Direkte Demokratie - Sollen in Deutschland direktdemokratische Elemente auf Bundesebene eingeführt werden?

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Referat

Direkte Demokratie – Sollen in Deutschland direktdemokratische Elemente auf Bundesebene eingeführt werden?

Der Begriff Demokratie leitet sich vom altgriechischen „demokratia“ (gr. „Herrschaft des Volkes“) 2 ab. Wäre es dann nicht logisch, wenn dem Volke in einem demokratischen Land wie Deutschland so viel Macht und Entscheidungsgewalt wie möglich zukommen würde, um dem selbst ernannten Status der Demokratie gerecht zu werden? Ein Prinzip zur Steigerung der Werte ist das Einführen von direktdemokratischen Elementen auf Bundesebene. Forderungen nach dieser kommen seit den 1960er-Jahren immer wieder auf 3, da sie das Potenzial haben, unsere Demokratie etwas demokratischer zu machen. Doch ist es wirklich eine vernünftige Idee, diese ergänzend einzuführen?

Die deutsche Demokratie ist eine Demokratie repräsentativer Art. Die Bürger wählen Volksvertreter, welche das Parlament stellen, die Regierung wählen und die Interessen als Parteimitglieder vertreten. 4 Direkte Demokratie, auch unmittelbare Demokratie genannt, ist ein Verfahren bzw. politisches System, in dem die Bevölkerung einen Teil der Agenda durch Wahlen direkt entscheidet. Im Unterschied zur Basisdemokratie oder auch Anarchie gibt es jedoch politische Vertreter, die den Großteil der legislativen Macht inne haben. Genauso wird die direkte Demokratie aber auch vereinzelnd bei speziellen Entscheidungsverfahren in Ländern mit repräsentativer Demokratie angewandt, wie es auch in Deutschland der Fall sein könnte. 5, 6

Immer wieder erklingen deutschlandweit Kritik und Unmut am politischen System. Probleme wie schwindende Wahlbeteiligung, sinkende Demokratiezufriedenheit und fehlendes Vertrauen in System und Politiker tragen dazu bei 7. Doch was kann die direkte Demokratie gegen Probleme wie diese ausrichten und welche verursacht sie sogar selbst?

Gegen die Einführung einer direkten Demokratie würde erst mal vorneweg das Argument der schlechten Erfahrung in der Weimarer Republik sprechen, welches bereits zu Gründungszeiten der BRD gegen direktdemokratische Elemente sprach 8. Vielleicht wäre die logische Schlussfolgerung jedoch nicht, das System zu verdammen, sondern es zu verbessern und zu optimieren. Außerdem ändern sich die Zeiten, weshalb Politik in einer Demokratie niemals statisch und verschlossen gegenüber neuen Forderungen sein sollte.

Begründet man historisch, lohnt es sich zudem neben den negativen auch positive Beispiele wie das Antike Athen näher zu beleuchten. Die Demokratie der Stadt gilt mit ihrem Grundsatz „ta politika“ (gr. sinngemäß Politik ist die Angelegenheit des / jeden Bürgers in der Stadt) als direkte Demokratie. Genau mit diesem Leitspruch zählt sie aber auch als Vorbild und Wegweiser der meisten modernen Demokratien, wird sogar teilweise als das demokratischste aller Systeme gesehen. 9

Um das Volk von seinen Interessen zu überzeugen, kann es zu Manipulationen wie der Überdramatisierung von Fakten kommen, wie beispielsweise zu Zeiten des dritten Reiches. Heutzutage ist die breite Masse jedoch deutlich aufgeklärter, wodurch populistisches Verhalten, vorrangig von Rechts, deutlich kritischer begutachtet wird und wir leben in einem Zeitalter der Toleranz, das Deutschland in seiner Geschichte noch nie so ausgeprägt wahrnehmen durfte. Beispiele anderer Länder zeigen sogar, dass Bürger durch die direkte Demokratie allgemein besser, zum Teil sogar besser als Repräsentanten repräsentativer Demokratien, informiert und politisch engagiert sind 10. Des Weiteren ist der Populismus an sich nicht negativ, solange er nicht in Extremismus resultiert. Er wird oft durch Anzweiflung der Entscheidungen von den Politikern „da oben“ erkenntlich 13. Bei der direkten Demokratie wäre es dann die Entscheidung der Mehrheit des Volkes „da unten“, was populistischen Spielraum nehmen würde.

