Kafka, Franz - Die Verwandlung (Interpretationsansätze)

Schlagwörter:
Franz Kafka, Analyse, Interpretation, Gregor Samsa - vor & nach der Verwandlung, Referat, Hausaufgabe, Kafka, Franz - Die Verwandlung (Interpretationsansätze)
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Referat

Franz Kafka - „Die Verwandlung“ (Interpretation)

Gliederung / Inhalt

Gregor Samsa - vor & nach der Verwandlung

vor der Verwandlung

  • Handelsreisender seit 5 Jahren (war vorher Leutnant beim Militär), fremd, nicht zugehörig zu anderen Handelsreisenden
  • Unzufrieden mit dem Job (empfindet ihn als anstrengend), der viel Platz in seinem Leben einnimmt
  • autoritätsgläubig
  • ordnet sich dem Chef unter, obwohl er ihn nicht mag
  • aufopferungsvoll
  • pflichtbewusst und engagiert, fehlt nie
  • emotional isoliert
  • neutrale/eher distanzierte Beziehung zu Eltern
  • engere Bindung zu der Schwester (fühlt sich nur mit ihr emotional verbunden) → will ihr vernünftige Ausbildung ermöglichen (mag ihr Violinspiel)
  • willensstark und stur
  • sieht seine Zukunft eng verbunden mit seiner Familie → Abhängigkeitsverhältnis (Grund: finanzielle Mittel)
  • wenig Platz in der Wohnung der Eltern → keine Privatsphäre
  • verbringt viel Zeit in seinem Zimmer → schließt dieses ab
  • keine Partnerin (weder sexuell noch emotional) → Bild der Dame
  • niedriger Lebensstandard
  • Eltern verschuldet → er arbeitet diese ab (Rolle des Versorgers der Familie)
  • legt sehr viel Wert auf seinen Ruf
  • Fenster als einzige Verbindung zur Außenwelt

Gregor ist ein isolierter Junggeselle, der funktioniert

nach der Verwandlung

  • in Ungeziefer verwandelt → neue Situation, versucht sich anzupassen
  • ist ein scheues und unerwünschtes Ungeziefer
  • Doppelexistenz (innen Mensch, außen Käfer)
  • Insektengestalt als Ausdruck des Rückfalls in ein kindliches Entwicklungsstadium (Hilflosigkeit, Unbeholfensein)
  • Unterdrückung eigener Wünsche
  • Verlust der Sprachfähigkeit, lichtscheu, Einschränkungen in der Bewegung
  • Menschlichkeit und Bedürfnis nach Nähe und Akzeptanz von Gregor werden von niemandem erkannt
  • befremdlich, abstoßend → Familie erkennt Gregor in dem Insekt nicht wieder
  • Familie möchte ihn loswerden → lästiges Anhängsel
  • Kommunikation mit sozialem Umfeld scheitert
  • ausgeschlossen/ausgegrenzt aus der Gesellschaft und Familienalltag → hält sich hauptsächlich im Zimmer auf
  • arbeitsunfähig (kann seine Rolle als Versorger nicht mehr erfüllen) → Eltern müssen jetzt selber Geld verdienen
  • nutzlos, nur zu Hause
  • Vater gewinnt neue Macht über ihn (drängt ihn gewaltsam in sein Zimmer) → dem Vater unterlegen
  • eine Belastung für die Familie → empfindet sich auch selbst lass Belastung
  • versteht nicht, dass er ausgenutzt wird → hat nur positive Erinnerungen an Familie
  • muss sich erst an seine Verwandlung gewöhnen → schnelle Akzeptanz und wirkt gefasst
  • macht sich Vorwürfe, hat Selbstzweifel
  • nur Schwester besucht ihn und kümmert sich (verliert Zuneigung der Schwester, versorgt ihn voller Abscheu)
  • Eltern distanzieren sich und sind verstört von ihm
  • ist trotzdem rücksichtsvoll
  • will seine Mutter wieder sehen
  • Möbel sind das letzte Menschliche um ihn herum → zunehmende Entfremdung → will trotzdem nicht vollständig isoliert sein (hört Gespräche mit)
  • mit der Zeit kümmert sich Schwester weniger um ihn → sein Zimmer verschmutzt (Abstellkammer)
  • wird schwächer und unbeweglicher, ist nicht mehr erwünscht
  • verliert mit der Zeit seine menschlichen Züge
  • akzeptiert sein Schicksal → er weiß, dass er keinen Platz mehr dort hat
  • will selbst sterben → zerbricht an seinem Schicksal

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Interpretationsansätze

Für die Interpretation des Werkes von Franz Kafka stehen 3 Ansätze zur Verfügung.

