Satire - Satire muss vieles doch darf sie ALLES? (ein Kommentar)

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Darf Satire alles? Schutz vor dem Gesetz, Referat, Hausaufgabe, Satire - Satire muss vieles doch darf sie ALLES? (ein Kommentar)
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Referat

Satire muss vieles – doch darf sie ALLES?

Satire übertreibt und beißt, kritisiert auf meist boshafte Art und Weise. Und das überall. Wo man sich nur umschaut, ob in der Literatur, in Lyrik oder Prosa, ob als Karikatur oder in Fernsehsendungen gibt es sie. Die fast permanente Konfrontation mit Satire wirft die Frage auf: Was darf Satire? Satire muss vieles, das ist klar – aber darf noch lange nicht alles.

Biss statt Barmherzigkeit

Per Definition der Brockhaus-Enzyklopädie zeigt Satire schonungslos, provokativ und vor allem übertreibend Missstände auf oder kritisiert das Fehlverhalten bestimmter Personen. Nähme man diese Definition als Grundlage, ergebe sich eigentlich eine Schlussfolgerung: Alles, was für diese aufdeckende, die Augen öffnende Wirkung notwendig ist, ist erlaubt. Doch für diese kühne Behauptung muss man sich noch genauer anschauen, wie Satire funktioniert.

Wichtiger Bestandteil der Satire ist, dass sie sich immer an einem bestmöglichen „Ideal“ orientiert, wie es Stefan Neuhaus, Professor für deutsche Literaturwissenschaft, bezeichnet hat. Die als schlecht gesehenen, mithilfe der Satire kritisierten gegenwärtigen Ereignisse, Personen oder Zustände werden mit der angestrebte Form der Realität vergleichen. Dafür wird das Ideal ex negativo überspitzt, übertrieben dargestellt, um die Wahrheit nur noch deutlicher zu demonstrieren. Um die gewollte Wirkung zu erreichen, sollte, ja muss die Satire mithilfe von Komik also Tabus brechen und zur Auseinandersetzung mit den Problemen anregen.

Komisch – da gibt es ja ein Problem…

Dieses übertreibende Wesen der Satire hat jedoch noch eine andere Auswirkung. Satire ist unterhaltsam, geradezu genussvoll und versteckt einen tiefen Kern hinter ihrer Komik. Ein treffendes Beispiel dafür liefert uns der Chefredakteur der deutschen Satirezeitschrift schlechthin, dem Postillon. Mit gespielter Ernsthaftigkeit wird über neue Satzzeichen für das Internet berichtet, mit der angeblichen Begründung, die Flut von Ausrufe- und Fragezeichen im Internet zu minimieren. Logische Auswirkung? Natürlich, diese neuen Satzzeichen werden in Beispielen des Satireberichtes fast noch inflationärer verwendet. Klar ist, diese Meldung bläht die Wirklichkeit auf und dennoch, die Lächerlichkeit, mit der die übermäßige Verwendung der Satzzeichen bedacht wird, ist deutlich. Diese versteckte Kritik findet sich also in einem sprachlich elegant verpackten, amüsanten satirischen
Beitrag. Satire ist vielleicht Komik, doch enthält nebenher immer eine wichtige Kritik, die ihr Wesen ausmacht.

Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen

Diese Kritik aus einem satirischen Beitrag erkennen zu können und angesprochene Missstände und Fehlverhalten zu hinterfragen, kann gewisse Kompetenzen schulen. Mit Erlernen der eigenen Urteils- und Kritikfähigkeit kann Satire auch einen aufklärerischen Gedanken mit sich tragen, ganz im Sinne von Immanuel Kant „Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen“. Das gilt bezüglich eigener Fehler, aber im Kontext der Satire vorwiegend für gesellschaftliche Zusammenhänge und Missstände.

Satire deckt auf – für Schuldbeladene ist die Wahrheit gefährlich

Die Medien gelten oftmals als vierte Gewalt im Staat. Nicht nur Legislative, Judikative und Exekutive kontrollieren sich gegenseitig, sondern vor allem sind die Medien die vom Volk ausgehende Kontrolle des Staates, da ist die in so vielen Formen vorhandene Satire keine Ausnahme. Das galt auch schon vor hundert Jahren, sei damals die erfolgreiche Wirkung dahingestellt. Beispielsweise bereits 1915 prangert der deutsche Schriftsteller Erich Mühsam in seinem Gedicht „Wiegenlied“ die Sinn- und Hoffnungslosigkeit der Kriegsführung an und kontrastiert dabei provokativ die ruhige, friedliche Atmosphäre eines Wiegenliedes mit dem Schicksal des Soldatentodes. Leider wurde Mühsam 1934 in einem Konzentrationslager umgebracht, das damals definitiv nicht demokratische System hat ihn offensichtlich als Gefahr eingestuft. Denn Satire ist für den gefährlich, der Dreck am Stecken hat.