Am Beispiel des Brexits, in dem russische Hacker nachweislich die Meinungsbildung für das Plebiszit beeinflussten, wird eine dunkle Seite der modernen Manipulation bezüglich der Anfälligkeit dessen der direkten Demokratie erkenntlich. Dem muss man aber auch hinzufügen, dass man ein System nicht verurteilen sollte, weil es Opfer von hochgradig illegalen Machenschaften werden kann. Des Weiteren wurden selbst bewährte Demokratieformen wie die präsidiale US-Wahl 2016 durch Hackerangriffe maßgeblich beeinflusst 11. Dass vor allem die großen politischen Verbände und Firmen Mittel und Macht haben, um die Meinung der Bürger zu beeinflussen, wird nicht nur bei der direkten, sondern bereits bei der repräsentativen Demokratie ersichtlich. Zusätzlich können Rechtswidrigkeiten in der Politik durch zu große Macht wie das Handeln der polnischen Regierung 12 oder zu großer Einfluss des Lobbyismus 7 (siehe https://www.lpb-bw.de/) in Ihrer Wirkung minimiert werden.

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Für die Einführung einer direkten Demokratie würde sprechen, dass die Politikverdrossenheit in Deutschland sinken könnte. Auch wenn eher in Maßen, könnte man davon ausgehen, dass das direktere System der Demokratieverdrossenheit entgegenwirken könnte. Demokratieverachtung resultiert laut Iris Huth hauptsächlich, da bürokratische Entscheidungen als zu langwierig empfunden und die Bürger sich nicht mehr gehört fühlen würden 7, was mit direkten Abstimmungen anders sein könnte. Genauso könnten Bürger, die aufgrund von fehlendem Vertrauen und Interesse in Parteien und Politiker nicht wählen gehen, was laut verschiedenen Studien ein wichtiger Grund ist 7, zumindest bei den direkt demokratischen Volksentscheiden unabhängig von Parteien und Politikern zum Wahlgang animiert werden. Es ginge nicht mehr um eine Politisierung von Menschen und deren Sympathien, sondern um die Sache selbst 13, was sich sehr positiv auf die allgemeinpolitische Debatte auswirken kann.

Durch die Möglichkeit zu Bürgerinitiativen oder -begehren 13 würde sich die allgemeine politische Partizipation vermutlich steigern. Die Interessenvertretung könnte, vor allem auch für politische Minderheiten, vom Wahlprogramm einer Partei unabhängig in Plebisziten optimiert werden. Dass die Mitgliederzahlen der meisten Parteien rückläufig sind, zeigt vermutlich, dass die Zufriedenheit mit der Interessenvertretung durch Parteien nicht mehr hundertprozentig gegeben ist 14.

Die politische Unmündigkeit kann theoretisch genauso gesteigert werden, da das System für den einfachen, meistens weniger gebildeten und finanziell schlechter aufgestellten Bürger noch undurchdringlicher wird, wodurch die Gesellschaft sozial gespaltet wird 14. Jedoch ist das auch schon momentan der Fall 15. Wie Winston Churchill einst sagte: „Niemand behauptet, dass Demokratie perfekt ist oder der Weisheit letzter Schluss. In der Tat wurde gesagt, dass Demokratie die schlechteste Regierungsform ist, mit Ausnahme all der anderen Formen, die gelegentlich ausprobiert wurden“ 16. Missstände werden niemals ganz aufgelöst. Die Aufgabe einer (sozialen) Demokratie ist es aber, kompromissbereit möglichst viele Lösungen für diese finden.

Wirtschaftlich gesehen steigert sich der Ertrag sogar meistens, umso größer die Möglichkeiten für Mitsprache des Volkes sind. Ebenfalls stellte sich in Studien heraus, dass der Anstieg der Staatsausgaben in Gemeinden mit einem direktdemokratischen im Durchschnitt etwa drei Prozent niedriger als mit einem repräsentativen Finanzhaushalt waren. 10, 17

Die Schweiz geht beispielsweise als Vorbild für die Funktion der direkten Demokratie voran. Genau wie in Deutschland gefordert, wird die repräsentative durch die direkte Demokratie ergänzt. Auch wenn die Wahlbeteiligung wegen der mal größeren und mal kleineren Bedeutung für die Bevölkerung schwankt 18, bewährt sich der Gedanke von Volksentscheiden in seiner Effektivität im Allgemeinen durchaus. Das Argument der Kompatibilität zwischen Wirtschaft und direkter Demokratie wird gestützt, da die Schweiz das zweithöchsten BIP pro Kopf hat, welches mit etwa 87.000 USD fast doppelt so hoch ist wie das deutsche (46.000 USD) 19.

In Norwegen, welches heute das dritthöchste BIP 19 und mit 9,81 den weltweit höchsten Demokratieindex hat, wurden ebenfalls 20, wenn auch nur sechs Mal, Plebiszite auf Bundesebene vollzogen 21.