Psychoanalytischer Ansatz
  • Das Konkurrenzverhalten zwischen Vater und Sohn deutet auf eine vom Ödipuskomplex geprägte Konfliktsituation hin.
  • Vater und Sohn stehen sich hierbei konkurrierend in Bezug zur Mutter gegenüber
  • Auf die Verwandlung übertragen, stellt sich die Situation als eine verwirklichte Wunschvorstellung dar.
  • Der Vater soll aus dem Herrschaftsbereich Gregors gedrängt werden (vor der Verwandlung).
  • Die Entmachtung des Vaters ist die Rache für die lebenslangen Erniedrigungen. Allerdings schlägt diese anfängliche Befreiung in Schuldgefühle um und bewirkt damit neue Unfreiheit und Unlustgefühle.
  • Die Verwandlung von Gregor könnte somit als ein Rückzug aus der Konfliktsituation gedeutet werden.
  • Gregor wollte sich von seinen Schuldgefühlen befreien, sodass die Bedingungen für die unnatürliche Unterwerfung beseitigt werden.
  • Auch die Veränderung des Vaters könnte anhand eines psychoanalytischen Ansatzes erklärt werden:
    • Kaum ist Gregor verwandelt, erlangt der Vater seine Autorität zurück und nach dem Tod Gregors bekommt der Vater die volle Zuwendung von Ehefrau und Tochter.
Gesellschafts- und sozialkritischer Ansatz
  • Entfremdung im Beruf führt zur Entfremdung vom eigenen Ich
  • lange Arbeitszeiten und schlechte Arbeitsbedingungen
  • ständige Angst vor Misserfolg und Kündigung
  • die Kritik an der Gesellschaft wird in diesem Buch aber nicht nur an der Berufswelt deutlich, sondern auch an der Familiensituation
  • Hinterhältigkeit und Verlogenheit der Gesellschaft
  • Kälte und Herzlosigkeit
Biografischer Ansatz
  • zwischen Franz Kafka und Gregor Samsa gibt es einige Parallelen
  • auch Kafka hatte eine jüngere Schwester, zu der ein enges Verhältnis pflegte
  • zu seinem Vater hatte Kafka (so wie auch Gregor Samsa) ein gestörtes Verhältnis
  • beide Vaterfiguren sind sehr dominant
  • Ebenfalls hatte Kafka einen ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex, da der Vater seine Leistungen nicht anerkannt hat.
  • Verwandlung in ein Tier ist also ein Ausdruck von Minderwertigkeitskomplexen, die Resultat einer übertriebenen autoritären Erziehung sind.
  • Die Ehelosigkeit Gregors entspricht der Unfähigkeit Kafkas, eine dauerhafte Liebesbeziehung einzugehen.

Expressionismus und Kafka

  • schrieb die Verwandlung 1912 → zeitgeschichtlich gehört es zum Expressionismus
  • ist dem Expressionismus nur am Rande zuzuordnen
  • untypisch für Expressionismus:
    • Gregors Tod ist letztendlich sinnlos und es wird nicht klar, wieso er sich verwandelt hat
    • benutzt herkömmliche Erzählform
  • typisch für Expressionismus:
    • befasst sich mit Gesellschaftskritik → Vater-Sohn-Konflikt
    • Perspektivlosigkeit → Gregors Situation ist ausweglos (vereinsamt immer mehr, Kommunikationsversuche werden missverstanden, fühlt sich schwach und minderwertig, keine Beziehung zu Mitmenschen)

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Genauere Betrachtung und Bezug zu Franz Kafka

Wirken eines Insektes

  • Ekel
  • nimmt alles menschliche
  • entwürdigend
  • untergeordnet
  • wie aus einer anderen Welt
  • unerwünscht
  • keinerlei Akzeptanz
  • lästig & „nutzlos“
  • schutzlos
  • Schädling → Schädlingsbekämpfung
  • gruselig
  • Distanz
  • befremdlich
  • Bedrohung
  • Krankheit
  • Unverständnis für eine andere Lebensform
  • Gefühl der Unterlegenheit
  • Nutzlosigkeit des Daseins
  • Fremdheit (Aussehen)
  • Ekel (Assoziation zu Schmutz, Unordnung)
  • Belästigung (Störung der individuellen Bedürfnisse)
  • Wut/Frustation
  • Angst/Phobien (Unberechenbarkeit)

Bei genauerer Betrachtung fallen noch andere Verwandlungen auf, als die von Gregor.

