Lessing, Gotthold Ephraim - Emilia Galotti (Interpretation Akt 2, Szene 6)

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Referat

Analyse „Emilia Galotti“ (2. Aufzug / 6. Auftritt)

Das bürgerliche Trauerspiel „Emilia Galotti“ dass 1722 von Gotthold Ephraim Lessing publiziert und in Braunschweig uraufgeführt wurde, thematisiert die Willkürherrschaft des Adels im Kontrast zur frommen Tugendhaftigkeit des Bürgertums.

Dabei handelt es von dem Prinzen Hettore Gonzaga der mit absolutistischer Willkür über Guastalla in Oberitalien herrscht und der beim ersten Anblick des Porträts der bürgerlichen Emilia Galotti, von einer emotionalen Leidenschaft für sie erfasst wird. Jedoch steht die Hochzeit von Emilia Galotti mit dem vom Hofe unabhängigen Grafen Appiani unmittelbar bevor. Mithilfe von seinem Kammerherrn, Marinelli, einem intriganten und gewissenlosen Höfling, setzt der Prinz alles in Bewegung um die Offizierstochter, Emilia Galotti, doch für sich zu gewinnen und sie zur Frau zu nehmen.
Die zu untersuchende sechste Szene des zweiten Aktes stellt den ersten Auftritt Emilias innerhalb des Dramas dar und befasst sich mit einem Gespräch zwischen der Tochter und ihrer Mutter, Claudia Galotti. Hierbei schildert Emilia in einem emotional aufgebrachten Zustand die Aufdrängung und Taten des Prinzen während der wöchentlichen Messe.

Zu Beginn des 6. Auftritts kommt Emilia urplötzlich zu ihrer Mutter Claudia hereingestürmt, verwirrt, zitternd und von Panik und Angst erfasst. Was durch die von Emilia getätigten Aussagen auf Seite 12 „Wohl mir! Wohl mir!“ oder „dem Himmel sei Dank“ deutlich wird. Denn durch das erst einmal noch erschütterte Auftreten kann Emilia noch keinen klaren Gedanken fassen und verfängt sich demzufolge oftmals in Wiederholungen. Anfangs erzählt Emilia in einer Art Monolog, von der Situation, die ihr heute in der Kirche passiert ist und dem Aufeinandertreffen mit dem Prinzen in der Messe.

Dies führt dazu, dass Emilia hauptsächlich den Redeanteil besitzt und ihre Mutter jeweils nur mit kürzeren Sätzen Emilias Erzählungen hinterfragt oder ergänzt. Größtenteils lässt Emilia den Gottesdienst Revue passieren und hofft auf einen Rat ihrer Mutter, der ihr dabei helfen soll eine gute Lösung zu finden. Aus ihrer Erzählung geht nämlich hervor, dass sie wie jede Woche zur Messe gegangen ist, um am Tag ihrer bevorstehenden Hochzeit sich zum Beten niederzulassen und ein letztes Mal den Rat Gottes zu nutzen. Doch dieses Mal wurde sie von einem anfangs unbekannten Mann unterbrochen, dem Prinzen. Der ihr seine Liebe gesteht und ihr mitteilt, dass Emilias kommende Heirat für ihn furchtbar wäre.

Die ständigen Sprünge in der Zeit und die andauernden Monologe und Gedankenfetzen beeinflussen die Aufteilung des Redeanteils zwischen der Mutter und Emilia. Diese Aufteilung des Redeanteils veranschaulicht nämlich auch die Hektik und den Anfang der Problematik in Lessings Drama. Außerdem weist es darauf hin, dass Emilia stark abhängig von der Meinung und Hilfe ihrer Mutter ist und im Weiteren ist sie auch nicht imstande Probleme alleine zu lösen.

