Eichendorff, Joseph von - Mondnacht (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Joseph von Eichendorff, Analyse, Interpretation, Romantik, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Eichendorff, Joseph von - Mondnacht (Gedichtinterpretation)
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Referat

Joseph von Eichendorffs „Mondnacht“ (Analyse, Interpretation des Gedichts)

Mondnacht
von Joseph von Eichendorff

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt’.
 
Die Luft ging durch die Felder,
Die Aehren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
 
Und meine Seele spannte
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Weit ihre Flügel aus,
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Flog durch die stillen Lande,
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Als flöge sie nach Haus.

(„Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.2 KB) zur Unterstützung an.)

Joseph von Eichendorffs Gedicht „Mondnacht“ aus dem Jahre 1837 thematisiert die Sehnsucht, als zentrales Motiv romantischer Lyrik. Das Ziel dieser Sehnsucht ist die Suche nach Harmonie zwischen Himmel und Erde, wobei die Natur ausführlich dargestellt wird und mit hohem dichterischem Anspruch in ihrer Schönheit dargestellt wird.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit je vier Verszeilen. Jede Strophe bildet dabei einen abgeschlossenen Satz, welches als eine Form des Satzgefüges oder einer Satzreihe interpretiert werden kann. Somit wird in der ersten Strophe die verträumte und zugleich romantische Stimmung, durch das Verschmelzen von Himmel und Erde, hervorgerufen. In der zweiten Strophe werden die Auswirkungen dieser Annäherung weiter ausgeführt. Die Natur wird hierbei zu einer harmonischen Einheit, bei welcher die Sterne eine unendliche Höhe und die Felder eine unendliche Weite schaffen. In der dritten und gleichzeitig letzten Strophe tritt dann erstmals das lyrische Ich in Erscheinung und erzählt von seinen persönlichen Erlebnissen und Eindrücken während der Mondnacht.

Die Drei Strophen kann man in zwei Außenstrophen und eine Binnenstrophe unterteilen, welche wiederum einen Kreuzreim aufweisen, das durch die alternierenden weiblichen und männlichen Kadenzen unterstrichen wird. Außerdem kann man deutlich bemerken, dass das Metrum ein durchgehender dreihebiger Jambus ist und das gesamte Gedicht in der Vergangenheit verfasst wurde.

Wie schon erwähnt, findet in der ersten Strophe die Verschmelzung von Himmel und Erde statt, also von etwas Irdischen mit etwas Überirdischem. Das Gedicht beginnt mit einer der bekanntesten Sprachformeln „Es war…“ (Vers 1), was eine märchenhafte, irreale aber auch gleichzeitig unheimliche Stimmung hervorruft. Des Weiteren verwendet Eichendorf eine romantische Personifikation des Himmels und der Erde (Vers 1-2 „Es war, als hätt’ der Himmel/Die Erde still geküßt“), was höchstwahrscheinlich eine Beschreibung des Sonnenuntergangs ist. Der Gegensatz zwischen Himmel und Erde kann nicht unterschiedlicher sein. Einerseits der Himmel als Ausdruck des Himmlischen, Geistlichen und somit auch Göttlichen und andererseits die Erde, welche für die normale Welt steht. Darüber hinaus könnte man die Personifikation von Himmel und Erde, zugleich auch als eine Beziehung zwischen zwei Verliebten, ansehen. Durch die weitere Annäherung zwischen Himmel und Erde und dem finalen stillen Kuss (Vers 2), wird das lyrische Ich in eine Art Traumwelt versetzt. Allerdings ist es nur ein „stiller Kuss“ was die Vermutung nahe legen lässt, dass es sich lediglich um die Idee einer Verbindung von Himmel und Erde handelt. Darauf lässt auch der Neologismus im letzten Vers der Strophe „Blütenschimmer“ verweisen, welches in diesem Zusammenhang mit der Liebe und den Liebesgefühlen gleichgestellt werden kann, dennoch könnte es auch bildhaft den Himmel beschreiben, wie er durch den Sonnenuntergang in Blütenfarben erstrahlt. Genau so wie der Neologismus kann auch das Wort „träumen“ (Vers 4) eine Verdeutlichung sein, welches nur ein weiteres Mal unterstreicht, dass das lyrische Ich, lediglich die Möglichkeit oder Vorstellung einer Berührung, in Betracht zieht. Zusammengefasst kann man sagen, dass die erste Strophe eine Einleitung und gleichzeitig Beschreibung der Gefühle des lyrischen Ich während der Mondnacht ist.

