Kafka, Franz - Der Aufbruch (Analyse)

Schlagwörter:
Franz Kafka, Analyse, Interpretation, Referat, Hausaufgabe, Kafka, Franz - Der Aufbruch (Analyse)
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Referat

Der Aufbruch von Franz Kafka (Interpretation / Analyse)

Der 1922 verfasste Kurzprosatext „Der Aufbruch“ von Franz Kafka, handelt von einer Person, die seine Heimat per Pferd mit ungewissem Ziel verlässt. Diese Erzählung entsprang in der Epoche des Expressionismus und wurde vier Jahre nach dem Ersten Weltkrieg verfasst.

Anzumerken ist, dass der Text postum von Max Brot, Kafkas Studienfreund, veröffentlicht worden ist. Dieser gab der Erzählung auch den Titel „Der Aufbruch“, welcher schon das Metathema zusammenfasst, aufbrechen und „weg“-gehen. Dazu zeigt der Text parabelartige Züge, vermutlich wollte Kafka damit seine 1917 ausgebrochene Lungentuberkulose und seine immer schlechter werdende Verfassung verarbeiten und zum Bewegen motivieren.

Doch wie so oft in Kafkas Werken fehlt am Ende die lehrreiche Aussage der Parabel. Daher kann der Leser nur vage Vermutungen anstellen, um diese zu interpretieren. Doch sicherlich lässt sich sagen, dass Kafka mit dieser Erzählung den Leser zum Denken anregt und viele Fragen in ihm erweckt.

Der Kurzprosatext ist mit zwölf Zeilen recht übersichtlich. Dabei besteht fast die Hälfte der Parabel aus wörtlicher Rede, welche von Zeile fünf bis zum Ende verläuft. Auffällig sind kurze Satzstrukturen, welche dem Leser immer mehr Fragen bereitet. Es wirkt, dass man mehr über das Geschehen und die Umgebung erfahren will, doch verrät uns die komprimierte Schreibweise Kafkas nicht viel und lässt uns im Unwissen stehen. Dies findet sich auch in der „Aufbruch“ wieder, wie der Protagonist dem „Diener“ (Z. 1) keine hilfreiche Antwort auf sein „Ziel“ (Z. 8) gibt, bietet Kafka uns auch keine genauen Antworten auf das weitere Geschehen. Die Erzählperspektive ist aus der Sicht des Protagonisten, also handelt es sich um einen Ich Erzähler. Daher ist die Stimmung aus seiner Perspektive zu sehen. Auch schon in der Überschrift wird diese eingefangen, mit der „Aufbruch“, da es sich um etwas Plötzliches und Hektisches handelt. Die schon oben genannten kurzen Sätze führen auch zu einem gedrängten Lesegefühl und wirkt grotesk auf den Leser. Auffallend ist auch die hervorgehobene Aussage des Protagonisten „Weg-von-hier“ (Z. 8) welche aggressiv die Absichten des Protagonisten wiederholt.

Zur aggressiven Aussage muss man die Charaktere genauer in Betracht ziehen. Wie so oft in Kafkas Werken handelt es sich hier um nur zwei unbenannte Akteure, welche man zum Beispiel auch in „Entlarvung eines Bauernfängers“. Der Protagonist ist der „Herr“ (Z. 5) aus wessen Sicht diese Parabel auch erzählt wird. Dieser ist im Besitz eines „Diener[s]“ (Z. 1) welcher die Rolle des Antagonisten einnimmt. Daraus lässt sich schließen, dass die Person aus der höheren Schicht kommt. Sie ist, wie schon oben erwähnt, im Gegenzug zum Diener sehr hektisch und angespannt. Dazu hört nur der Protagonist die personifizierten „Trompeten“ töne, welche auf Halluzination und Einbildung zurückzuführen sind. Wie schon zuvor erwähnt, stellt man in Zeile acht eine aggressive Aussage des Protagonisten fest, welche auch auf den Stress zurückzuführen ist. Die Aussage „zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise“ zeigt die Furcht vor dem Aufbrechen und dem Unbekannten und dennoch spricht er von Glück, welches ihm dabei widerfährt. Dies sind schon fast zwei gegenüberstehende Aussagen: Glück und Ungeheuer. Anmerkend sind Gegenüberstellungen sehr stilistisch für Kafkas Werke. Der Herr hat auch den größten Redeanteil der Charaktere. Der Diener versteht nicht ganz, was sein Herr von ihm will und deshalb hört er nicht direkt auf seinen Befehl(vgl. Z. 1). Er sorgt sich aber auch um seinen Herrn, da er ihm zum Proviant rät. Daher ist er eher passiv am Geschehen beteiligt.

Der Text lässt sich in vier Abschnitte einteilen. Der erste verläuft von Anfang bis Zeile zwei. Er ist einleitend für die Handlung und beschreibt alles, was und er äußeren Handlung geschieht. Der Protagonist „befahl [sein] Pferd aus dem Stall zu holen“ (Z. 1) und da der Diener ihn nicht verstand, machte er es selbst. Der nächste Abschnitt ist anschließend bis Zeile vier zu finden.

