Brecht, Bertolt - Lob des Zweifelns (Analyse Interpretation)

Schlagwörter:
Bertolt Brecht, Gedichtinterpretation, Merkmale des Gedichts, Sprachliche Merkmale, Kernaussagen, Menschenbilder, Referat, Hausaufgabe, Brecht, Bertolt - Lob des Zweifelns (Analyse Interpretation)
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Referat

Gedichtsanalyse „Lob des Zweifelns“ von Bertolt Brecht

Gliederung / Inhalt

Analyse & Interpretation

Bertolt Brecht (geboren im Jahr 1898, gestorben 1956) hat im Laufe seines Lebens etwa 2300 Gedichte geschrieben. Es handelt sich dabei um Lehrgedichte, die sich am Gebrauchswert orientieren. Das Gedicht „Lob des Lernens“ war Teil des Theaterstücks „Mutter“, das 1932 aufgeführt wurde. Brecht appelliert in diesem Gedicht an die unterprivilegierten und ausgeschlossenen Menschen, denen es an Grundbildung fehlt, die ins Abseits geschoben werden oder auch wegen ihres Status als Arbeiter von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen sind. Er fordert diese Menschengruppen auf, in allen Kulturbereichen zu lernen.

Während unseres Lebens erfahren wir viele schöne Momente und fühlen uns wohl in der Welt. Allerdings denken wir auch viel nach und vor allem zweifeln wir sehr oft. Zweifeln assoziieren wir mit Hilflosigkeit und Misstrauen, wir sehen es als negative Lebensform in unserem Leben. Allerdings denken nicht alle negativ, wenn sie das Wort „Zweifeln“ hören. Berthold Brecht sieht den Zweifel in seinem Lehrgedicht „Lob des Zweifelns“, aus dem Jahr 1934, sehr positiv und gibt dem Leser dabei viele Beispiele, wo es gut ist zu zweifeln. Mit seinem Gedicht „Lob des Zweifels“ verfolgt der Schriftsteller Bertolt Brecht das Ziel, die Menschheit von der Wichtigkeit des Zweifelns im Leben zu überzeugen.

Zu Beginn des Gedichtes macht das lyrische Ich darauf aufmerksam, dass er dem Zweifel positiv entgegensieht (vgl.Z.1). Außerdem lobt er auch den Skeptiker und bemängelt beim Leser das Fehlen der Skepsis (Z.2ff.). Zu der These in der ersten Strophe stellt Brecht hier bildhaft ein Beispiel dar. Es handelt von einer Armada, die in den Kampf zieht, aber zurückkehrt mit einer zählbaren Folge von Schiffen (vgl. Z.9ff.). Die dritte Strophe des Gedichts handelt von der unbezwingbaren Natur, die jedoch durch den Menschen bezwingbar gemacht wird (vgl. Z. 13ff.). Daraufhin wird die positive Wertung eines Zweifels von Brecht formuliert, indem bestehendes umgestoßen wird und sogar zum Umsturz aller Verhältnisse führen kann. Die sechste Strophe in dem Lehrgedicht handelt von einem wissenschaftlichen Lehrsatz, der in das Merkbuch des Wissens eingetragen wurde und den alle für weise hielten (vgl. Z.8ff.), den jedoch die Menschen durch neue Erfahrungen anzweifelten (vgl. Z.32ff.). Anschließend bemängelt das lyrische Ich, dass es schwer sei zu zweifeln (vgl. Z.44) aufgrund der Lehren von Militär, Politik, Wissenschaft und Kirche (vgl. Z. 36ff.). In der nächsten Strophe berichtet Brecht von einem Mann – der hier für die Wissenschaft steht – der mühsam für eigene Erkenntnisse aber auch für Forschung und Menschheit arbeitet. In der neunten Strophe spricht der Verfasser des Gedichtes von den Menschen, die niemals zweifeln und nur sich selbst glauben, egal ob die Fakten dagegen sprechen (vgl. Z.48ff.). Er nennt sie die „Unbedenklichen“ (Z.47). Anschließend spricht Brecht von den Menschen, die sehr oft zweifeln. Diese Menschen handeln niemals (vgl. Z.54) und zweifeln nur um Entscheidungen aus dem Weg zu gehen (vgl. Z.56). Seine oben genannte These über die „Bedenklichen“ (Z.54), belegt er mit Beispielen. Die „Bedenklichen“ warnen die Insassen der sinkenden Schiffe vor dem Wasser (vgl. Z.57f.) und kurz vor dem Tod durch einen Mörder fragen sie sich, ob er auch nur ein Mensch sei (vgl. Z.59ff.).

