Brecht, Bertolt - Die Nachtlager (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Bertolt Brecht, Analyse, Interpretation, Exilliteratur, Gedichtanalyse, Referat, Hausaufgabe, Brecht, Bertolt - Die Nachtlager (Gedichtinterpretation)
Themengleiche Dokumente anzeigen

Referat

Bertolt Brecht „Die Nachtlager“

In dem ca. 1930 veröffentlichten Gedicht „Die Nachtlager“ von Bertolt Brecht kritisiert Brecht den Egoismus der Menschen. Es gibt bloß vereinzelt Menschen, die auch an arme Menschen (wie zum Beispiel Obdachlose) denken und sich auch für solche einsetzen.

In dem Gedicht „Die Nachtlager“, das in den Jahren von 1926 bis 1933 geschrieben wurde, geht es um einen Mann, der im Winter jeden Abend an einer New Yorker Straßenecke steht, um Vorbeigehende zu überzeugen, einem Obdachlosen für eine Nacht ein Dach über dem Kopf zu bieten. Der Verfasser hält dies aber für unsinnig, da dadurch die Beziehungen zwischen den Menschen auch nicht anders und besser würden.

Brecht hat das Gedicht in drei Strophen und einen einzelnen Vers zwischen der 2. und der 3. Strophe eingeteilt. Das Gedicht ist somit in vier Strophen eingeteilt. Jenen, durch den der Leser aufgefordert wird, „das Buch nicht niederzulegen“, könnte man als eine Art Spiegelachse ansehen, da die beiden ihn einschließenden Strophen fast gleich sind. Die erste Strophe hat fünf Zeilen, die zweite Strophe sechs, die dritte Strophe besteht bloß aus einer Zeile und die vierte Strophe besteht wiederum aus sechs Zeilen. Es ist kein Metrum zu erkennen und auch ein Reimschema ist nicht vorhanden. Die Kadenzen sind überwiegend stumm.

Brecht hat nur jeweils die Verse 1-3 und 4-6 ausgetauscht und in der dritten Strophe das Wort „Männer“ durch allgemein „Menschen“ ersetzt. Geschrieben hat er das Gedicht in der Ich-Form (lyrisches Ich), um seine eigene Meinung besser einbringen zu können.

Das Gedicht setzt mit einer scheinbar belanglosen Mitteilung ein: „Ich höre, (…)“ (Z.1). Das jedoch vermittelt dem Leser das Gefühl, nicht mehr zu wissen als der Autor des Gedichtes. Jedoch könnte man schon meinen, dass der Verfasser seine Zweifel hat, gerade so, als wolle er prüfen, was daran wahr ist. Der Hörende scheint nicht bereit zu sein, das auf sich beruhen zu lassen. Des Weiteren fällt auf, dass der Mann sehr klein, im Gegensatz zu der großen Stadt, ist. Die Aufeinanderfolge der Verse bestätigt dies:

„Ich höre, daß in New York
An Der ecke der 26. Straße und des Broadway
Während der Wintermonate jeden Abend ein Mann steht“

Er kommt einem richtig klein und verloren vor und man fragt sich, warum er da steht, noch dazu in einer solch kalten Jahreszeit „Während der Wintermonate“ (Z. 3). Außerdem fragt man sich unfreiwilligerweise bei der Erwähnung der 26. Straße des Broadways, was mit den anderen 25 Straßen ist. Stehen da womöglich noch andere Menschen? Man bekommt das Gefühl, dass die Passanten, die gebeten werden, Asyl zu gewähren, es ungern ausführen. Außerdem weiß man nicht, was die Obdachlosen machen würden, wenn es den Menschen nicht gebe. Es liegt der Entschluss nahe, dass sie womöglich auf der Straße übernachten müssten, trotz der kalten Jahreszeit.

Es ist sowieso verwunderlich, dass am Broadway überhaupt Obdachlose existieren, weil der Broadway als große Geschäftsstraße bekannt ist.