  • Verwandlung von Gregor: vom normalen Menschen zum Käfer.
  • Verwandlung des Vaters: vom kranken, arbeitslosen Mann zum gesunden Arbeitnehmer, sowie vom Nutznießer zum Versorger
  • Verwandlung der Schwester: von der Verbündeten Gregors zu seiner Feindin, vom Kind zur erwachsenen Frau, von der Abhängigkeit zur Selbstständigkeit
  • Verwandlung der Mutter: von der schwachen Person zur vollwertigen Mutter
  • Verwandlung der Familie Samsa: von einer anormalen Familie, zu einer normalen Familie

Einige der Verwandlungen können jedoch auch angezweifelt werden. Beispielsweise muss die Frage gestellt werden, ob Gregor letztlich nicht schon immer in der Familie wie Ungeziefer behandelt wurde und ob der Vater wirklich vor Gregors Verwandlung so schwach war, wie er sich immer gezeigt hat und war Gregors
Schwester vor der Verwandlung tatsächlich seine Verbündete, oder hat sie nur so getan.

Was ist der Unterschied zwischen vor und nach der Verwandlung?

Die Verwandlung scheint auf den ersten Blick alles zu verändern, genau betrachtet hat sich eigentlich nicht wirklich viel verändert. Nach der Verwandlung wird er von der Familie ausgegrenzt, jedoch war dies, in abgeschwächter Form, schon vorher der Fall. Er selbst stellt fest, dass er zwar immer Geld verdient hat, gleichzeitig jedoch keine Zuneigung von der Familie erfährt. Zeitgleich treiben ihn die Gedanken an den übermächtigen, brutalen Vater an. Gregor wurde schon zuvor wie ein Ungeziefer behandelt. Er musste seine Gefühle in Bezug auf den verhassten und auf seine ersehnte Partnerin unterdrücken und hat sich dadurch selber entmenschlicht. Er wurde wie ein Tier im Menschenkörper behandelt, nun ist er ein Mensch im Tierkörper. Was geschehen ist, war keine wirkliche Verwandlung im Sinne einer „Kehrtwende“. Stattdessen ist das, was ohnehin schon der Fall war, durch die Verwandlung symbolisch auf die Spitze getrieben worden.

Bezug zu Kafka

Er hat eine harte Schale, die ein weiches Inneres schützt. Dies erinnert sehr an Kafkas Charakter, der ebenfalls als sensibel galt und eine psychologische Schutzmauer aufbaute, um nicht ständig verletzt zu werden. In Gregors Fall ist dabei hervorzuheben, dass offenbar selbst der scheinbar harte Panzer in Wahrheit nicht sehr stabil ist (Apfelwurf des Vaters S. 43, Z. 28 ff.). Zudem lebt ein Käfer auf dem Boden und muss zu den Menschen hinaufschauen. Die unterschiedliche Körpergröße ist nicht nur ein typisches Symbol für Machtunterschiede. Auch kann er kaum noch alleine Türen öffnen, etwas, was für einen normalen Menschen eine völlige Selbstverständlichkeit ist.

Auch gibt es weitere Gemeinsamkeiten zu Kafkas Leben: So lebte auch Kafka als Berufstätiger und Erwachsener lange bei seinen Eltern, erlebte einen dominanten Vater und seine zunächst gute Beziehung zu seiner Schwester verschlechtert sich. Außerdem fühlte sich Kafka ebenso wie Gregor in seiner eigenen Familie als „Fremder“ („Ich lebe in meiner Familie unter den besten, liebevollsten Menschen, fremder als ein Fremder“). Diese Parallelen zu Gregor und Greta und ihren Eltern erlauben diese Interpretation des Werkes als Reflexion von Kafkas eigenem Leben.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich „die Verwandlung“ bei diesem Interpretationsansatz als Metapher für seine eigene Position innerhalb seiner Familie deuten.

  • zwischen Kafka und Gregor gibt es einige Parallelen
  • Kafka hatte auch eine jüngere Schwester, zu der er ein enges Verhältnis hatte
  • zum Vater hatte er ebenfalls ein gestörtes Verhältnis
  • beide Vaterfiguren sind sehr dominant
  • Kafka hatte auch einen ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex, da sein Vater seine Leistungen nicht anerkannte
  • Ehelosigkeit Gregors entspricht Unfähigkeit Kafkas, eine dauerhafte Liebesbeziehung einzugehen
  • musste Aufgabe des Ernährers nach Krankheit und folgenden beruflichen Misserfolgen des Vaters übernehmen
  • Leben als erwachsener, berufstätiger Sohn bei Eltern
    • Verwandlung Gregors in einen Käfer ist der Ausdruck von Minderwertigkeitskomplexen, die Resultat einer übertriebenen autoritären Erziehung sind
    • Kafka verarbeitet sein Trauma mit Gregor

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