Schiller, Friedrich - Die Räuber (Charakterisierung Franz von Moor)

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Referat

Friedrich Schiller – Die Räuber (Charakterisierung Franz von Moor)

Charakterisierung: Franz von Moor

Franz von Moor ist der zweitgeborene Sohn des Grafen Maximilian von Moor im Drama „Die Räuber“ von Friedrich Schiller aus dem Jahr 1781. Das Werk kann der Epoche des Sturm und Drang sowie der Aufklärung zugeordnet werden. Als der Jüngere und Zweitgeborene hat er im Gegensatz zu seinem Bruder Karl von Moor, trotz seiner adligen Herkunft keinen Anspruch auf das Erbe, weshalb es zwischen den beiden Brüdern zu Rivalitäten kommt.

Franz von Moor ist einer der Protagonisten neben seinem Bruder Karl von Moor, seinem Vater Maximilian von Moor und Amalia von Edelreich. Sein Alter ist nicht genau bekannt, liegt jedoch zwischen 20 und 30 Jahren. Er lebt bei seinem Vater im moorischen Schloss in Franken. Seine Mutter ist früh verstorben, weshalb Karl und sein Vater seine einzigen Bezugspersonen aus seiner Familie sind. Seine Familie gehört zu der wohlhabenderen und höheren Gesellschaftsschicht, da sein Vater der Graf ist und sie somit zum Adel gehören. Anhand ihres Schlosses, deren Bediensteten und eines teuren Studiums von Karls lässt sich dies unterstreichen.

Das Aussehen des Protagonisten wird nicht ausführlich beschrieben, jedoch gilt er als äußert hässlich. Er selbst meint, in seiner abstoßenden Hässlichkeit von der Natur benachteiligt zu sein. Es ist die Rede von „Lappländernase“, „Mohrenmaul“ und Hottentotten Augen“ (S. 14, Z. 37 & 38). Mit den Worten „Wirklich, ich glaube, sie hat von allen Menschenorten das Scheußliche auf einen Haufen geworfen und mich daraus gebacken“ (S. 15, Z. 1-4) verdeutlicht er seine Sicht auf sein Aussehen und gibt der Natur daran die Schuld. Er betont seine Frömmigkeit, seine Häuslichkeit und sein Pflichtbewusstsein als Jugendlicher.

Franz leidet seit seiner Kindheit stark unter der Benachteiligung seines Vaters, denn sein Bruder Karl ist dessen „Schoßkind“ (S. 14, Z. 24), das seine ganze Zuneigung und Liebe erhält. Durch diesen Zuneigungs- und Liebesentzug entwickelt Franz sich zu einem hasserfüllten Verstandsmenschen, der alles komplett durchdenkt und analysiert. Nicht nur deswegen entwickelt sich sein Neid und seine Wut gegenüber Karl, sondern auch aus dem Grund, dass er nicht der erbberechtigte Sohn ist und ihm somit jegliche Macht vorenthalten bleibt. (S. 15, Z. 3 f.). Die Rivalitäten zwischen den Brüdern werden durch Amalia nochmals verstärkt. Amalia von Edelreich ist die Geliebte und Verlobte Karls, jedoch möchte auch Franz Amalia für sich gewinnen bzw. sie besitzen. Amalia hingegen hält nicht viel von Franz und weist ihn immer ab. Sie bezeichnet ihn als „Unmenschen! Schämt euch ihr Drachenseele, ihr Schande der Menschheit!“ (S. 34, Z. 15-19). Dieser über Jahre angestaute Hass führt dazu, dass Franz sich ungerecht behandelt fühlt, unter starken Minderwertigkeitskomplexen leidet und nun alles mit der Kraft seines Verstandes „bereinigen / büßen“ will.

