Stille von Betty Paoli

Wenn ein Kranker schlummernd liegt,
Mild vom Traumesarm gewiegt,
Schweigen Alle im Gemache,
Daß der Arme nicht erwache.
 
Leis' ihr Hauch und stumm ihr Mund,
Kaum berührt ihr Fuß den Grund
Und der Kranke schlummert weiter,
Ruhbeseligt, traumesheiter.
 
Innig fleh' ich jetzt zu dir:
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Halte du es so mit mir,
11 
Mit dem tieferschöpften Herzen,
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Das entschlummert ist voll Schmerzen.
 
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Halb verblutet schläft es fort;
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Weck' es nicht mit deinem Wort;
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Trage schonendes Erbarmen
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Mit dem kranken, müden, armen.
 
17 
Willst du's wecken, sei's zum Glück,
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Kannst du dies nicht, tritt zurück;
19 
Gieße Gift nicht in die Neige
20 
Meines Lebens! schweige! schweige!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Stille“

Autor
Betty Paoli
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1814 - 1894
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Stille“ wurde von Betty Paoli verfasst, einer österreichischen Dichterin, die von 1814 bis 1894 lebte. Sie zählt zur literarischen Bewegung des Biedermeier und ist daher der Epoche des 19. Jahrhunderts zuzuordnen.

Beim ersten Eindruck fällt die melancholische und ernste Stimmung des Gedichts auf. Das lyrische Ich schildert einen Kranken im Schlummer, umgibt von der absoluten Stille seiner Betreuer, die alles tun, um ihn nicht aufzuwecken um das Leid des Kranken nicht zu vergrößern.

Der Inhalt des Gedichts handelt davon, dass ein Kranker schläft und alle im Raum darauf achten, ihn nicht aufzuwecken. In der zweiten Strophe wird das Bild der ruhigen und stillen Betreuer genauer dargestellt und erklärt, dass der Kranke, dank ihrer Rücksichtnahme, ruhig weiter schlafen kann. Ab der dritten Strophe spricht das lyrische Ich den unbekannten Adressaten direkt an und bitten ihn das gleiche mit ihm zu tun. Es stellt sich selbst als verletzt und leidend dar und beschreibt sein Herz als „halb verblutet“. Es bittet darum, dass es nur geweckt wird, wenn es Glück bringen würde und falls das nicht möglich ist, soll das lyrische Ich weiter schlafen und der Adressat sollte schweigen, um die Ruhe nicht zu zerstören.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit je vier Versen und weist einen alternierenden Reim auf (abcb). Inhaltlich ist das Gedicht in zweierlei Hinsicht geprägt: einer sehr bildhaften und metaphernreichen Sprache sowie einer direkten Ansprache an einen unbekannten Adressaten. Die Metaphern des Gedichts wie „halb verblutet“ und „tieferschöpftes Herz“ dienen zur Ausdruckssteigerung des intensiven Leidens und Scheiterns des lyrischen Ichs, dabei geben sie dem Text eine tiefere, emotionale Ebene. Die direkte Ansprache (du) stellt eine Verbindung auf persönlicher Ebene her und bindet den Leser direkt in die Thematik ein.

Zusammenfassend handelt das Gedicht von Leid und Schmerz, das lyrische Ich beschreibt den Wunsch nach Ruhe und Still trotz - oder gerade wegen - dem erlittenen Schmerz. Darüber hinaus zeigt es eine sehr persönliche Ebene auf, die den Leser direkt in die Gefühlswelt des lyrischen Ichs hineinzieht. Durch den bildhaften und metaphernreichen Stil bekommt das Gedicht eine emotionale und tiefgründige Note.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Stille“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Betty Paoli. 1814 wurde Paoli in Wien geboren. Zwischen den Jahren 1830 und 1894 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 100 Worte. Die Gedichte „Zu spät“, „Eines Morgens“ und „Gute Nacht“ sind weitere Werke der Autorin Betty Paoli. Zur Autorin des Gedichtes „Stille“ haben wir auf abi-pur.de weitere 43 Gedichte veröffentlicht.

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