Deutsches Reich – Die Reichsverfassung von 1871
Die Reichsverfassung von 1871 entsprach der des Deutschen Bundes, die Bismarck zum Teil entworfen hat. Sie war ein kompliziertes Gebilde, in dem Macht und Zuständigkeit der verschiedenen Organe auf eine schwer durchschaubare Art verschoben waren. Bismarck stellte den Bundesrat als Organ der „verbündeten Regierung“ und die wirkliche Exekutive des Reiches dar. Damit verschleierte er die bedeutende Rolle des Reichskanzlers, der im Bundesrat den Vorsitz hatte und sich auch als preußischer Ministerpräsident zur Wahl stellte. Der Reichskanzler war also ausschließlich dem Kaiser verantwortlich. Der Deutsche Kaiser und zugleich König von Preußen ernennt den Reichskanzler, welcher dann zugleich Ministerpräsident ist. Die oberste Schicht bildet ebenfalls die Vertretung des Reiches gegenüber dem Ausland und die Streitkräfte, also die Oberbefehlshaber und stellt die Kriegserklärung mit Zustimmung des Bundesrates. Männliche Staatsbürger über 25 Jahre hatten das Wahlrecht und wählten alle 3 bzw. 5 Jahre in allgemeiner und direkter Wahl den Reichstag mit 397 Abgeordneten. Dagegen wählen 25 Einzelstaaten den Bundesrat, wobei der Vorsitz, der Reichskanzler, 58 Stimmen erhält. Der Bundesrat bestimmt also über Verwaltungsvorschriften, Gesetzesinitiativen und das Recht auf Anhörung im Reichstag. Zusammen mit dem Reichstag regeln sie die gemeinsame Gesetzgebung. Also kommt nur ein Gesetz zustande, wenn Bundesrat und Reichstag zustimmen und das gesamte Budget muss jährlich durch das Gesetz bewilligt werden.
Die Verfassung war durch dieses System in ihren politischen Möglichkeiten eingeschränkt, weil der Reichskanzler unabhängig von der parlamentarischen Mehrheit ernannt wurde. Es handelte sich also noch immer um eine konstitutionelle Monarchie. Die Versuche, die Verfassung in Richtung einer Parlamentarisierung zu entwickeln, scheiterten immer wieder aufs Neue.
Dieses Video wurde auf YouTube veröffentlicht.
