom nächsten Haus,
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Von Persern nichts und Medern,
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Denn Eure Federn sind ein Graus,
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Habt Ihr nicht Enten-Federn!!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Sturmpetition der Enten“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
199
Entstehungsjahr
1854
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sturmpetition der Enten“ wurde von dem österreichischen Schriftsteller Moritz Gottlieb Saphir verfasst, der während des 19. Jahrhunderts (genauer von 1795 bis 1858) lebte.

Beim ersten Lesen sticht hervor, dass das Gedicht eine scharfe Satire auf die damalige Presse und Journalisten darstellt. Die Enten repräsentieren hierbei eine Metapher für Nachrichten oder Informationen, die von den Journalisten als ihr „Futter“ betrachtet werden.

Im Gedicht drücken die Enten ihren Unmut darüber aus, dass die Journalisten von ihrer Arbeit profitieren, ihre eigenen Einkommen steigern und Anerkennung ernten, während die Enten selbst nichts dafür bekommen. Sie betonen ihre Bedeutung für die Journalisten und fordern eine gerechte Bezahlung, ein „Honorar“. Die Enten drohen auch damit, ihre Dienste einzustellen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden, was katastrophal für die Journalisten wäre, weil sie dann keine „Feder“, also keine Informationen mehr hätten.

Das Gedicht ist in einem strengen Reimschema verfasst, jede Strophe besteht aus sechs Versen, deren erste vier sich reimen. Die Sprache ist klar und direkt, mit humorvollen und ironischen Untertönen. Saphir nutzt humorvolle Bezeichnungen und Wortspielereien, um seine Kritik an der Presse auszudrücken, was dem Gedicht eine gewisse Leichtigkeit gibt, trotz des ernsten Themas.

Insgesamt ist Saphirs „Sturmpetition der Enten“ somit eine humorvolle und kritische Auseinandersetzung mit den Praktiken der Journalisten seiner Zeit, die ihrer Arbeit nachgehen auf Kosten anderer, die dafür keine Anerkennung oder Entlohnung erhalten. Es ist ein Aufruf nach mehr Fairness und Gleichberechtigung in der Berichterstattung und -vermittlung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Sturmpetition der Enten“ ist Moritz Gottlieb Saphir. Saphir wurde im Jahr 1795 in Lovasbéreny (Ungarn) geboren. Im Jahr 1854 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Wien. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 199 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Das Gedicht „Wenn’s doch zu etwas kommt!“ ist ein weiteres Werk des Autors Moritz Gottlieb Saphir. Zum Autor des Gedichtes „Sturmpetition der Enten“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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