In der elften Strophe appelliert das lyrische Ich den Zweifel zu loben (vgl.Z.65), aber nicht die Art des Zweifelns, was zum Verzweifeln führe (vgl. Z.67). Anschließend geht Bertolt Brecht erneut auf die „Bedenklichen“ ein. Durch den Zweifel folgt eine Konsequenz, die nicht mit dem Vorwand abgewiesen werden darf, falsch handeln zu wollen (vgl. Z. 68ff.). Zum Schluss wendet sich der Autor an den „Führer“ (Z.74), der seinen „Geführten“ (Z.76) erlauben soll zu zweifeln, weil er es auch tat (vgl. Z.74ff.).

Das Lehrgedicht besteht aus 12 Strophen, die sowohl alle eine unterschiedliche Versanzahl, als auch kein Reimschema besitzen. Damit will Brecht bezwecken, dass sein Lehrgedicht nicht als Form eines Gedichtes wahrgenommen wird, sondern dass der Leser aus seinen Gedanken eine Lehre zieht, nämlich, dass Zweifeln gut ist.

Das Gedicht ist gerade am Anfang als Appell aufzufassen, so heißt es „Lest die Geschichte und seht [...]“ (Z.6). Brecht wählt die Art des Einstieges so um den Leser direkt ansprechen zu können und seine Aufmerksamkeit vollkommen zu erlangen. Er benutzt außerdem sehr oft den Konjunktiv „Ich wollte, Ihr wärt weise [...]“ (Z.4) um seine Wünsche zu äußern, die im Kontrast zu der Wirklichkeit stehen. Durch seine häufig auftretenden Interjektionen „Oh schönes Kopfschütteln“ (Z.16) möchte er die Wichtigkeit des Zweifelns hervorheben und den Leser dazu auffordern, zu zweifeln. Seine metaphorischen Ausdrücke „[...]auslaufende Armada [...]“(Z.10) benutzt Bertolt Brecht bewusst, um die Wirkung seiner Thesen zu verstärken und zu unterstützen. Das Wortspiel „Schweißtriefend bückt sich der Mann, der das Haus baut, in dem er nicht wohnen soll. Aber es schuftet schweißtriefend auch der Mann, der sein eigenes Haus baut.“ (Z.45) soll bei dem Leser Verwirrung hervorrufen und ihn zum Nachdenken anregen, da man nicht versteht, wie Brecht dieses Wortspiel mit dem Zweifel verbindet. Durch die Hyperbel „ihr Urteil ist unfehlbar“ (Z.48) möchte Brecht die unbedenklichen Menschen verspotten, die niemals zweifeln und möchte des Weiteren darauf aufmerksam machen, dass diese Menschen nur sich selbst vertrauen. Durch Appell, Alliteration und Ansprache „Du, der du [...]“ (Z.74) fühlt sich der Leser als Individuum vom lyrischen Ich persönlich betrachtet. Die Alliteration weckt durch ihren Wohlklang/doppelte Ansprache Aufmerksamkeit. Der Autor möchte ausdrücken, dass die Gesellschaft die Kraft hat durch den Zweifel eine führende Position zu erlangen.

Bertolt Brecht versucht mit seinem Lehrgedicht dem Leser zu vermitteln, dass es gut ist zu zweifeln und zu handeln, denn sonst kommt man nicht im Leben weiter. Allerdings sollte man nicht den Zweifel loben, der zum Verzweifeln führt.

Ich stimme Brecht teilweise zu, denn in verschiedenen Lebenssituationen ist es wichtig an Entscheidungen oder Thesen zu zweifeln, denn dadurch erreicht man den richtigen Weg. Es ist auch wichtig an der Gesellschaft bzw. einzelnen Personen zu zweifeln, denn wenn man jedem vertraut, wird es vielleicht ausgenutzt. Ein Beispiel dafür ist das Geld. Wenn ich einem fremden Menschen mein Geld anvertraue, werde ich es wahrscheinlich nie wieder bekommen, weil ich einfach blind vertraut habe, ohne an der Manier des Menschen zu zweifeln. Der Zweifel bringt uns also Sicherheit im Leben.

