Geiger, Arno - Unter der Drachenwand (Beschreibung und Entwicklung von Veit Kolbe)

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Referat

„Unter der Drachenwand“ von Arno Geiger – Veit Kolbe (Charakter und Entwicklung)

Veit Kolbe ist der Hauptprotagonist des Romans „Unter der Drachenwand“ von Arno Geiger. Er ist ein junger Mann, der im Jahr 1944 als Sanitäter an der Ostfront kämpft und nach einer Verletzung in ein Sanatorium in Österreich verlegt wird.

Veit ist ein nachdenklicher und reflektierter Mensch, der sich intensiv mit seinem Leben und seiner Umgebung auseinandersetzt. Er ist sehr sensibel und verletzlich, was ihn oft dazu bringt, sich in seine eigenen Gedanken zu vertiefen und sich von anderen Menschen zu isolieren.

Veit ist auch ein sehr künstlerischer Mensch und schreibt gerne Gedichte. Diese Gedichte sind für ihn eine Art, mit den Schrecken des Krieges und seiner eigenen Verletzlichkeit umzugehen. Veit versucht immer wieder, seine Umgebung in Worte zu fassen und zu verstehen, was um ihn herum passiert.

Im Laufe des Romans entwickelt Veit auch eine enge Beziehung zu einer jungen Frau namens Margot. Diese Beziehung gibt ihm die Kraft, weiterzumachen und den Krieg zu überstehen. Veit wird im Laufe des Romans von einer unsicheren und ängstlichen Person zu einem mutigen und entschlossenen Mann, der bereit ist, für das zu kämpfen, was er für richtig hält.

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Veits Entwicklung

Der Hauptcharakter in „Unter der Drachenwand“ Veit Kolbe macht im Laufe des Romans eine charakterliche Entwicklung vom psychisch und körperlich zerstörten Soldaten zu einem eigenständigen jungen Mann durch. Dabei stellt sich die Frage, welche Faktoren seines Lebens in Mondsee diese Entwicklung beeinflusst und auch, welche kurz- oder langfristige Änderungen verursacht haben.

Der erste Ansatz, mit dem Veit versucht seine durch das Kriegstrauma verursachten Panikattacken zu kontrollieren, sind die von seinem Arzt verschriebenen Pervitin Tabletten zur Beruhigung. Zwar helfen diese ihm anfangs, zu schlafen und nicht gänzlich von seinen Emotionen vereinnahmt zu werden, allerdings merkt er selbst, dass er davon abhängig wird und versucht, wieder von den Tabletten wegzukommen.

Durch die Zeit in Mondsee kommt Veit in Kontakt mit verschiedenen Menschen, die seine Persönlichkeit beeinflussen: Einerseits gibt es negative Begegnungen mit seinem Onkel und seiner Vermieterin, der Quartiersfrau, die ihn später zu offener Provokation anregen. Positiv beeinflussen ihn Margot und der Brasilianer. Insbesondere der Brasilianer spricht viel mit Veit über seine politische Gesinnung und zeigt Veit so eine Alternative zum NS-Regime auf. Dieser Perspektivwechsel inspiriert somit auch Veit, das System weiter zu hinterfragen und im kleinen Maßstab dagegen zu rebellieren. Zu Margot baut Veit im Lauf der Handlung nicht nur Freundschaft, sondern eine Liebesbeziehung auf. Diese beschreibt er selbst als einzigartig „fröhlich, herzlich und natürlich“ (S. 314), sie stellt für ihn eine Möglichkeit dar, dem Krieg zu entfliehen. Das Zusammensein mit Margot zeigt ihm, dass das Leben weiterhin schöne Momente bereithält und dass es Menschen gibt, die ihn für seine Persönlichkeit bedingungslos lieben. Auch er selbst kann seinen lebenslangen Wunsch, seine „Liebe für die Welt“ (S. 139) nach außen zu tragen, die ihm durch den Krieg genommen wurde.

Sowohl indem er sich wie ein Vater um Margots Kind Lilo kümmert und während der Haft des Brasilianers dessen Pflanzen versorgt, bekommt Veit in Mondsee die Möglichkeit, selbst Verantwortung zu übernehmen und für sich einzustehen. Er tritt aus der passiven Rolle heraus, die er sowohl als Sohn als auch als Soldat sein ganzes bisheriges Leben innehatte – die Erkenntnis, dass er auch als Individuum wichtig ist und einen Unterschied machen kann, stärkt somit sein Selbstbewusstsein und seinen Charakter. Er kann zum ersten Mal in seinem Leben „von der Theorie […] zu einem praktizierenden Leben […] kommen“ (S. 166). Insbesondere dass er sich gemeinsam mit Margot um das Gewächshaus kümmert und so seine Unterstützung gegenüber dem Brasilianer signalisiert, ist ein weiterer Weg, Widerstand im Kleinen auszuüben.

Andere Akte des Widerstands sind zum Beispiel, dass Veit offene Kritik am Verhalten des Onkels (vgl. S. 347) und an seinem Vater übt und sich über die Quartiersfrau und ihre politische Einstellung lustig macht. Auch dadurch wird er zu einem selbstständigeren Menschen, wird sich darüber klar, was seine Ziele sind und wie er diese umsetzen kann. Er erfüllt sich für eine gewisse Zeit den Wunsch nach einem „Neuanfang“ (S. 203) und einem „eigene[n] Leben“ (S. 419). Auch er selbst spürt diese Entwicklung zum Beispiel daran, dass er sich in der Wohnung seiner Eltern nicht mehr wohl und zu Hause fühlt (vgl. S. 430).

Für den Leser ist außerdem die Frage interessant, inwiefern das Tagebuchschreiben Veits Entwicklung beeinflusst, da die Handlung so erzählt wird. Insbesondere zu Beginn ermöglicht das Tagebuch Veit, seine Gedanken und Meinungen zu äußern, ohne von außen dafür verurteilt zu werden. Generell kann das Aufschreiben von Erlebnisse helfen, diese zu reflektieren und zu verarbeiten, sodass auch hier dazu beigetragen wird, dass Veit den Krieg, wenn nicht überwinden, zumindest in Ansätzen überdenken kann. Zum Ende der Handlung kann Veit so zudem erkennen, wie weit er als Person gekommen ist und so eventuell Hoffnung für die Zukunft und in Anbetracht seines neuen Einsatzes schöpfen (vgl. S. 419).

Ich persönlich schätze vorwiegend die Beziehungen zu Margot und dem Brasilianer als zentral für Veits Entwicklung ein, da diese ihm das Selbstvertrauen und die Inspiration geben, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und für sich selbst einzustehen. Dabei entsteht eine selbstverstärkende Wirkung, die ihn immer selbst- und verantwortungsbewusster auftreten lässt – auch, wenn vor dem Hintergrund des Krieges, seiner Wiedereinberufung und seiner Tablettensucht nicht von einer kompletten Heilung gesprochen werden kann.

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