Munch, Edvard - Der Schrei (Analyse Biografie des Künstlers)

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Edvard Munch, Bildanalyse, Interpretation, Referat, Hausaufgabe, Munch, Edvard - Der Schrei (Analyse Biografie des Künstlers)
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Referat

Edvard Munch

Im Rahmen des Unterrichtsthemas Selbstdarstellung habe ich mich für den Künstler Edvard Munch entschieden.

Im Folgenden werde ich die Abrisse seines Lebens komprimiert wiedergeben, hierzu seinen Stil definieren und letztlich exemplarisch für seine Selbstdarstellung das Werk „Der Schrei“ eingehender beleuchten. Jenes wird hierzu im Kontext seines Stils und seiner Biografie betrachtet und in Beziehung dazu gestellt.

Biografie

Edvard Munch wird 1863 in Løten, Südnorwegen in eher bescheidenen Verhältnissen geboren und wächst in einem Arbeitervorort von Oslo auf. Als Edvard erst fünf Jahre alt ist, stirbt seine Mutter an Tuberkulose, wie auch seine Schwester acht Jahre später. Edvard Munch selbst hat eine bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung). Sein Elternhaus ist kulturell anregend für ihn, allerdings lediglich durch Eindrücke von Krankheit, Tod und Trauer, zu denen Munch in seiner Kunst hauptsächlich zurückkehrt.

Auf Wunsch des Vaters beginnt er 1879 ein Ingenieurstudium, bricht es jedoch nach kurzer Zeit ab, um Maler zu werden. Munch hat Kontakt zur Osloer Boheme, zu sozialreformerischen und anarchistischen Schriftstellern und Künstlern. Jene lösen in ihm einen inneren Konflikt aus. Er will nun wahrheitsgetreue „Nahaufnahmen“ von den Sehnsüchten und Qualen des modernen Lebens vermitteln und darüber hinaus sein eigenes Leben malen, das infolge seiner Bipolarität von Höhenflügen und Abstürzen des Gemüts gezeichnet ist.

Obschon er stets in finanziellen Nöten steckt und von kränklicher Konstitution ist, reist er von seiner stetigen Ruhelosigkeit getrieben, wann immer es sich ermöglichen lässt. Dadurch wird seine Kunst auch maßgeblich von Auslanderfahrungen in Frankreich, Holland, Dänemark, Belgien und Deutschland geprägt.
Bei seinem ersten Meisterwerk „Das Kranke Kind“ bricht er radikal mit dem Realismus und ruft 1885 große Entrüstung unter Mitkünstlern hervor.

Ab 1889 ist seine Kunst vom Impressionismus bestimmt, bis dieser von einer kurzweiligen naturalistischen Phase verdrängt wird und Munch schließlich in einem „Proto-Expressionismus“ mit viel Symbolcharakteristiken seine Erfüllung findet.

Des Weiteren beschäftigt ihn die Emanzipationsbewegung in einem hohen Maße und sein grundsätzlich problematisches Verhältnis zu Frauen und Sexualität. Seinen Höhenpunkt findet dies in der tragischem Beziehung zu Tulla Larsen. All jene Eindrücke versucht er in seinen Bildern zu verarbeiten, indem er durch sie einen tiefen Einblick in sein Seelenleben vermittelt. Ab 1893 entstehen dementsprechend mehrere Werke, darunter auch „Der Schrei“. Sie werden in Berlin unter dem Titel „Vom Leben der modernen Seele“ ausgestellt.

Weitere Auslandsreisen verhelfen Munch zu internationaler Aufmerksamkeit besonders in Deutschland, Frankreich und Italien.

Exzessiver Alkoholkonsum führt 1908 zum nervlichen Zusammenbruch Munchs. Er begibt sich in ein Sanatorium und verbleibt bis 1918 recht isoliert in seinem Haus an der südnorwegischen Küste. Danach reist er wieder vermehrt und wird Mitglied in den Akademien in Berlin und München. Nach der Besetzung Norwegens 1940 und der Entfernung seiner Werke aus den deutschen Museen durch die Nazis zieht sich Munch weitesgehend zurück und stirbt schließlich 1944 im Alter von 81 Jahren auf Ekely bei Oslo.

