Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtanalyse)

Schlagwörter:
Joseph von Eichendorff, Analyse, Interpretation, Romantik, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtanalyse)
Themengleiche Dokumente anzeigen

Referat

Gedichtinterpretation „Das zerbrochene Ringlein“ (Joseph von Eichendorff)

Das zerbrochene Ringlein
von Joseph von Eichendorff

In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
 
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
 
Ich möcht als Spielmann reisen
10 
Weit in die Welt hinaus,
11 
Und singen meine Weisen,
12 
Und gehn von Haus zu Haus.
 
13 
Ich möcht als Reiter fliegen
14 
Wohl in die blutge Schlacht,
15 
Um stille Feuer liegen
16 
Im Feld bei dunkler Nacht.
 
17 
Hör ich das Mühlrad gehen:
18 
Ich weiß nicht, was ich will –
19 
Ich möcht am liebsten sterben,
20 
Da wärs auf einmal still!

(„Das zerbrochene Ringlein“ von Joseph von Eichendorff ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.5 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ wurde im Jahr 1815 von Joseph von Eichendorff in der Epoche der Romantik verfasst und handelt von der Sehnsucht des lyrischen Ichs, welches verlassen wurde und nun versucht, seinem Schmerz durch das Erschaffen einer Traumwelt zu entfliehen. Sehnsucht, Kummer und die Flucht in eine neue Welt sind typische Merkmale der Romantik und spiegeln sich in vieler seiner Werke wider. Ferner wirkt das Gedicht voll Trauer behaftet und löst beim Leser eine mitfühlende und gar melancholische Stimmung aus. Joseph von Eichendorff wurde am 10.03.1788 in Lubowitz, Polen, geboren und war Sohn einer Adelsfamilie. Ferner kämpfte er in den Freiheitskriegen und wurde ein hoher Beamter. Zudem war er ein gläubiger Katholik, weshalb die Religion ein starker Teil seines Lebens war und auch bis zu seinem Tod 1857 in vielen seiner Gedichte zum Ausdruck kam.

In der ersten Strophe thematisiert das lyrische Ich seine verschwundene Liebe und die Trauer, welche er damit verbindet (vgl. V. 1-4). Dadurch entsteht zu Beginn des Gedichts eine melancholische Stimmung, welche sich durch alle Strophen zieht. Anhand der zweiten Strophen wird der Trauer des lyrischen Ichs weiter auf den Grund gegangen und es wird deutlich, dass seine Sehnsucht auf dem Treuebruch seiner Frau beruht (vgl. V. 4-8) In der dritten und vierten Strophe geht das lyrische Ich darauf ein, was es gerne erleben möchte und flieht in eine Traumwelt, in welcher alles möglich ist (vgl. V. 8-16). Diese Hoffnung erlischt allerdings in der letzten Strophe, in welcher er eine deutlich lebensverneinende Haltung aufweist und sich als Befreiung aus seinem Elend den Tod als Ausweg wünscht (vgl. V. 16-20).

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen und wurde im Kreuzreim verfasst. Das Metrum des Gedichts ist ein dreihebiger Jambus, welchem die alternierende Kadenz weiblich, männlich zugrunde liegt. Anhand des einfachen Aufbaus durch die im Kreuzreim verfassten Volksliedstrophen wird eine gewisse Monotonie geschaffen, welche allerdings dem Inhalt des Gedichts gegenübersteht. Dennoch könnte diese Eintönigkeit das Leben des lyrischen Ichs nach dem Treuebruch verdeutlichen.

Die Sprache des Gedichts ist relativ schlicht und einfach gehalten. Auffällig ist die häufige Verwendung von Verben und Adjektiven im gesamten Gedicht, wodurch die Sehnsüchte und Gefühlslage des lyrischen Ichs hervorgehoben werden. Das Symbol des Mühlrades zieht sich über das gesamte Gedicht hinweg und bildet dadurch eine Art Rahmen, sowohl formell als auch inhaltlich. Zu Beginn der ersten Strophe thematisiert das lyrische Ich erstmals das Mühlrad (vgl. V. 2), welches den Lauf des Lebens symbolisieren könnte. Im Zuge dessen könnte dies bedeuten, dass das lyrische Ich zwar zu Beginn des Gedichts sein Leben wie gewohnt fortführen möchte, reisen will und sein altes Leben hinter sich lassen möchte. Allerdings holt ihn das Mühlrad am Ende des Gedichts (vgl. V. 17) wieder ein und verdeutlicht seine Sehnsucht zu sterben. Hierbei wird deutlich, dass das lyrische Ich anstelle des „Mühlrads“ sich nun auf das „Mühlrad“ bezieht, was seinen Wunsch zum Sterben und der tiefen Trauer, welche in ihm verankert ist, repräsentiert. Ferner befindet sich ein unreiner Reim in den Versen zwei und vier. Allerdings verwendet Eichendorff in seinem Gedicht noch weitere sprachliche Mittel, welche die Sehnsucht und die hoffnungslose Gefühlslage des lyrischen Ichs verdeutlichen.

