Eichendorff, Joseph von - Sehnsucht (Analyse Gedicht)

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Joseph von Eichendorff, Gedichtinterpretation, Interpretation, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Eichendorff, Joseph von - Sehnsucht (Analyse Gedicht)
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Referat

Sehnsucht (Joseph von Eichendorff)

In dem Gedicht „Sehnsucht“ (1830/31) von Joseph von Eichendorff (1788-1857) geht es um das lyrische Ich, das in einer Sommernacht sehnsuchtsvoll aus dem Fenster heraus die Natur beobachtet und ihr lauscht. Der Ort am Fenster ist der Ort des Fernwehs, der Sehnsucht nach dem Aufbruch in ein von Unbegrenztheit und Freiheit bestimmtes, anderes Leben. Die Romantiker hatten eine Vorliebe für dieses Motiv. „Sehnsucht“ gehört zu den berühmtesten Gedichten von Joseph von Eichendorff. Wie kein anderer beschreibt er darin die Sehnsucht nach Freiheit, Liebe und Natur.

Sehnsucht kommt von dem Wort "Siechtum" und ist ein pathologisches Gefühl, leiden zu wollen. Es ist ein schmerzliches Verlangen nach etwas schwer Erreichbaren, das fern ist. Das Gedicht "Sehnsucht" von Joseph von Eichendorff, 1834 in der Romantik entstanden, handelt von einem lyrischen Ich, das voller Sehnsucht am Fenster steht und zwei Wanderer beobachtet, die singend an ihm vorbeiziehen, wobei in ihm die Reiselust und Sehnsucht entfacht werden.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils acht Versen. Die einzelnen Verse und Strophen haben die gleiche Länge, sodass eine syntaktische Regelmäßigkeit herrscht. Jedoch herrscht ein unregelmäßiges Versmaß. Der Rhythmus basiert auf einem trochäisch-daktylischen Metrum mit Auftakt, der jedoch nicht gleichmäßig, sondern mit leichten Variationen gehandhabt wird. Daher wirkt dieser melodisch, locker, gleichsam leichtfüßig und nicht gemessen schreitend.

Alle Strophen weisen einen doppelten Kreuzreim auf (abab cdcd), wobei in den ersten beiden Strophen die Kreuzreime überdies durch Assonanzen verbunden sind (Strophe 1: „Sterne“/ „Ferne“- „entbrennte“/ „könnte“; „stand“ / „Land“ – „gedacht“ / „-nacht“; Strophe 2: „gingen“/ „singen“ – „-schlüften“/ „Klüften“ – „-hang“/ „entlang“ – „sacht“ / -„nacht“) . Die Kadenzen wechseln regelmäßig zwischen klingend (weiblich) und stumpf (männlich). Durch diese Handhabung des Reims entsteht ein höchst harmonischer Klang, der durch die Vokalität im gesamten Gedicht noch verstärkt wird. In den ersten beiden Strophen und in der ersten Hälfte der dritten dominieren helle Vokale (Beispiel 1. Vers: a-ie-e-o-o-ie-e-e etc.), im zweiten Teil der dritten Strophe die dunklen (Beispiel 22. Vers: a-e-au-e-a-e-a). Zahlreiche Wiederholungen unterstützen diese Klangharmonie noch: Wiederholung eines ganzen Verses (8 und 24), dazu noch „-nacht“ in Vers 16; „rauschen“, V. 14 und 23; „hörte“, V.3 und 11; „stille“, V.4 und 12; „singen“ / „sangen“, V.11 und 17.

Dem formalen Aufbau in drei Strophen steht eine inhaltliche Zweigliederung gegenüber: Vers 1-12 und Vers 13-24. Im erste Teil werden die Situation des lyrischen Ichs, der Anlass für sein Sprechen, seine Wahrnehmungen und Empfindungen dargestellt. In einer klaren Sternenacht steht das lyrische Ich einsam am Fenster, hört ein Posthorn in der Ferne herüberklingen und seine Reiselust erwacht (Vers 4f.). Verstärkt wird diese noch durch die Beobachtung von zwei Wanderern, die ein Lied singen (Vers 9ff.). Der zweite Teil enthält dann den Inhalt dieses Liedes. Es besingt zunächst (V. 13-16) die wilde, freie Natur, dann eine kulturgeprägte Gartenlandschaft, die mit ihren Versatzstücken an die Sehnsuchtslandschaft der Deutschen, Italien, erinnert (V.17-24).

Zwischen den beiden Teile ergeben sich einige Korrespondenzen: Der goldene Schein der Sterne (V.1) wird aufgegriffen im Mondenschein (V. 20), der Klang des Posthorns (V.4) im Klang der Lauten (V.22), das am Fenster stehende Ich, das in der Ferne das Posthorn hört (V. 2f) in den Mädchen, die am Fenster den Lauten lauschen (V.21f.); schließlich wird die „prächtige Sommernacht“ am Ende der ersten und der letzen Strophe beschworen. Der Wohlklang des Gedichts und seine Wortmusik korrespondieren mit den akustischen Reizen, die den Inhalt und die darin zum Ausdruck gebrachte Stimmung prägen: der Ton des Posthorns, der Gesang der Wanderer, das Rauschen der Wälder und der Brunnen, der Klang der Lauten.

Schon der Titel des Gedichts „Sehnsucht“ zeigt einen eindeutigen Bezug zur Epoche der Romantik. Die Sehnsucht war das bestimmende Gefühl. Im Gedicht wird diese Sehnsucht als Sehnsucht nach der weiten Ferne und dem Reisen ausgedrückt (1. Strophe). Schlüsselworte hierfür sind „einsam“, V.2; „aus weiter Ferne“, V.3 und die Metapher „das Herz mir im Leib entbrennte“, V. 5. Charakteristisch sind auch Ausrufe wie „ach“ in Vers 7.

In der Romantik fand auch die Ursprünglichkeit der Natur einen Platz. In „Sehnsucht“ träumt das lyrische Ich von der Natur außerhalb der eigenen Wände des Hauses. Hierbei werden schmückende Adjektive verwendet („prächtige Sommernacht“, V. 8 und 24; „schwindelnde Felsenklüfte“, V. 13). Der Konjunktiv „Ach, wer da mitreisen könnte“ in Vers 8 weist auf das Irreale, die Unerfüllbarkeit des Wunsches hin. Nur aus dem Gesang erfährt es von der wilden, freien Natur. Auch die Sommernacht, anfangs als direkter Eindruck am Fenster, existiert am Ende nur noch im Lied der Wanderer. Das lyrische Ich gibt sich mehr und mehr einer erträumten Wunschwelt hin.

Eichendorffs Gedicht Sehnsucht“ beinhaltet zahlreiche typische Motive für die Epoche der Romantik, wie die Natur, Reiselust und Musik. In der Romantik wird nicht nur das Visuelle beschrieben, sondern auch das Akustische und auch der feinfühlige Sinn. Das Motiv der Sehnsucht lässt sich als Metapher für die als krisenhaft erfahrene Situation der politischen Unterdrückung (sei es durch die Fremdherrschaft Napoleons, sei es durch die Restauration der überkommenden Fürstenherrschaft) und der Entfremdung des Individuums durch die Zwänge der Industriegesellschaft deuten, der das Ich zu entfliehen wünscht. Es zeigt somit eine Grenz- und Schwellensituation. Die Grenze zwischen dem geschlossenen Raum und der Weite draußen, die für Entgrenzung und Freiheit steht, wird durchbrochen, jedoch nur als Ausblick.

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