Bei Munchs künstlerischen Stilrichtung ist eine deutliche Entwicklung zu beobachten. Während er zunächst dem Realismus verschrieben ist, welcher vordergründig Wert auf eine wirklichkeitsnahe Darstellungsweise legt, wird jener schließlich vom Impressionismus abgelöst. Die augenblickliche, zufällige Erscheinungsform eines Gegenstands anstatt seine inhaltliche Bedeutung nimmt folglich an Bedeutung zu. Darauf folgt eine kurze Phase des Naturalismus, also eine Rückkehr zur naturgetreuen, äußeren Richtigkeit, welche zwar die Schattenseiten der Realität nicht ausspart, aber dennoch Munch nicht ausreichend befriedigt. Somit wendet er sich einer ganz neuen Stilrichtung, dem Expressionismus, zu und wird dessen Wegbereiter. Diese neue künstlerische Bewegung stellt die expressive, also ausdrückende Ebene in den Vordergrund, gegenüber der rein ästhetischen, sachlichen und appellativen Ebene. Hier ist demnach das persönliche Erlebnis des Künstlers signifikant und nicht die bloße Wiedergabe einer visuellen Erfahrung.

Anhand Munchs Entfaltung bezüglich der Stilrichtung lässt sich auch sehr eindeutig seine persönliche Entwicklung ablesen. Im Laufe seines künstlerischen Werdegangs kehrt er sein Inneres, seine Seele mit all ihren Erfahrungen und Erlebnissen, zunehmend nach außen. Hierbei steht also nicht mehr die naturgetreue Darstellung der Äußerlichkeiten im Mittelpunkt, sondern die individuellen Empfindungen und Gefühle des Künstlers. Indem seine persönliche Betrachtungsweise stark dominiert, gelingt es Munch sich immer mehr selbst in seiner Kunst zu verwirklichen und infolgedessen sich selbst darzustellen.

Analyse „Der Schrei“

Das besagte Werk „Der Schrei“ des norwegischen Malers von 1892 dient somit nicht nur als ausgezeichnetes Beispiel seines Stils, sondern gilt auch als seine berühmteste Arbeit, welche unter dem Begriff „Seelenmalerei“ sogar in die Kunstgeschichte eingeht.
Es zeigt einen Steg oder eine Brücke, deren Geländer sich in einer Linie nach links bis ins Unendliche zu erstrecken scheint. Dadurch wird das Bild von einer perspektivischen Tiefendiagonale bestimmt. Aus dem Hintergrund heraus bewegen sich zwei dunkle, männliche Gestalten, die eher gelassen und auch unbeteiligt wirken.

Rechts von der Brücke erstreckt sich eine Fjordlandschaft mit Bergen und einem Meer. Im mittleren Hintergrund erkennt man einige Schiffe, welche eher beruhigende Elemente darstellen.

Im Vordergrund des Bildes steht frontal und isoliert eine Person, die durch ihre Position dem Betrachter sehr nah vorkommt. Sie ist etwa bis zum Beinansatz zu sehen und den Körper umhüllt ein grünbraunes, fließendes Gewand. Die geschlechtlose, erstarrte Gestalt scheint aus leeren Augen zu blicken und hält sich mit beiden Händen die Ohren zu, während sie ihren Mund zu einem alles durchdringenden Schrei geöffnet hat. Ihr Kopf ist kahl und die Wangen eingefallen, was stark an einen Totenschädel erinnert. Aus dem Gesichtsausdruck lassen sich vielfältige Emotionen ablesen wie Angst, Fassungslosigkeit und Verzweiflung. Es drückt gleichzeitig aber auch Peinigung, Entsetzen sowie ein tief empfundenes Grauen aus.

Die Gestalt ist der Wirklichkeit völlig entfremdet, scheinbar das Opfer ihrer inneren Wahrnehmung, welche sie mit seelischen Qualen überwältigt. Qualen, von welchen auch Munch selbst sein Leben lang begleitet wird, nicht nur ausgelöst durch seine Bipolarität, sondern auch durch die vielen negativen Schicksalsschläge. Durch die auditive Abschottung versagt die Gestalt sich selbst jegliche Chance auf Kommunikation und besiegelt ihre innere Einsamkeit intensiviert durch ausdrucksstarke Emotionen.

