Inwieweit kann Popularmusik Funktionen von Religion übernehmen?

Wenn man sich die Funktionen von Religion (nach F.X. Kaufmann) anguckt, stellt man fest, dass diese einen Großteil des Alltags vieler Menschen widerspiegeln. Wenn man die einzelnen Funktionen betrachtet kann man eine Verbindung zur Musik und besonders zur Popularmusik feststellen.

1. Persönlichkeitsstärkung: Vielen Personen dient die Musik als Anhaltspunkt (nicht nur die Texte, oft ist auch das Gesamtbild eines Musikstücks entscheidend). Sie können sich in diese hineinversetzen oder sehen, dass ihre Situation in bestimmten Liedern widergespiegelt wird, finden sich so in dem was sie hören wieder und können auf diese Art und Weise bestimmte Probleme wie z.B. Angst bewältigen und sich stärker und auch geborgener fühlen. Dadurch werden natürlich auch die Musiker, die die Lieder verwirklicht haben, als besonders angesehen. Auch sie dienen vielen Menschen als Anhaltspunkt, sind Vorbilder und Idole, weil sie die Identität vieler stärken.

2. Rituale und Moral bieten Orientierung in ungewöhnlichen Situationen: Bei diesem Punkt ist es eher unwahrscheinlich, dass die Funktion der Religion hier durch Popularmusik ersetzt werden kann, denn Rituale werden oft mit anderen Arten von Musik in Zusammenhang gebracht und die Moral kann durch die Musik zwar angesprochen werden, doch ist dies meiner Meinung nach eher eine Frage, die jeder selbst beantworten sollte und die sich durch ein Lied nicht verallgemeinern lässt.

3. Kontingenzbewältigung, Auseinandersetzung mit Leid, Unrecht, Schicksalsschlägen: Diese Funktion von Religion lässt sich an zahlreichen Beispielen festmachen, die sich mit genau diesem Thema beschäftigen. Meist thematisieren diese Lieder aktuelle Themen wie Homosexualität oder Krieg. Es sind häufig auch private Angelegenheiten einzelner Musiker, die durch Lieder verarbeitet werden und so anderen Menschen die eventuell vom gleichen Leid, Schicksal oder Unrecht betroffen sind, dabei helfen diese zu verarbeiten und darüber hinweg zu kommen.

4. Sozialintegration, Bildung von Gemeinschaft: Unter anderem durch Popularmusik können auch Verbindungen unter Menschen geschaffen werden, auch wenn sie sich nicht kennen oder nicht die selbe Sprache sprechen. Bei folgendem Aspekt kann man die gegebene Fragestellung erneut positiv beantworten, denn durch Musik können auf jeden Fall Gemeinschaften gebildet werden, welches auch die Sozialintegration anstrebt.

5. Verhinderung von Sinnlosigkeit und Chaos durch Deutung der Welt: Diese Funktion von Religion ist durch Popularmusik wohl kaum ersetzbar. Die Musik kann zwar die Welt deuten (diese Deutung fällt aber bei jedem Musiker anders aus, da auch sie immer eigene Meinungen vertreten, welche grundsätzlich verschieden sind), jedoch ist sie nicht im Stande Sinnlosigkeit und Chaos zu verhindern.

6. Kritik an Ungerechtigkeit und nichtmoralischem Verhalten: Auch hier kann man, ähnlich wie bei Punkt 3 eindeutige Beispiele wie z.B. Take me to church nennen. Es gibt in der Popularmusik zahlreiche Lieder die Kritik üben, sei es an Ungerechtigkeiten die die ganze Welt betreffen, vereinzelten oder gesellschaftlichen Problemen und manchmal sogar an Gott und/oder der Kirche.

Fazit:

Die Funktionen von Religion können teilweise durch Popularmusik übernommen werden.

Hierbei gibt es jedoch auch Unterschiede. Man kann Religion und Popularmusik nicht 1:1 vergleichen, da beide zwei ganz andere Themenbereiche vertreten und darstellen. In einigen Punkten sind sie sich zwar ähnlich, doch man muss beachten, dass Musik nur etwas ausdrückt, Religion jedoch verschiedene Arten der Weltanschauung und somit auch große Bevölkerungsgruppen vertritt und eine größere und relevantere Wirkung auf verschiedene Dinge haben kann. Einige wenige Funktionen der Religion können durch Popularmusik also nur in dem Sinne übernommen werden, dass sie zu jenen verhelfen können (z.B. Persönlichkeitsstärkung, Kontingenzbewältigung, Bildung von Gemeinschaften, Kritik an Ungerechtigkeit).

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