Ab dort beginnt die groteske Gestalt des Textes. Der sogenannte Herr hört „eine Trompete blasen“ (Z. 3) und fragt dazu seinen Diener, welcher nichts davon mitbekam. Nun stehen die Beiden am Tor (vgl. Z. 4). Stilistisch für Kafka ist hier das Schlüsselwort „Ferne“ (Z. 3) zu finden. Dies ist oft in den Werken Kafkas vorhanden und stehen für seine Ziele, welche er erreichen will, die aber weit weg in der „Ferne“ liegen. Zudem finden wir hier ein weiteres stilistisches Mittel Kafkas, und zwar die Personifizierung der „Trompete“ in Zeile drei. Dies die blasenden Trompeten lassen den Text lebendiger wirken und bringen mehr Hektik und aufwühlen in die Erzählung. Jetzt im nächsten Abschnitt von Zeile fünf bis zehn beginnt der Dialog zwischen dem Diener und dem Protagonisten. Der Diener erkundigt sich, wohin sein Herr will(vgl. Z. 5) und wies ihn auf Proviant für die Fahrt hin (vgl. Z. 8). Wiederum der Protagonist kann kaum hilfreiche Antwort leisten, nur dass er „weg von hier“ (Z. 6) will. Dies ist auch ein besonders stilistischer Satz, da dieser oft wiederholt wird und sogar in Zeile acht einer Art schrei oder ruf nahekommt. Daher ist dies ein wichtiges Motiv, es ist das „Ziel“ (Z. 8) des Protagonisten und wird wie eine Erkenntnis behandelt. Der Protagonist prägt sich diesen Satz ein, um sich dessen bewusst zu sein. Es gleicht einem langersehnten Traumes des Herrn. Der letzte Abschnitt ist meiner Meinung nach am faszinierendsten. Von Zeile neun bis zum Schluss wird die Stimmung gedrückt. Der Protagonist redet fast schon im Monolog, ohne über die Anwesenheit des Dieners bewusst zu sein, über die lange Reise (Z. 9) und das verhungern müssen (Z. 9 f.). Hier ist wieder die Länge mit der Ferne zu vergleichen. Die lange Reise fühlt sich an, wie eine Reise ohne Rückkehr. Zudem ist hier wieder der „Weg“ (Z. 10) als Schlüsselwort zu finden. Dieser kommt auch sehr oft in Kafkas Werken vor. Das Verhungern in Zeile neun steht für den bevorstehenden Tod. Der letzte Satz ist der für mich interessanteste der ganzen Parabel. Hier wird von „Glück“ (Z. 11) gesprochen, auf diese „ungeheure“ (Z. 11) Reise gehen zu dürfen. Dies verharmlost nicht nur die Reise, sondern ist sogar ein Gegenspieler zum „ungeheuren“. Dem Protagonisten sind die Gefahren bewusst und er versucht sich, mit fast schon Ironie, dies schön zureden.

Nun komme ich zu meiner Meinung nach interessantesten Interpretation, und zwar die biografische Deutung. Einige Germanisten behaupten sogar, dass man Franz Kafkas Werke nicht ohne Hinzunahme seiner Biografie deuten kann. Nun wie schon gesagt, wurde dieser Kurzprosatext zwei Jahre vor seinem Kafkas Tode verfasst. Zu dieser Zeit lässt sich vermuten, dass die Lungentuberkulose, welche 1918 ausbrach, sein Leben schwer beeinträchtigt. Dennoch ist dies auch ab 1920 die Zeit, in der er am aktivsten schrieb. Indessen deutet dies darauf hin, dass Kafka, mit dem „Aufbruch“, sein bevorstehendes Ende verarbeiten will und seine immer schlechter werdende Verfassung. Dazu stehen die „Trompeten“ in Zeile drei für den Anfang einer Jagt, wie es oft Tradition bei Treibjagden ist. Jedoch bekommt diese Erzählung eine andere Bedeutung, da der Protagonist versucht, wie ein Reh im Wald, zu fliehen und „Weg von hier“ (Z. 8) zu reiten. Er kennt sein „Ziel“ (Z. 8) nicht wirklich, doch weiß, dass er dort nicht bleiben kann. Es ist fast schon ein Rennen gegen die Zeit, welches schlussendlich doch zum Tod beziehungsweise zum „verhungern“ (Z. 10) kommt. Wie auch bei Kafkas Lungentuberkulose ist dies ein Rennen um die Zeit. Das „Pferd“ (Z. 1) steht auch für das bevorstehende Rennen um Leben oder Tod. Das „Trompeten“ Signal steht auch für die immer schwacher werdende Lunge Kafkas, welche ein Zeichen für den Start des Rennens ist. Doch ist es Kafka auch klar, dass er dieses Rennen nur verlieren kann und wie der Protagonist in der Parabel „verhungern“ (Z. 10) muss. Schlussendlich kommt nämlich doch der Tod.

Anzumerkend ist, dass dies nur eine von vielen Deutungsansätzen ist, welche den Kurzprosatext auf Kafkas biografischen Hintergrund deutet. Franz Kafkas Werke lassen sich nicht eindeutig interpretieren und daher lässt dies viel Spielraum für viele Sichtweisen und Möglichkeiten.

Abschließend kann man sagen, dass es Kafka gelungen ist auf wenige Zeilen eine gespannte und gehetzte Stimmung zu erzeugen. Der Leser wird dazu angeregt, nachzudenken und selbst zum Handeln ermutigt. Daher finde ich diese Parabel eines von Kafkas besten Werken. Sie vereinigt diese schnelle Handlung mit einem Aufbruch ins Unbekannte und regt dazu an, Dinge einfach zu machen und nicht nur davon zu träumen.

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