In der zweiten Strophe verdeutlicht der Autor, dass es aber eigentlich nichts ändern wird, ob die Passanten einem Obdachlosen für eine Nacht Asyl gewähren oder nicht:

„Die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt“

Man scheint sich geradezu bestätigt zu fühlen, wenn man kein Asyl gewährt, weil man die Welt sowieso nicht ändern kann. Jedoch will der Autor damit kritisieren, dass man zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten handeln solle. Genau so erscheint der Mann, der in der ersten Strophe in New York schon verloren wirkte, in der Welt noch verlorener. Er wird noch mehr damit konfrontiert. Im Prinzip wird ihm die Perspektivlosigkeit seines Handelns vor Augen geführt:

„Die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt“

Die Anapher „dadurch nicht“ verdeutlicht das noch, dass er nicht mal das humane Verhältnis verbessern kann. Da die Beziehungen zwischen den Menschen sich nicht ändern, kann man annehmen, dass die Passanten die Obdachlosen nur aus Mitleid bei sich zu Hause aufnehmen.

Diese ersten der Zeilen der zweiten Strophe erscheinen sehr aussichtslos, sodass das „aber“ sehr schwach entgegenwirkt. Diese Wohltat erscheint einem geradezu ungenügend, und der Leser fragt sich, warum die „Vorübergehenden“ die Obdachlosen nur für eine Nacht aufnehmen, und nicht noch mehr versuchen für die Obdachlosen zu tun. Die Pronomen „ihnen“ beziehen sich auf „einige“, und der Leser fragt sich, was mit den Übrigen geschieht.

Die dritte Strophe fordert den Leser auf, sich nicht abzuwenden, nur weil die Obdachlosen einen Schlafplatz gefunden haben, denn das eigentliche Problem ist nicht gelöst. Die Aussage:

„Leg das Buch nicht nieder, der du das liesest, Mensch“

erinnert an die Bibel. Denn die Bibel wird auch oft als das „Buch der Bücher“ bezeichnet und wird oft mit einem christlich-humanen Denken assoziiert. Dies unterstützt auch die Anrede „Mensch“, da in der Bibel der jeweilige Handlungsträger auch mit „Mensch“ angeredet wird.

In der vierten Strophe werden die Formulierungen der zweiten Strophe bloß umgekehrt. Es wird noch mal explizit darauf hingewiesen, dass dieses nicht zur Lösung des Problems beiträgt. Denn die Gewährleistung eines Asyls nur für eine Nacht ist nicht ausreichend. Zusätzlich weist der Autor auf diese Art und Weise darauf hin, dass man das Problem auf christliche Weise nicht lösen kann, worauf er in der dritten Strophe angespielt hat. Dieses ist typisch für Brecht. Er versucht die marxistische Überlegenheit hervorzuheben (dies ging auch schon aus dem Kontrast der ersten Strophe Broadway ↔ Obdachlose hervor).

Das lyrische Ich denkt, dass die Menschen, die den Obdachlosen helfen, dadurch nichts ändern können, da nur einige Männer ein Nachtlager bekämen und das auch nur für eine einzige Nacht. Allgemein sagt er, dass es praktisch gar nichts bringt, zu helfen und ein einzelner Mensch die Welt (fast) gar nicht verändern kann. Meiner Meinung nach hat Brecht nur teilweise recht, denn ich finde, dass die Hilfe oder der Einsatz einer einzelnen Person schon viel verändern kann. Denn im besten Fall werden so andere dazu angeregt auch zu helfen. Das beste Beispiel dafür beschreibt Brecht selbst, nämlich den Mann, der sich an die Straßenecke stellt und andere auch zum Helfen auffordert. Und diese bringen vielleicht wieder andere dazu, Bedürftige zu unterstützen oder sich für deren Unterstützung einzusetzen. Theoretisch können wir so die ganze Welt verändern, wenn viele doch nur nicht so egoistisch wären.

Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. In seinen Theaterstücken und Gedichten kritisiert er meist das Verhalten anderer Menschen. Brecht war dem Marxismus verschrieben, was allgemein bekannt ist / war. Brecht starb am 14. August 1956 in Berlin an einem Herzinfarkt.

Dieses Video wurde auf YouTube veröffentlicht.

Zurück