Hoerschelmann, Fred von - Ich warte, aber auf nichts (Gedichtinterpretation)

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Fred von Hoerschelmann, Gedichtanalyse, Referat, Hausaufgabe, Hoerschelmann, Fred von - Ich warte, aber auf nichts (Gedichtinterpretation)
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Referat

Fred von Hoerschelmann - Ich warte, aber auf nichts (Gedichtinterpretation)

Das Gedicht „Ich warte, aber auf nichts“ wurde von Fred von Hoerschelmann verfasst. Er wurde 1901 in Estland geboren und erlangte hauptsächlich durch das Schreiben von Dramen, Hör- und Funkspielen Bekanntheit. Der deutsch-baltische Schriftsteller Fred von Hoerschelmann zählte in der Weimarer Republik zu den Wegbereitern der neuen Kunstform des Hörspiels. Hoerschelmann studierte Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten in Dorbat und München. 1927 begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, welche in verschiedenen Berliner Zeitungen erschienen. Ende der Zwanziger Jahre schrieb er auch sein erstes Hörspiel, "Flucht vor der Freiheit", das in Berlin gesendet wurde. Fred von Hoerschelmann schrieb insgesamt 15 Hörspiele, wobei die berühmtesten „Die verschlossene Tür“ (1951) und „Das Schiff Esperanza“ (1953) waren.

Über das Erscheinungsjahr des vorliegenden Textes wird der Leser im Unklaren gelassen.

Das Gedicht beschreibt die Blickweise eines Menschen auf alltägliche Dinge. Es besitzt keine Reimstruktur. Lediglich der Parallelismus, welchen man daran erkennt, dass die Sätze der jeweiligen Abschnitte immer gleich strukturiert sind, lässt das Gedicht in Sinnabschnitte unterteilen. Ansonsten lässt sich weder eine Reimstruktur noch ein Rhythmus erkennen. Die Sprache ist sehr passiv und traurig. Es klingt als wäre das lyrische Ich stark depressiv. Jede Zeile, ausgenommen die letzten drei, spielen mit dem gleichen Prinzip. Ein alltägliches Objekt oder eine normale Handlung werden mit einem darauffolgenden aber in einen anderen Zusammenhang gesetzt.

„Ich warte, aber auf nichts“ (Z. 1), deutet einerseits an, dass das lyrische Ich allein auf der Welt ist. Es braucht nicht warten, dass jemand zu ihm nach Hause kommt, weil da niemand ist. Anderseits kann es nichts anderes machen außer warten, da es keine andere Beschäftigung kennt, der es nachgehen könnte.
Dieser Gedanke setzt sich im zweiten Vers fort. Das lyrische Ich spricht „viel, aber mit Asche und Wind“ (Z. 2). Das könnte bedeuten, dass die letzten Menschen, mit denen es reden konnte, gestorben und zu Asche geworden sind oder sie sind vor etwas geflüchtet und das Letzte, was von ihnen blieb, ist der Wind. Behält man dieses Verständnis bei, erklärt sich auch, warum es „über Sand“ (Z. 3) fährt: Sein Leben kennt keine Richtung mehr – er ist gestrandet in der Wüste. Für das lyrische Ich gibt es keine befestigten Wege. Es versteht die Welt nicht mehr. Es ist ein Außenseiter und lacht nur, wenn es denn mal lacht, an den falschen Stellen. „Ich lache selten, aber auf der falschen Stelle.“ (Z. 4).

Nachdem das lyrische Ich im ersten Abschnitt seine Tätigkeiten beschrieben hat, geht es im zweiten um Dinge des alltäglichen Lebens. Es schreibt über sein Haus, seinen Wein und seine Frau. Dinge und Personen, die für andere Menschen große Bedeutung haben können, über die sie sich definieren, tragen für das lyrische Ich eine ganz andere Bedeutung. Ein Haus, der Ort an dem es warm und sicher sein sollte, besitzt er nicht. Sein Zuhause ist kalt und nass. „Das Haus, in dem ich wohne, heißt Regen.“ (Z. 5). Den Luxus sich abends ein Glas Wein zu genehmigen, kann es sich nicht leisten. Für ihn ist es Luxus, zu schlafen. „Der Wein, den ich trinke, heißt Schlaf“ (Z. 6).

Eine Frau hat das lyrische Ich nicht (mehr). Die einzige Sache, die es glücklich macht und die ihm Trost spendet, ist ein kleines Gelächter. „Die Frau, die ich liebe, heißt kleines Gelächter.“ (Z. 7). In den letzten drei Versen beschreibt das lyrische Ich, wie sich selbst umbringen will, aber sich doch nur selber im Weg steht. „Manchmal hänge ich mich auf, aber an mir selbst. Und so falle ich wieder herunter.“ (Z. 8 ff.). Es fehlt an Kraft und Antrieb, ein Leben zu bestreiten – selbst ein Selbstmord ist unmöglich. Es scheint sich selbst im Weg zu stehen – immer wieder – und ist damit Gefangener seines eigenen Schicksals.

Dieses Gedicht ist thematisch der Trümmerliteratur zuzuordnen. Auch wenn das Erscheinungsjahr nicht bekannt ist, so lässt die Zeit, in der Fred von Hoerschelmann lebte, sowie das nicht vorhandene Reimschema und der eher unpoetische Schreibstil darauf schließen. In diesem Gedicht geht es um einen Menschen, der unter dem vergangenen Krieg leidet. Er hat eine zerstörte Heimat und zerstörte Träume. Er kennt niemanden mehr und lebt auf der Straße. Wenn er denn mal schläft, leidet er wahrscheinlich unter Angstzuständen, die auf ein Trauma aus dem Krieg hindeuten könnten. Doch wenn er dann so weit ist und sich umbringen möchte, steht er sich selbst im Weg. Vielleicht fragt er sich, warum er den Krieg überlebt hat und all das Leid ertragen hat, wenn er sich danach trotzdem das Leben nimmt.

Für mich möchte der Autor mit dem Gedicht ausdrücken, wie die Menschen unter dem Krieg gelitten haben und wie viele seitdem auf sich allein gestellt sind. Er möchte bewusst machen, dass der so alltäglich anmutenden Luxus für andere schlichtweg nicht existent ist. Aber dennoch schon ein Lachen das Glück dieses Menschen bedeuten kann.

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