Allerdings assoziieren wir meistens den Zweifel mit negativen Dingen. Wenn wir uns in einer schwierigen Lebenssituation befinden und zweifeln, sind wir unglücklich und haben Angst, vor dem was geschieht. Außerdem fühlen wir uns hilflos und hoffnungslos und dadurch verzögert sich unser anschließendes Handeln. Der Zweifel ist ein Teil in unserem Leben und ich denke, dass wir ihn brauchen. Würden die Menschen nicht zweifeln, würden wir vielleicht noch in einer Monarchie leben, wo es keine Menschenrechte gäbe und die Technik wäre bei uns auch noch nicht so weit, wie sie es jetzt ist. Wir würden immer noch denken, dass die Erde eine Scheibe ist und dass, man herunterfällt, wenn man am Ende des Meeres ankommt. Der Zweifel ist also auch eine Bedingung für die technische und wissenschaftliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

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Merkmale des Gedichts:

  • Strophen (14)
  • Verse mit unterschiedlicher Anzahl (2-4 Verse)
  • Kein Reinschema, Metrum
  • Unregelmäßiger Wechsel zwischen weiblichen und männlichen Kadenzen
  • Enjambements (Zeilensprünge)

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Sprachliche Merkmale:

  • viele Ausrufe → Appellcharakter
  • Konjunktiv II
  • Ironie (V.44/45 V.65)
  • Viele Paradoxen (V.13/14/15)
  • Interjektion (V.16, 18…)
  • Alliterationen (V.4)
  • Anaphern (V.48ff)
  • Personifikationen (V.66)
  • Metaphern (V.13-15 V.59-61)
  • Persönliche Meinungsäußerungen als Einstieg
  • Wiederholungen (V.48, 54, 75ff…)
  • Rhetorische Mittel (V.49)
  • Imperative
  • Wechsel des Satzbaus (Para + Hypertaktisch)
  • Persönliche Ansprache (V.1,…)
  • Ellipse (V.16)
  • Wahl der Adjektive (sehr verneinend, negativ…)

Das Gedicht unterliegt keinem Reim- und Rhythmusschema, weist dafür aber einen starken, für ein Lehrgedicht typischen Appellcharakter auf. Dieser wird durch viele Ausrufezeichen (z.B. „Gelobt sei der Zweifel!“ V.1, „Was hat er an Opfern gekostet!“ V.25, „So lobt nicht das Zweifeln, das ein Verzweifeln ist!“ V.64-65) verdeutlicht.

Hinzukommen diverse Imperative (z.B. „Lest die Geschichte und seht(…)“ V.6, „So gestatte den Geführten zu zweifeln!“ V.77-78), durch welche sich die Leser direkt vom lyrischen Ich (in Strophe 1, V.1&4) angesprochen fühlen sollen. Enjambements (V.4-5, V.6-7) sorgen für die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers und regen dazu an weiterzulesen. Allgemein scheint Brecht eine gebildete Leserschaft ansprechen zu wollen, da sein Gedicht in einer gehobenen Sprache verfasst ist.

Um sein Gedicht noch überzeugender wirken zu lassen, macht Brecht auch Gebrauch von verschiedenen Stilmitteln. Ein sehr wichtiges Stilmittel, das wiederholt auftritt, ist das Paradoxon („In wilder Flucht die unbesieglichen Heere“ V.7, „Stürzen unzerstörbare Festungen ein“ V.9, „So stand eines Tages ein Mann auf dem
unbesteigbaren Berg“ V.13). Es regt die Leser zum aktiven Zweifeln an. Wer das Gedicht aufmerksam liest, sollte die vielen Widersprüche erkennen und sie anzweifeln können. Außerdem verwendet der Schriftsteller Parallelismen („O schönes Kopfschütteln über der unbestreitbaren Wahrheit! O tapfere Kur des Arztes an dem rettungslos verlorenen Kranken!“ V.16-19, „Den Unbedenklichen, die niemals zweifeln begegnen die Bedenklichen, die niemals handeln.“ V.54-55), welche oft Sachverhalte verdeutlichend gegenüberstellen sollen. Schließlich lässt sich auch das Stilmittel der Anapher („O schönes Kopfschütteln(…)! O tapfere Kur(…)!“ Z.16&18) im Gedicht wiederfinden.

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Kernaussagen (konkret am Text):

  • Der Zweifel kann Wahrheiten infrage stellen und erneuern
  • Zweifel wird problematisiert
  • Der Zweifel beinhaltet eine Notwendigkeit zur gesellschaftlichen und politischen Veränderung
  • Der Zweifel als „Motor“ für individuelle Entwicklung
  • Zweifel contra Verzweiflung

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Drei typisierte Menschenbilder

die Brecht in Beziehung zu einander setzt:

  1. der Zweifler
    • sieht in der kritischen Betrachtung seiner Welt Möglichkeiten der Veränderung, insbesondere zum Wohl der bislang Unterdrückten
    • für ihn ist der Wandel notwendig, um wissenschaftlichen Fortschritt und gesellschaftliche Prozesse zu initiieren und voranzutreiben. (Bsp. V. 13-15)
  2. der Unbedenkliche
    • steht für das Denken in statischen Systemen und Dogmen
    • unveränderbare Wahrheit ist die entscheidende Richtschnur
    • Veränderungen werden als Bedrohung angesehen
    • Zweifel stellt das System (Ideologie und Weltbild) in Frage und muss bekämpft werden (Bsp. V. 50/51)
  3. der Zauderer
    • zweifelt zwar, kann den Zweifel aber aufgrund von Entscheidungsschwäche nicht in konkretes Handeln umsetzen
    • weicht Entscheidungen aus (Vermeidungsstrategie) (Bsp. V.66-68, V.69/70)