Im Gegensatz zur ersten Strophe wird in der zweiten Strophe der Himmel-Erde Dualismus mit realistischen Naturbeschreibungen verdeutlicht. Die zwei Anaphern am Anfang der Strophe (Vers5-6), verschaffen dem Gedicht eine Art der Gleichmäßigkeit. Die Luft und der Wind, werden in dieser Strophe mit den irdischen, sichtbaren Dingen, vereinigt. Durch die Luft, die durch die Felder weht (Vers5-6), entsteht eine gewisse Kühle aber gleichzeitig eine Art der Entspannung und Ruhe. Auch die sacht wogenden Ähren (Vers 7-8) stehen für Gleichmäßigkeit und Besonnenheit. In der zweiten Strophe steht nicht die Aktivität des Menschen oder des lyrischen Ich im Vordergrund, sondern die Entspannung im Traum und die Suche nach der kompletten Erfüllung. Der letzte Vers der zweiten Strophe „So sternklar war die Nacht“ (Vers 8), veranschaulicht ein letztes Mal die herrschende Harmonie der Mondnacht. Dennoch kommt es letztendlich zu einem Stillstand in Vers 8, welche als Folge eine Rhythmusveränderung mit sich trägt. Den ständigen Vergleich zwischen himmlischen und irdischen Personifikationen, könnte man als eine Schwelle zur sogenannten zweiten Welt, der Welt der Träume und Sehnsüchte, interpretieren. Die vielen Synästhesien der Sinne und gleichzeitig die realistischen Beschreibungen der Gefühle, deuten auf eine mystische Atmosphäre und gleichzeitig auch auf die Einsamkeit des lyrischen Ichs, hin. Zusammengefasst kann man sagen, dass das lyrische Ich sich in die Natur zurückgezogen hat, um sich seiner Sinne hinzugeben und sich auf seine Emotionen zu fokussieren. Somit entflieht er der Realität und distanziert sich von seinem Schmerz.

Die dritte Strophe stellt wieder einen Sprung ins Irreale dar, denn ausgerechnet in den letzten 4 Versen taucht das lyrische Ich das erste Mal selbst auf und verdeutlicht mit der symbolischen Personifikation seiner „Seele„ (Vers 9) die Schwelle zwischen Himmel und Erde – eins der bekanntesten Motive der Lyrik in der Romantik. Die Seele verschafft sich nämlich nach dem Ende des sterblichen Lebens, einen Zugang zu dem unendlichen, überirdischen, himmlischen Paradies. Spätesten an dieser Stelle kann man einen zweiten Aspekt der Interpretation des Gedichts einbringen: Der Himmel, als Residenz Gottes. Dies wird auch deutlich, durch das Wegfliegen der Seele nach Hause, wobei das „Haus“ eine Metapher für das Persönliche und Intime ist aber auch für den Himmel. Dieser wird vom lyrischen Ich angestrebt und wahrscheinlich auch erreicht. Das lyrische Ich sehnt sich mit dieser Aussage in Form eines Konjunktivs nach einer spirituellen aber auch religiösen Erlösung. Daran wird der Wunsch des lyrischen Ich aber auch der von Romantikern, nach dem Aufsuchen und Erleben von Grenzerfahrungen, deutlich. Da das lyrische Ich sich nur nach einer Annäherung zum Tod und der Erlösung sehnt, nicht aber nach einem Übertritt ins Paradies. Verglichen mit den ersten beiden Strophen, versteht man nun den Sinn und den Gedanken hinter Eichendorffs Gedicht. Während der Himmel in der ersten Strophe noch auf die Erde zukommt, und sogar als Liebespaar dargestellt wird, fliegt die Seele in der dritten Strophe wieder in den Himmel – nach Hause – zu ihrem Ursprung. Man könnte meinen, dass sich der Kreis, mit dem Wegfliegen der Seele, schließt.

Die symbolhafte Wahl des Titels, verdeutlicht ein weiteres Mal den Einfluss der Romantik auf Eichendorffs Werk. Der Titel „Mondnacht“ greift mehrere Aspekte auf: In der Dunkelheit der Nacht erinnert sich das lyrische Ich an seine Heimat. Mit dem Wissen, dass es diese niemals erreichen kann, träumt er in der Nacht bei Mondschein davon. Um sich von der Wirklichkeit und damit dem Schmerz und der Sehnsucht zu distanzieren, flieht das lyrische Ich in die Natur. Denn in Folge der Einsamkeit identifiziert sich das lyrische Ich mit der Natur und ersetzt damit höchstwahrscheinlich das Fehlen der Heimat. Außerdem erzeugt Eichendorff durch seinen Titel die richtige Stimmung für einen Traum. Somit wird der Fokus auf die Emotionen als Taktgeber des Lebens gelegt. Durch eine bildhafte Sprache wird zudem eine mystische und romantische Atmosphäre erzeugt, die sehr gut zu der Gefühlswelt des lyrischen Ich passt. Zuletzt ist zu nennen, dass die formalen Aspekte, wie bspw. der Jambus, der Kreuzreim und die alternierenden Kadenzen sehr gut den Inhalt des Gedichts unterstützen. Die drängende Wirkung der formalen Aspekte unterstreicht nämlich die Eile und die intensiven Gefühle des lyrischen Ich.

Nach Betrachtung aller genannten Aspekte, kann man feststellen, dass Joseph von Eichendorff, in seinem Gedicht eine bessere Welt darstellt. Eine Welt, in welcher das Paradies mit der Erde verschmilzt und dem Menschen dadurch die Möglichkeit bietet zu träumen. Das lyrische Ich sucht in seiner Welt nach einem Zuhause, was für ihn auch mit einer Erfüllung oder seelischem Frieden verbunden ist. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass Eichendorff mit seinem Werk darstellen wollte, dass alleine die Natur uns die unbegrenzte Freiheit ermöglichen kann um am freisten sein zu können. Dennoch möchte Eichendorff mit diesem herausragenden Beispiel der Naturlyrik, die Verbundenheit zu Gott und den Wunsch nach Erlösung beschreiben.

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