Der Ausdruck des Gemäldes beruht aber auch in hohem Maße auf den Gestaltungsmitteln wie den Farben und der Linienführung.

So ist die vordergründige Landschaft in einem dunklen Grün gehalten, während sich die Berge und das Meer durch ein dunkles Blau bis Schwarz auszeichnen. Jene Farben kontrastieren mit dem klaren, kräftigen Rot und Orange des Himmels, welche vor allem die zentrale Gestalt grau, bleich und tot aussehen lassen. Bei der Farbgebung verzichtet Munch weitesgehend auf die Glaubwürdigkeit. Zwar ist es zunächst als Licht- und Wetterphänomen denkbar, dass sich über dem schwarzblauen Wasser ein blutroter Abendhimmel erstreckt. Allerdings sind insgesamt die Figuren und die Farbgebung expressiv verzerrt zugunsten der Ausdruckssteigerung und entsprechen nicht der äußeren Wirklichkeit. Was besonders auffällt, ist dass die Farben durch ihre Klarheit förmlich aus dem Bild „schreien“ und somit visuell eine akustische Wahrnehmung produzieren.

Der streifige Farbauftrag kann als Schallwellen, ausgelöst durch den Schrei, gedeutet werden. Sie verursachen Wellen und Strudel in der Landschaft sowie auch in der Vordergrundgestalt selbst und versetzen das ganze Bild in Wallungen wie durch einen Musikrhythmus. Die gewundenen Linien reflektieren aber auch den inneren Aufruhr des Menschen. Es entsteht eine gewisse Dynamik der geschwungenen Linien, die im starken Kontrast zu den Geraden der Brücke und den versteiften Hintergrundfiguren steht. Durch die zwei unterschiedlichen Linienführungen entwickelt sich dementsprechend eine deutliche Dissonanz, die Munchs innere, persönliche Kämpfe widerspiegelt. Insgesamt deutet diese pulsierenden Bewegtheit seines Bildes also auf seine eigene Ruhelosigkeit und vor allem Bipolarität hin.

Laut eigener Aussage des Künstlers wird er durch einen Spaziergang bei Sonnenuntergang, wobei sich die Wolken wie Blut färben, zu diesem Bild inspiriert. Die Farben der Landschaft empfindet er hierbei als einen der Schrei, der durch die Natur geht.

Die Fjordlandschaft ist also Munchs persönliche Seelenlandschaft, sein innerer Spiegel, wobei die Natur seine Gemütsstimmung symbolisch formt. Er setzt –typisch expressionistisch- das in der Natur Empfundene in Gegenstände um. Hierbei steht die vordergründige Gestalt wohl für sein blankes Entsetzen und Grauen, welches sich durch den Schmerzschrei auch der Landschaft bemächtigt. Die Farben reißen dabei den Betrachter in Munchs Gefühlswelt. Hauptinteresse des Malers sind also die Eindrücke der Seele und nicht die des Auges.

Während Leonardo da Vinci Leichen seziert, versucht Munch dies mit der menschlichen Seele, primär mit seiner eigenen, um seelischen Phänomenen wie bestimmten Gefühlen (Angst, Grauen vor Tod und Krankheit, Verzweiflung etc.) auf den Grund zu gehen. Wie aus seiner Biographie hervorgeht, stellen für ihn besonders Tod und Krankheitsleid prägende Momente dar, weshalb sein Interesse sehr jenen psychologischen Fragestellungen gilt, um sie bei ihm selbst besser verstehen und verarbeiten zu können.

Durch dieses Werk setzt sich Munch geistig und tätig mit seinen frühen Erlebnissen des Verlassenwerdens auseinander, ausgehend von seiner eigenen inneren Hölle visualisiert er diese Verzweiflung äußerst überzeugend. Das herausragende bei dieser Selbstdarstellung ist jedoch nicht nur, dass Munch seiner persönlichen namenlosen Angst Ausdruck verleiht, sondern dass dies auch allgemein auf jeden Menschen übertragbar ist, der eine heftige Krise durchlebt. Munchs einzigartige Selbstdarstellung weist also zusätzlich noch einen universellen Charakter auf.

Dieses Video wurde auf YouTube veröffentlicht.

Quellenangabe:

  • Ausstellungskatalog Hamburg (Edvard Munch, Tagebuch)
  • Brockhaus
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