In der zweiten Strophe geht das lyrische Ich auf den Treuebruch seiner Geliebten ein (vgl. V. 7). Durch den Vers „Mein Ringlein sprang entzwei“ wird erneut deutlich, welche Schmerzen dem lyrischen Ich zugefügt wurden. Der Ring könnte hierbei metaphorisch für sein Herz stehen, welches ihm gebrochen wurde, aber zugleich auch die zerbrochene Ehe widerspiegeln. Ebenso spiegelt dieser Vers den Titel des Gedichts wider und ist somit maßgeblich für die Intention des Gedichts. Überdies wird diese Gefühlslage durch den Parallelismus „Sie hat mir Treu versprochen - Sie hat die Treu gebrochen“ (vgl. V. 5, 7) deutlich.

In den darauffolgenden Strophen fängt das lyrische Ich an, seine Perspektive zu wechseln, indem es anfängt, über sich selbst zu sprechen anstatt von seiner Geliebten. Das lyrische Ich verspürt eine deutliche Reiselust und den innigen Wunsch, aus seiner jetzigen Welt zu entfliehen. Hierbei wird deutlich, dass das lyrische Ich zwar den Wunsch äußert zu reisen (vgl. V. 9). Durch den Konjunktiv II „möcht“ wird der Eindruck erweckt, dass dies lediglich ein Wunschgedanke ist, welcher womöglich nie erreichbar sein wird. Dadurch wird erneut deutlich, wie sehr sich das lyrische Ich in seiner Welt gefangen fühlt und seine Träume in ferner Zukunft liegen. In der vierten Strophe wirkt die Stimmung durch die Verse „Wohl in die blut’ge Schlacht“ (V. 14) sowie „Im Feld bei dunkler Nacht“ (V. 16) bedrohlicher als zuvor. Diese Stimmung wird durch die Pleonasmen „blut’ge Schlacht“ (vgl. V. 14) sowie „dunkle Nacht“ (vgl. V. 15) verstärkt. Weiterhin wird die Sehnsucht des lyrischen Ichs durch die Metapher „Ich möcht als Reiter fliegen“ (V. 13) verdeutlicht. Zudem befindet sich eine Antithese in Vers 14 „wohl - blut’ge“, welche womöglich für das Gefühlschaos des lyrischen Ichs steht. Ebenso könnten die Verse 14 und 16 eine Anspielung auf die Todessehnsucht des lyrischen Ichs darstellen, da in einer Schlacht viele Menschen fallen und die dunkle Nacht ebenfalls für den Tod stehen könnte.

Dieser Todeswunsch wird in der letzten Strophe direkt angesprochen. Hierbei wird erneut auf das Symbol des Mühlrads zurückgegriffen und durch die Alliteration „Ich weiß nicht, was ich will“ (V. 18) das Gefühlschaos des lyrischen Ichs verdeutlicht. Letztendlich sieht das lyrische Ich keinen anderen Ausweg, um seiner Trauer zu entkommen, als den Tod zu wählen (vgl. V. 19f.). Wie in der ersten Strophe, enthält auch die letzte Strophe einen unreinen Reim (V. 17, 19). Dadurch hat Eichendorff also nicht nur den Rahmen durch das Mühlrad, sondern zugleich auch durch die Reime geschaffen. Der letzte Vers „Da wär’s auf einmal still!“ (V. 20), könnte zum einen als Hilferuf, aber auch als innigster Wunsch gedeutet werden. Dies wird anhand des Ausrufezeichens deutlich, welches im gesamten Gedicht nur an dieser Stelle zum Ausdruck kommt.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Gedicht ein Paradebeispiel für die Epoche der Romantik darstellt. Motive wie Sehnsucht, die Flucht in eine Traumwelt sowie Reiselust treten hierbei immer wieder zum Vorschein. Das lyrische Ich wurde verlassen und ist von Trauer und Sehnsucht geplagt. Dennoch begibt es sich in eine Traumwelt, in welcher es reist und welche das Gegenteil zu seinem jetzigen monotonen Leben darstellt. Allerdings holt in die Trauer am Ende des Gedichts wieder ein und das lyrische Ich sieht keinen anderen Ausweg seinen Gefühlen zu entkommen, als den Tod zu wählen. Einige Motive lassen sich auch auf Eichendorffs Leben zurückführen, wie beispielsweise die Erwähnung der Schlacht. Er selbst hat in den Freiheitskriegen gekämpft, weshalb diese Darstellung ein häufiges Motiv in seinen Werken ist. Zudem hat er sich nach einem Ausbruch aus seinem monotonen Alltag gewünscht und sich in seinen Werken oftmals in eine Traumwelt begeben, was auch anhand dieses Gedichts deutlich wird.

Meiner Meinung nach ist das Gedicht von Eichendorff gut verständlich und einfach gehalten. Auch wenn dies beim ersten Lesen des Gedichts nicht deutlich wird, hat Eichendorff viele versteckte Botschaften eingebaut, welche erst beim öfteren Lesen deutlich werden. Ich finde, dass man sich ausgezeichnet in die Perspektive des lyrischen Ichs hineinversetzen kann. Anhand der vielen sprachlichen Mittel wird die Situation des lyrischen Ichs gut deutlich. Es fühlt sich alleine, verletzlich und versucht aus seiner Situation zu fliehen. Allerdings schafft es dies nicht und sieht keinen anderen Ausweg als den Tod. Mich persönlich fasziniert an dem Gedicht nicht nur die verwendeten rhetorischen Mittel, sondern zugleich auch die Parallele, welche Eichendorff zwischen dem Gedicht und seinem Leben zieht. Es scheint, als würde er uns anhand dieses Gedichts seine Geschichte erzählen, ein Spiegelbild seiner selbst.

Zurück