Schutz vor dem Gesetz

Mit dieser Folgerung ist es schon fast klar, dass die bedeutsame Satire in unserer Rechtsordnung einen gewissen Schutz genießt. Eine Rechtsberatung der Anwaltskanzlei Schröder zu dem Thema, was Satire dürfe, hat dabei eine signifikante Abgrenzung zwischen der überspitzenden satirisch-künstlerischen Ausgestaltung und dem Aussagekern gemacht. Allgemein lässt sich eine ernsthaft begründete Satire durch das Recht zur freien Meinungsäußerung schützen, die Ausgestaltung zudem durch die künstlerische Freiheit des Satirikers. Die Aussage einer Satire kann jedoch problematisch werden, wenn sie nicht der Wahrheit entspricht oder von der Satire Betroffene unnötig gedemütigt oder in ihrer persönlichen Ehre verletzt werden. Dabei lässt sich erkennen, dass der Satire vor dem Gesetz zwar vieles erlaubt ist, unsere freiheitlich demokratischen Gesetze aber dennoch den Rahmen bilden.

Wer zuletzt lacht, lacht am besten

Problematisch wird es neben Obszönitäten, Ehrverletzungen oder ähnlichem also vor allem, wenn in der Kernaussage der Satire Fakten nicht mehr Fakten sind, sondern dreiste Lügen. Wenn man ganz ehrlich ist, sind diese mit etwas Nachdenken einfach nur kontraproduktiv, vor allem wenn die Satiremaschinerie der Gegenseite noch gewitzter ist als man selbst. Unterlaufen Fehler, so wird man selbst angreifbar – als Lügner. Dann ist man schnell nicht mehr derjenige, der mit dem Fingerzeig auf Fehler des anderen hinweisen kann, sondern wird selbst zum Opfer beißender Kritik. Daher gilt für Satire stets, um es mit Tucholskys Worten zu sagen „boshaft kann [sie] sein, aber ehrlich soll [sie] sein“.

Taugt der Feind?

Sollte Satire wahllos und unbegründet sein? Nein, das wäre nun geklärt. Doch abschließend sollte man sich noch eine letzte Frage stellen, wenn es darum geht, was Satire darf. Auf wen richtet die Satire sich, mit Jesko Friedrichs Worten: „Wer ist der Feind?“. Der Autor, Regisseur und Darsteller in der Satire-Sendung extra 3 stellt diese Frage als einen der wichtigsten Punkte der Satire heraus. Doch impliziert dies ja eine Grenze von Satire, wenn es immer jemanden braucht, der der Feind ist. Zu diesem taugt grundsätzlich jede gesellschaftliche Gruppe, wie der schweizerische Karikaturist Silvan Wegmann in seiner Karikatur „Satire“ unter anderem aufzeigt.

Allerdings, um auf Friedrichs zurückzukommen, muss der Feind verschiedene Anforderungen erfüllen. Dass es ein Fehlverhalten gab, das eine satirische Kritik rechtfertigt, ist bereits eindeutig, aber auch mehrere Feinde gestalten die Sache schwierig, denn man will ja nicht des einen Fehlverhalten durch des anderen schlechte Taten relativieren. Doch am wichtigsten sei, dass der Feind nicht schwächer sein, nicht wehrlos sein darf, das wären keine fairen Spielregeln, nicht wahr? Satire als Rechtfertigung für unbegründeten Spott zu missbrauchen, wäre moralisch nicht vertretbar. Und macht man sich damit nicht selbst wieder zum Opfer von Satire, bei solch einem Fehler…?

Festhalten lässt sich, Satire muss wehtun, muss übertreiben, um eine entsprechende Wirkung zu haben und ist auch unentbehrlich in unserer Gesellschaft. Aber die Grenzen unserer freiheitlich-demokratischen Verfassung, ein Spritzer Moral und eine ausreichende Portion Vernunft zeigen doch, Satire darf nicht alles!

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