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Wertung

Insgesamt sagt Brechts Gedicht aus, dass man alle Feststellungen hinterfragen und nicht alle Aussagen leichtfertig hinnehmen sollte. Die Zeit entwickle sich nun einmal weiter und mit der Zeit kämen auch neue Erfahrungen dazu, die man immer wieder auf veraltete Erkenntnisse übertragen sollte. Dies vergleicht Brecht in der siebten Strophe mit einem Menschen der nach langer Zeit einen Satz aus dem „Merkbuch des Wissens“ (vgl. V.34) durchstreicht, da er ihn als zweifelhaft anerkennt. Auch sollte man sich nicht von anderen Menschen unterdrücken lassen, die einem als eine vermeintliche Autoritätsperson erscheinen. Der Schriftsteller macht auf die Klischees, die einen automatisch zu weisen Menschen machen in der achten Strophe aufmerksam.

So stellten „bärtige Ärzte“ (vgl. V.37) und „strahlende Wesen mit goldenen Abzeichen“ (vgl. V.38) für viele Personen dar, denen man sich unterzuordnen habe, nur weil sie „bärtig“ seien oder „goldene Abzeichen“ tragen. Brechts Meinung nach, sollte man eine solche Einstellung ablegen und anfangen eigenständig zu denken und zu handeln. Nur so könne man vernünftig zweifeln. Auch Selbstzweifel seien in Maßen sehr wichtig, da sie vor Selbstüberschätzung bewahren.

Die eigenen Ansichten seien ansonsten immer nur sehr subjektiv. Brecht kritisiert zwei Sorten von Menschen. Die „Unbedenklichen, die niemals zweifeln“ (vgl. V.54) und die „Bedenklich, die niemals handeln“ (vgl. V.55). Diejenigen, die niemals zweifeln, vor allem nicht an sich selbst, hätten eine sehr starke subjektive Meinung, die nicht immer richtig sein könne. Um es zu etwas bringen zu können, müsse man sich mit verschiedenen Argumenten und Ansichten auseinandersetzen können, was die Unbedenklichen nicht könnten. Die Bedenklichen würden zwar sehr viel zweifeln, aber nie zu einer endgültigen Entscheidung kommen.

Sie zweifeln so lange, bis sie verzweifeln. Brechts Ansicht nach müsse man zweifeln mit dem Ziel zu einer Entscheidung kommen zu wollen. Nur so habe das Zweifeln einen Sinn. Zur Verdeutlichung gibt Brecht in der elften Strophe das abschreckende Beispiel mit dem Menschen, der sich unter der Axt des Mörders fragt, ob dieser nicht auch nur ein Mensch sei, anstatt zu fliehen (vgl. V.60-61). Als Preis für sein zu ausgeprägtes Zweifeln zahle der Mensch mit seinem Leben.

Zusammenfassend lässt sich schließen, dass Brecht von den Menschen erwartet, dass sie viel zweifeln, anschließend aber auch handeln können und dass sie auch fähig sein sollten, gelegentlich an sich selbst zu zweifeln.

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Abriss des Lebens von Bertolt Brecht

  • 1898 - Bertold Brecht wird in Augsburg geboren.
  • 1908 - Besuch des Peutinger-Realgymnasium in Augsburg (bis 1917).
  • 1918 - Sanitäter im 2. Weltkrieg.
  • 1922 - Heirat mit der der Schauspielerin Marianne Zoff.
  • 1922 - Gewinn des „Kleist-Preis“.
  • 1927 - Scheidung von Marianne Zoff.
  • 1929 - Heirat mit der Schauspielerin Helene Weigel.
  • 1929 - Uraufführung des Theaterstückes „Die Dreigroschenoper“.
  • 1933 - Flucht vor den Nazis nach Dänemark, Schweden und Finnland.
  • 1941 - Uraufführung des Theaterstückes „Mutter Courage“ in Zürich.
  • 1941 - Reise in die USA.
  • 1943 - Uraufführung des Theaterstückes "Leben des Galilei" in Zürich.
  • 1947 - Abreise aus den USA. Einreise in die Schweiz.
  • 1948 - Rückkehr nach Berlin.
  • 1956 - Tod infolge eines Herzinfarktes in Berlin.

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