Rechtlich gesehen müsste zwar das Grundgesetz geändert werden, dies ist unter Berücksichtigung des folgenden Artikels aber möglich. Nach Art. Artikel 79 Abs. Absatz 3 Grundgesetz werden dadurch nicht „[…] die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in Artikel 1 [siehe https://www.gesetze-im-internet.de/] und 20 [siehe https://www.gesetze-im-internet.de/] niedergelegten Grundsätze berührt […].“. 22 Da sich Aspekte der direkten Demokratie bereits auf Kommunal- und Landesebene bewiesen haben, wäre sie nicht unfundiert und willkürlich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sinnvoll sein kann, in Deutschland die direkte Demokratie ergänzend auf Bundesebene einzuführen. In einer Demokratie gilt es, als Repräsentant dem Gesamtinteresse des Volkes zu dienen. Durch direkte und unmittelbare Volksentscheide ist es möglich, das Mehrheitsinteresse des Volkes herauszukristallisieren und als qualifizierter Repräsentant seine Expertise zu nutzen, diesem auf bestmögliche Weise nachzugehen. Gewisser, von Fachleuten bis ins kleinste Detail ausgeklügelter Regulierungen wie eine Mindestwahlbeteiligung bedarf es aber trotzdem, damit die direkte Demokratie sich nicht negativ auf das Land auswirkt. Aus selbigem Grund sollten Volksentscheide im Vorhinein umfassend thematisiert und vor allem in ihren Folgen aufgeklärt werden.

Die Demokratieform sollte nur unter strengen Auflagen und speziellen Voraussetzungen, welche die Bürger direkt, großteils und schwerwiegend betreffen, angewandt werden. Ähnlich kann es funktionieren, wie im Beispiel des Brexits in dem sonst nicht direkt demokratischen Großbritannien. Inspirieren lassen könnte man sich des Weiteren durch andere Länder wie der Schweiz, um trotz der Negativpunkte die deutsche Demokratie nach der altgriechischen Definition etwas demokratischer machen zu können.

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Quellenverzeichnis:

  1. Agenda Austria (06.12.2016). Was Rechtspopulisten erfolgreich macht,
    https://www.agenda-austria.at/, letzter Zugriff: 07.12.2021
  2. Unbekannt (2011). Demokratie, https://m.bpb.de/, letzter Zugriff: 21.12.2021
  3. Autorentext (unbekannt). Material 7 Volksabstimmung
  4. explainity® Erklärvideos (04.08.2014). Demokratie einfach erklärt (explainity® Erklärvideos), https://youtu.be/, letzter Zugriff: 27.12.2021
  5. Unbekannt (unbekannt). Direkte Demokratie, https://m.bpb.de/, letzter Zugriff: 23.12.2021
  6. „Blauer Heinrich“ (November 2021). Direkte Demokratie – Herrschaftsform und einzelne politische Entscheidungsverfahren, https://de.m.wikipedia.org/, letzter Zugriff: 18.12.2021
  7. MrWissen2go (10.05.2017). Ist unsere Demokratie am Ende? | Faktencheck, https://youtu.be/, letzter Zugriff 27.12.2021
  8. Unbekannt (2001). Aus „Die deutsche Demokratie im Unterricht“: Einwände gegen die direkte Demokratie, Bonn: hrsg. Von der bpb
  9. Vorländer, Professor Dr. Hans (04.05.2017). Grundzüge der athenischen Demokratie, https://m.bpb.de/, letzter Zugriff: 26.12.2021
  10. ANLAGE AUF LANIS HOCHGELADEN: Kirchgässner, Gebhard (unbekannt). Wirtschaftliche Auswirkungen der direkten Demokratie, letzter Zugriff: 28.12.2021
  11. Regie Doran, Jamie (26.08.2020). FSB und Putins Russland – Schwert und Schild- Russlands Geheimdienste (3/3), letzter Zugriff: 27.12.2021
  12. Simplicissimus (03.12.2017). Wie in Polen der Rechtsstaat untergeht, https://youtu.be/, letzter Zugriff: 27.12.2021
  13. MrWissen2go (27.06.2021). Volksentscheide auf Bundesebene? Her damit! | #mirkosmeinung, https://youtu.be/, letzter Zugriff 28.12.2021
  14. Holtmann, E. (2017). Aus „Der Parteienstaat in Deutschland“: Abgekoppelte Unterschicht, eine unerwünschte Nebenfolge der direkten Demokratie, Bonn: bpb
  15. ANLAGE AUF LANIS HOCHGELADEN („Schaefer […]“): Schäfer, Dr. Armin (September 2009). Wer geht wählen? Die soziale Schieflage einer niedrigen Wahlbeteiligung, letzter Zugriff: 29.12.2021
  16. MrWissen2go Geschichte (23.09.2021). Demokratie: Die beste aller Staatsformen?, https://youtu.be/, letzter Zugriff 27.12.2021
  17. Frey, Bruno S. (19.03.2014). Wie vertragen sich direkte Demokratie und Wirtschaft?, https://www.nzz.ch/, letzter Zugriff: 28.12.2021
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