Sein Verhalten, seine Emotionen, sein Verstand und Intellekt lassen sich mittels dieser Hilflosigkeit und widrigen Umstände begründen. Er gilt daher als äußerst begabt in der Rhetorik und im Schauspiel, was schon zu Beginn des Dramas deutlich wird. Denn er liest seinem Vater einen von ihm gefälschten Brief vor, in dem über schreckliche Taten des Erstgeborenen berichtet wird (vgl. S. 8 & 9, Z. 30 ff.). Mit diesem selbst geschriebenen Brief versucht er einen Keil zwischen seinem gesundheitlich angeschlagenem Vater und Karl zu treiben, sodass der alte Moor dann Karl verstößt und enterbt. Durch dieses intrigante und heimtückische Verhalten manipuliert er ihn. In seinen manipulativen Argumentationen argumentiert er oftmals mit den Regeln und Gesetzen der Bibel, die er beherrscht, obwohl er nach den Informationen aus allen Akten selbst ein Atheist ist (vgl. Akt 5, Szene 1 Gespräch mit Pastor Moser). Dieses angeeignete Wissen nutzt er, indem er sich von religiösen, moralischen und familiären Ordnungen löst und nach seinen eigenen Vorstellungen, die aus Materiellem, Macht und Herrschsüchtigkeit bestehen, strebt. Sein Materialismus reduziert Menschen und ignoriert jegliche Werte- und Moralvorstellungen sowie menschliche Gefühle und Emotionen. Dies zeigt sich besonders in der ersten Szene des zweiten Aktes, in der er überlegt, wie er seinen Vater „diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch“ (S. 40, Z. 3 & 4) beseitigen kann. Er ist nicht fähig zu lieben, sondern nur zu begehren, sodass er nicht einmal für seinen Vater Zuneigung empfindet. Dadurch, dass es sein Ziel ist, das Erbe an sich zu reißen, stellt er einen perfekt inszenierten Plan auf, wie er seinen Vater dazu verleiten kann, seinen Bruder zu enterben. Er lässt seine Pläne jedoch von anderen ausführen, was auf ein schwaches und feiges Verhalten hindeutet (vgl. S. 98 Auftrag an Daniel). Seine Begierde ist so groß, dass er vor nichts zurückschreckt und sogar seinen eigenen Vater durch eine Intrige aus dem Weg räumt. Mit den Worten „Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin“ (S. 17, Z. 8-10) verdeutlicht er seine Skrupellosigkeit und wie er sein Ziel durch „Gewalt“ erreichen will. Franz entpuppt sich immer mehr als Rationalist und Egoist, der jegliche moralische Grenzen ohne Mitleid überschreitet. Er rechtfertigt seine Handlungen mit den Worten „Ich habe große Rechte, über die Natur ungehalten zu sein und bei meiner Ehre!“ (S. 14, Z. 31 & 32). Zudem fühlt Franz sich seinen Mitmenschen überlegen (vgl. S. 15, Z. 32-34). Als sein Plan aufgeht und der alte Moor Karl enterbt, will er auch noch Amalia, aufgrund seiner Gier nach Besitz, für sich gewinnen. Amalia jedoch durchschaut als einzige seine Hinterhältigkeit und weist ihn jedes Mal aufs Neue zurück und ist ihrem Karl treu. Daher droht er ihr mit Gewalt und missachtet ihre Rechte als Mensch (vgl. S. 82, Z. 22 & 23). Bis zur überraschenden Rückkehr Karls hat Franz weder Angst noch ein schlechtes Gewissen. Doch als Karl die Pläne von Franz unwissend durchkreuzt, indem er ins Schloss zurückkehrt, wird Franz von seinem Unterbewusstsein eingeholt. Sein schlechtes Gewissen und die Angst, dass Gott existiert und sich an ihm rächen will, hat ihn dazu angetrieben zu Gott zu beten, obwohl er nicht gläubig ist (vgl. S. 135, Z. 22-24). Er ist geplagt von Wahnvorstellungen und Träumen (vgl. S. 126 f.), sodass er schlussendlich den Tod durch eigene Hand wählt anstatt sich seinem Schicksal, den Strafen und der Räuberbande zu stellen (vgl. S. 136, Z. 22).

Dem Protagonisten Franz wird während des gesamten Dramas eine sehr rationale und überlegte Sprache zugeordnet, wie beispielsweise im zweiten Aufzug der ersten Szene, in der Franz in seinem Monolog durch rationales Denken überlegt, wie er seinen Vater ausschalten kann (vgl. S. 41). Anhand dessen wird deutlich, dass jeder kleinste Schritt seines Plans durchdacht ist. Er ist eine in sich gekehrte Person, die in seinen Selbstgesprächen neue Intrigen aufstellt und rechtfertigt. Auffallend sind seine Äußerungen, die viele Fragepronomen beinhalten (vgl. S. 12). Dies deutet darauf hin, dass er alles infrage stellt und die Dinge genau analysiert. Anhand seiner Wortwahl und dem Tonfall kann man erkennen, dass er sehr zynisch, boshaft und egoistisch ist (vgl. S. 17, Z. 7-11).

