Lenz, Jakob Michael Reinhold - Die Soldaten (Vergleich der beiden Endszenen)

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Referat

Die beiden Endszenen aus „Die Soldaten“ von Lenz im Vergleich

In dem Drama „ Die Soldaten von J.M.R. Lenz werden dem Leser zwei verschiedene Endszenen vorgestellt.

Die als erste von Lenz verfasste Schlussfassung ist letztlich nicht in das eigentliche Drama aufgenommen worden. Sie handelt von einer Konversation zwischen der Gräfin La Roche und dem Obristen. Beide tauschen ihre Ansichten über die Problematik des ehelosen Soldatenstandes aus, dessen Folgen zuvor im Handlungsverlauf zum Ausdruck gekommen sind. Übereinstimmend bringen sie die Idee hervor, dass der König Frauen dafür bezahlen solle, sich für die Soldaten aufzuopfern und ihre Bedürfnisse zufrieden zu stellen. Dies würde das Unglück vieler Mädchen, welche durch Liebschaften mit Soldaten in Verruf geraten, vorbeugen, wenn nicht sogar ganz verhindern.

In der zweiten Fassung hingegen baut Lenz den Dialog inhaltlich etwas andersartig auf. Zwar beschäftigt er sich in dieser Szene wieder mit derselben Thematik, allerdings vollzieht er noch einen weiteren Schritt, indem er durch die Charaktere einen gesamten Reformvorschlag kundtut. Ob er hierbei den Obristen als sein persönliches Sprachrohr verwendet, ist in Anbetracht des Vorschlags fraglich. Dieser beinhaltet nämlich die Errichtung einer „Pflanzschule von Soldatenweibern“ (V,5,25f). Hierbei solle der König eine Stätte von quasi „Dienerinnen der Liebe“ gründen, welche dann einen eigenen Stand bilden würde. Diesen gilt es jedoch „glänzend und rühmlich zu machen“ (V,5,39). Die daraus hervorgehenden Kinder wären dann dem König verschrieben.

Ein auffälliger Unterschied in dieser Szene im Vergleich zur ersten Fassung besteht darin, dass dieser Reformgedanke nur von dem Obristen ausgeht, während die Gräfin die Gegenmeinung dazu vertritt. Sie stellt seine Idee als frigide und verständnislos gegenüber den Frauen dar: „Wie wenig kennt ihr Männer doch das Herz und die Wünsche eines Frauenzimmers.“ (V,5,35f.). Durch diese Abänderung der Szene beleuchtet Lenz zwei kontroverse Ansichten zu diesem Thema, wobei er die Innovationsidee von dem Obristen als einen anstößigen und unmoralischen Männergedanken wirken lässt. Diese etwas gefühlskalte Darstellung der Idee wählt Lenz offenbar, um seine persönliche Meinung dazu zu implizieren. Denn im Grunde würde diese Reform schon durch die Verpflichtung der daraus resultierenden Kinder gegenüber dem König enorme Unfreiheit für jene bedeuten, was gänzlich gegen die Lebensgrundsätze von Lenz verstoßen würde. Darüber hinaus lässt das zweite Ende den Leser bildlich gesprochen vor einer Weggabelung der Entscheidung stehen, wohingegen die erste Ausführung eine perfekte Lösung - worüber sich zumindest die beiden Charaktere einig sind- darbietet. Die Einforderung der Menschlichkeit, das humane Denken sowie die freie Entscheidungsfällung werden somit nur in der zweiten Szene von Lenz auf den Leser übertragen. Jener muss sich selbst persönlich und kritisch mit dieser kontroversen Fragestellung auseinander setzen und nicht wie in der ersten Fassung schlichtweg mit einem Lösungsvorschlag zufrieden geben.

Ich persönlich halte den Vorschlag des Obristen für unmoralisch und zudem auch für undurchführbar. Es handelt sich aus meiner Sicht hierbei, um einen utopischen Gedanken, welcher in der Realität niemals den erwünschten Erfolg erzielt hätte. Die verschönte Um- und Beschreibung der Idee des Obristen ist im Grunde nichts weiter als staatlich anerkannte Prostitution, welche darüber hinaus auch noch mit Ehrenhaftigkeit verziert sein soll. Zwar hat es in Wirklichkeit wie beispielsweise im Mittelalter weibliche Begleitgruppen für Kriegsheere gegeben, welche dem besagten Zwecke gedient haben, allerdings ist ihr „Dienst“ niemals als honorabel anerkannt worden. Gleichermaßen gestaltet sich meine persönliche Ansicht, denn durch die Durchsetzung eines solchen Vorschlags würde Sexualität zu einem reinen Mechanismus und Grundbedürfnis, wie Essen und Trinken, degradiert werden. Außerdem würden die aus diesen Umständen geborenen Kinder fast einem Sklavenstand gleichen und unschuldigerweise ebenfalls als unehrenhaft angesehen werden. Vielmehr vertrete ich die Meinung, dass die Ursache des Problems im Soldaten selbst liegt. Die Entscheidung dem Soldatenstand beizutreten findet im Bewusstsein der damit einhergehenden Rechte sowie Pflichten statt. Ein zukünftiger Soldat wird demnach zuvor darüber informiert, dass er keine Liebes- oder Ehebeziehungen eingehen darf, denn „ein guter Ehemann, sei ein schlechter Soldat“ (V,5,8f). Diese Entscheidungssituation gestaltet sich ähnlich wie die des Zölibats bei der Priesterweihe. Wenn sich der Soldat also nicht imstande dazu fühlt, diese Bedingung (Ehelosigkeit) zu erfüllen, so muss er einen anderen Beruf wählen, schließlich besteht kein Zwang für ihn, Soldat zu werden.

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