Auch die Regieanweisungen verweisen auf die Angst und Panik in Emilia und die langsam voranschreitende Katastrophe des Dramas. Wie zum Beispiel „stürzt in einer ängstlichen Verwirrung herein“. Die Verwendung des Adjektivs „ängstlich“ und dem Nomen „Verwirrung“ wird die Angst widergespiegelt. Die große Angst Emilias die sich im Verlauf durch das ganze Drama ziehen wird und die ständige Verwirrung, die Emilia letztendlich sogar in den Tod reißt. Jedoch bemerkt man in dieser Szene ganz besonders das Vertrauen Emilias in ihre Mutter. Auch die Geborgenheit und Sicherheit, die Emilia durch ihre Mutter verspürt, wird sichtbar. Die Art wie Emilia ihre Geschichte erzählt, zeugt davon, dass Emilia keine Angst davor hat, dass ihre Mutter sie nicht verstehen wird oder ihr nicht richtig helfen kann oder sie für ihre Taten missachten wird. Dies zeigt wiederum das Vertrauen Emilias zu ihrer Mutter. Dieses Vertrauen sieht man zum Beispiel in den Worten „Raten Sie, meine Mutter“ wobei Emilia um die Hilfe ihrer Mutter bittet und hofft einen Rat von ihr zu bekommen, wie sie in dieser Situation weiter handeln sollte. Mit den Worten „Ach, meine Mutter“ (Auf Seite 12) wird auch die Überforderung und die kindliche Art und Weise deutlich. Die sprachliche Gestaltung ihrer Rede ist beispielsweise gekennzeichnet durch kurze, abgehackte Sätze, Ausrufe, Fragen und Anaphern. Auch die Redeintention sollte untersucht werden, denn hierbei bemerkt man oftmals, dass die beiden Protagonistinnen verschlüsselt sprechen und das Gemeinte nicht unbedingt dem Gesagten entspricht, etwa: Claudia. „Die Gabe zu beten ist nicht immer in unserer Gewalt. Dem Himmel ist betten wollen auch beten“ oder Emilia. „Und sündigen wollen, auch sündigen“ (Seite 13). Darüber hinaus versucht Claudia ihre Tochter auch vor der Meinung Odoardos zu beschützen und ihr zu veranschaulichen, dass der Prinz nur höflich und zuvorkommend gehandelt hat und Emilia sich keine Sorgen machen sollte. Dies sieht man in Claudias Ansprache „Meine Tochter. Sag ihm nichts. Laß ihn nichts merken“ was eben darauf hinweist, dass Claudia Emilia vor der Reaktion Odoardos aber auch vor der Reaktion des Grafen Appianis, Emilias zukünftigen Ehemann, beschützen möchte.

Diese Hilfe wirkt sich wiederum ausgesprochen positiv auf die Rolle der Mutter aus und veranschaulicht dem Leser wie vorsorglich die Mutter handelt und wie sehr sie sich um das Wohlbefinden ihrer eigenen Tochter anfangs noch kümmert. Diese Sorge sieht man auch in der anaphorischen Frage „Was ist dir, meine Tochter, was ist dir“ und dem darauffolgenden Imperativ „Rede, meine Tochter“. Trotzdem bemerkt man häufig eine Art indirekten Verzicht auf eine persönliche Stellungnahme wobei Claudia viel lieber die Position ihres Ehemanns dafür ausnutzt, zum Beispiel auf Seite 13 „Wenn du in deiner Verwirrung auch ihn das hättest hören lassen“ oder „Gott! Gott! Wenn dein Vater das wüsste“. Womit sie auf die Stellung Odoardos als Oberhaupt in der familiären Hierarchie verweist und dessen Ansicht als einziges, was von Bedeutung zu sein scheint, unterstreicht.

Zusammengefasst wird Emilia als eine unschuldige und fromme Tochter dargestellt, die dem Willen ihrer Mutter immer treu bleiben möchte. Im Verlauf des Gespräches versucht Claudia ihrer Tochter den Zwischenfall, als eine Art Traum einzureden und appelliert an sie totales Stillschweigen zu wahren, um letztendlich eine Eskalation der Lage zu vermeiden. Trotzdem bemerkt man oftmals eine Art Eigeninteresse, dass im weiteren Verlauf des Dramas auch zu einem entscheidenden Problem wird.