Im Drama fallen Franz und sein Bruder Karl besonders durch ihre Gegensätzlichkeit auf. Sowohl ihre Kindheit, ihr jetziges Leben und das Streben nach Interessen unterscheiden sich deutlich. Franz beneidet seinen Bruder in mehreren Punkten und will ihn daher mit allen Mitteln verdrängen. Dazu beigetragen hat das Verhalten des Vaters in deren Kindheit, da er nur Karl seine Zuneigung schenkte. Daher hat Franz sich zu einem gefühllosen, „kaltem, hölzernen, trockenen Alltagsmenschen“ (S. 11, Z. 4 f.) entwickelt, der keinerlei Rücksicht auf seine Mitmenschen nimmt. Dahingegen ist Karl sehr auf seine Mitmenschen bedacht und möchte vermeiden, dass jemand Schaden von etwas davonträgt. Zudem strebt er im Gegensatz zu Franz nach Gerechtigkeit und moralischen, kirchlichen Ordnungen. Ihre Gegensätzlichkeit lässt sich ebenso durch Epochen unterstreichen. Franz ist Vertreter der Aufklärung, wohingegen Karl die Epoche Sturm und Drang vertritt. Trotz dieser Gegensätzlichkeit weisen sie auch Gemeinsamkeiten auf. Denn beide wollen außergewöhnliche Taten vollbringen und sich dabei in keiner Weise einschränken lassen. Außerdem begründen beide ihre Verbrechen aus Ungerechtigkeit, die ihnen zugeführt wurden.

Franz verkörpert das Gegenteil vom Ideal des Sturm und Drang und agiert als Kontrastfigur zum idealistischen Karl. Er ist listig, skrupellos, egoistisch, brutal und dies ohne Scheu. Er zeichnet sich durch ein sehr rationales und aufklärerisches Denken aus, das seine eigenen Bedürfnisse, wie das Machtstreben und den Materialismus, in den Vordergrund stellt. Die Religion und den Aberglauben lehnt er strikt ab. Alles Göttliche im Menschen leugnet er oder wertet es stark ab. Er sieht das Dasein als ständigen Konkurrenzkampf ums Überleben. Das, was ihm an Emotionen und Selbstakzeptanz fehlt, kompensiert er durch seine Rationalität. Seine aufklärende Vernunft und Rationalität setzt er als Waffe gegen seine Rivalen ein. Aufgrund dieses Verhaltens und Denkweise kann festgestellt werden, dass Franz die Strömung der Aufklärung verkörpert. Er verfolgt ein materialistisches und radikales Weltbild. Ein weiteres Merkmal seiner aufklärerischen Vernunft ist, dass er die Natur beherrschen will und diese durch Rationalität kontrollieren möchte. Erkennbar ist dies an seinen Worten „Ich habe große Rechte, über die Natur ungehalten zu sein, und bei meiner Ehre! Ich will sie geltend machen“ (S. 14, Z. 31 f.), die verdeutlichen, dass er die Natur verurteilt und sie als Macht ansieht, die sich gegen ihn stellt.

Zusammenfassend lässt sich Franz vor Moor als ein Rationalist mit boshaften, egoistischen, zynischen, kühlen und mitleidlosen Eigenschaften, der jegliche moralische Grenzen überschreitet, charakterisieren. Er ist nicht fähig zu lieben, sondern nur Neid und Hass zu verspüren, was auf seine Kindheit zurückzuführen ist, in der er keine Zuneigung erhielt, sowie auf das ihm vorenthaltene Erbe. Somit entstand sein Verhalten, bei dem er Intrigen gegen seine eigene Familie plant, um nun selbst an die Macht und an das Erbe zu gelangen.

Der Protagonist hat während des Dramas kaum eine Verhaltensänderung durchlaufen. Er plant durchgängig Intrigen, um seine Ziele zu verwirklichen. Richtung Ende hin hat ihn jedoch zum ersten Mal sein schlechtes Gewissen und die Angst vor Gottes Existenz und seiner Bestrafung eingeholt. Daher betet er kurz vor seinem Selbstmord, trotz seiner Ungläubigkeit. An dieser Stelle verändert sich sein Verhalten, sodass er sich sein Leid und seine Angst durch den Tod nimmt, was der Leser voraussichtlich nicht geahnt hat. Trotzdem ziehen sich seine Ansichten und sein rationales, aufklärerisches Denken durchs ganze Drama. Franz von Moor stellt die Figur des intelligenten, rationalen Bösewichts der Handlung und des Dramas dar. Seine Bedeutung und seine Wirkung liegen nicht nur in seiner monströsen Boshaftigkeit, sondern vor allem darin, dass er durchgängig nach den Prinzipien/Merkmalen der Aufklärung handelt. Dadurch, dass er die Aufklärung verkörpert, lassen sich Problematiken aus dieser Strömung erkennen. Im Vordergrund steht dabei die Frage, welche Kräfte den Menschen Orientierung verschaffen, wenn sie die Moral und das Gewissen nicht besitzen bzw. verdrängt haben.

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