Der tolle Jäger von Franz Krutter
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Vor Gott ist jedes Leben werth, |
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Das seine Huld erschuf; |
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Zu Lust und Leben hat ein Has’, |
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So wie der Mensch, Beruf. |
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Ein Hase war's; er spielte froh |
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Im sammetgrünen Klee, – |
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Ich schoß ihn todt – sein starres Aug’ – |
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Darüber ward mir weh. – |
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Gezielt hab’ ich, da hat er mich |
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Fromm bittend angeblickt; – |
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Da schoß ich ihn; – sein starres Aug’ |
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Sah nach mir unverrückt. – |
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Das starre Auge brannte mich, |
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Und brannte bis ins Herz. – |
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In meinen Waidsack lud’ ich ihn, |
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Und eilte heimathwärts. |
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Und als die Abendglocke scholl, |
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Da kam ich aus dem Wald |
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Auf’s offne Feld; als sie verklang, |
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War ich am Gatter bald. |
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Wollt’ steigen über’n Gatter weg; – |
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Wie wog mein Hase schwer! |
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Er zog’, ich konnte nicht vom Fleck’ |
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Und konnt’ es nimmermehr. |
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Ein and’res Schrecken trat vor mich, |
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Und hemmte meinen Lauf, |
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Gespenstig, riesig, fürchterlich |
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Stieg’s aus dem Boden auf. |
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Thurmhoch, es war ein Hasenpaar, |
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Das mir das Männlein macht’; |
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Mit starren Augen sah’s mich an. – |
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Ringsum war’s finster Nacht. |
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Da pfiff ein Wind vom Walde her; |
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Das klang so bang und weh, |
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Wie Seufzer aus dem Fegefeu’r; |
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Er kam und brachte Schnee. |
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Die Flocken fielen groß und dicht, |
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Und jede Flock’ ein Has’, |
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Und alle, alle seh’n mich an |
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Mit Augen, starr wie Glas. |
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Und Hasen, Hasen schneit es fort, |
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Millionen jede Stund’, |
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Und alle stürmten auf mich ein |
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Mit gierig offnem Schlund. – |
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Sie zogen aus dem Waidsack mir |
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Des todten Bruders Vließ; |
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Sie klammerten an die Flinte sich, |
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Daß ich sie fahren ließ. |
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Sie brachen sie in tausend Stück’; |
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Sie nahmen mein Pulverhorn; |
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Sie kletterten an meinem Leib |
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Von hinten und von vorn’. |
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Sie rissen mir den Hut vom Kopf, |
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Und alle Kleider ab. |
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Und eine Stimme scholl darein, |
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Ein’ Stimme aus dem Grab: |
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„Für jeden Hasenmord der Welt |
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Sollst büßen du allein!“ – |
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Auf meinem Jagdhorn bliesen sie |
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Gespenstermelodei’n. |
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Und immer schauten sie mich an, |
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Ich mußte halten Stand. – |
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Mein Hund entsprang, er wurde toll; |
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Doch ich blieb – bei Verstand. |
Details zum Gedicht „Der tolle Jäger“
Franz Krutter
16
64
334
1836
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Der tolle Jäger“ ist Franz Krutter. Im Jahr 1807 wurde Krutter in Solothurn geboren. Im Jahr 1836 ist das Gedicht entstanden. In Solothurn ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 334 Wörter. Es baut sich aus 16 Strophen auf und besteht aus 64 Versen. Zum Autor des Gedichtes „Der tolle Jäger“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.
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