Im Weiteren Verlauf ist zu erkennen, dass diese Szene die erste Andeutung auf die bevorstehende Katastrophe ist. Schon zu Beginn des sechsten Auftritts wird die Problematik, die vom Prinzen ausgeht verdeutlicht. Denn Emilia wird ausgerechnet an dem Tag von dem Prinzen unterbrochen, an dem sie am dringendsten den Segen Gottes gebraucht hätte. Dies verdeutlicht nämlich die Hilflosigkeit und Machtlosigkeit Emilias gegenüber dem Prinzen. Sie ist selbst an einem heiligen Ort, nicht sicher vor ihm. Auch die Besessenheit des Prinzen wird dem Leser in dieser Szene sehr deutlich vor Augen geführt. Was bereits an dieser Stelle Ahnungen zu dem weiteren Handlungsverlauf des Dramas aufkommen lässt.

Auch der Konflikt zwischen Emilia und ihren Eltern wird zum ersten Mal veranschaulicht. Die ausgesprochen fromme und widerspruchslose Tochter erfüllt jeden einzelnen Willen ihrer Mutter, egal ob sie ihn für richtig oder falsch hält. Auch die Problematik, dass Emilia trotz ihres Alters und ihrer bevorstehenden Hochzeit immer noch sehr kindlich und fürsorgebedürftig ist. Im weiteren Verlauf ist auch der Konflikt zwischen Claudia Galotti und ihrem Ehemann Odoardo Galotti ein Auslöser für die Katastrophe. Claudia sieht Odoardo uneingeschränkt als Oberhaupt der Familie und fühlt sich ihm untergeordnet. Was dazu führt, dass sie vieles vor ihm verheimlicht. So kommt auch das Aufeinandertreffen des Prinzen mit Emilia nicht zur Sprache. Als einen weiteren schritt der Interpretation könnte man auch die Familie Galotti als eine Art Repräsentation der aufklärerischen Gruppen darstellen. Emilia steht für das Bürgertum, das sich keine eigene Meinung bilden kann und immer auf das Wort der höhergestellten Mächte vertraut. Claudia Galotti stellt den Adel dar, der über das Bürgertum herrschen kann, aber niemals mehr zu sagen hat als der Klerus. Odoardo Galotti steht für den am höchsten gestellten Klerus, der das Oberhaupt des Volkes ist und über den Rest der Gruppen herrschen kann.

Gotthold Ephraim Lessing hat dieses Drama verfasst um Kritik an der absolutistischen Fürstenherrschaft im 18. Jahrhundert auszuüben und erstmals ein Stück veröffentlicht, dass hauptsächlich die Konstellation des Adels gegenüber dem Bürgertum darstellt. Doch anstatt die Galottis weiterhin für klare Moralvorstellungen, starken Zusammenhalt und streng patriarchische Ausrichtung stehenzulassen, endet das Drama mit einem dramatischen Tochtermord. Dies soll veranschaulichen, dass das politisch ohnmächtige Bürgertum sich selbst zerfleischt und damit keineswegs nur als Vorbild dienen sollte.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass der 6. Auftritt des 2. Aufzugs eine Art Anfang der Einführung in die Katastrophe ist. Denn Emilia Galotti wird nicht nur zum ersten Mal als Protagonistin dargestellt, sondern trifft gleichzeitig auch auf den Prinzen und im weiteren Verlauf der Szenen werden auch die ersten Konflikte und Probleme des Dramas vorgestellt. Was allmählich auf den bevorstehenden Tod Emilias hinweist und das weitgehende Problem beschreibt, für welches keine Lösung in Sicht ist.

Dieses Video wurde auf YouTube veröffentlicht.

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