Günderrode, Karoline von - Der Kuss im Traume (Interpretation)

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Referat

Der Kuss im Traume - Karoline von Günderrode

Der Kuß im Traume
von Karoline von Günderrode

Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,
Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,
Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten
Daß neue Wonne meine Lippe saugt.
 
In Träume war solch Leben eingetaucht,
Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten,
Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.
 
Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
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Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
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Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.
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Drum birg dich Aug' dem Glanze irr'dscher Sonnen!
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Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen
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Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluthen.

(„Der Kuß im Traume“ von Karoline von Günderrode ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.2 KB) zur Unterstützung an.)

Karoline von Günderrode

Karoline Friederike Louise Maximiliane von Günderrode (11. Februar 1780 - 26. Juli 1806) war eine deutsche Dichterin der Romantik, geboren in Karlsruhe. Sie benutzte den Namen von Tian. Günderrode, das älteste von sechs Geschwistern, stammte aus einer aristokratischen, aber armen Familie. 1797 trat sie in eine von einer gemeinnützigen Stiftung geführte Residenz in Frankfurt am Main ein, in der arme, unverheiratete Adlige respektabel leben und gleichzeitig auf der Suche nach einem geeigneten Ehepartner waren. In Frankfurt war sie unter anderem mit den drei Geschwistern Kunigunde Brentano (später von Savigny; 1780-1863), Bettina von Arnim (geb. Brentano) und Clemens Brentano befreundet.

Günderrode konnte sich nicht mit den vorgeschriebenen weiblichen Rollen abfinden. Karoline litt unter einer nervös induzierten Melancholie und hatte ein unberechenbares Temperament, das einige Menschen von ihr entfremdete.

Im Rahmen einer gesellschaftlichen Veranstaltung traf Günderrode den Rechtswissenschaftler Friedrich Carl von Savigny und verliebte sich in ihn. Einige Zeit später erhoffte sich von ihm einen Heiratsantrag, aber Savigny entschied sich stattdessen, ihre weniger intellektuelle Freundin Kunigunde Brentano zu heiraten.

Nach dem, was sie als Verrat von Savigny sah, arbeitete Günderrode an ihrer Kunst als Dichterin, mit dem Ziel, Leben und Schreiben zu vereinen. Sie schrieb Werke mit starken heroischen Frauen in einer zentralen Rolle, wie Hildegun und Nikator und Mora. Durch ihr Schreiben kritisierte sie die Ideale der damaligen bürgerlichen Gesellschaft und ihre traditionellen Geschlechterrollen.

1804 traf Günderrode den Philologen und Archäologen Georg Friedrich Creuzer. Obwohl er verheiratet war, entwickelten sie eine Beziehung. Creuzer bat seine Frau um eine Scheidung, der sie zustimmte, aber Creuzer, der unter seiner geheimen Beziehung zu Günderrode Depressionen erlitt, und die Angst vor dem öffentlichen Skandal einer Scheidung, schob die Entscheidung immer wieder auf. Er suchte Rat bei seinen Freunden und Kollegen, die ihm vorschlugen, Günderrode zu vergessen, da sie nie eine geeignete Frau sein würde. Inmitten der ungelösten Situation wurde er krank; schließlich schickte er über einen Freund einen Brief an Günderrode, um die Beziehung zu beenden. Als Günderrode die Nachricht erhielt, tötete sie sich mit einem Dolch am Rheinufer.

Günderrode und Heinrich von Kleist waren die beiden Hauptfiguren in Kein Ort. Nirgends, ein Roman von Christa Wolf, erschien 1979. Es handelt sich um ein fiktives Treffen zwischen Günderrode und Kleist, bei dem die beiden dem leeren Geschwätz einer Teegesellschaft durch einen langen Spaziergang entkommen. Kleist beendete sein Leben auch in einem Selbstmordpakt mit der krebskranken Henriette Vogel.

Inhalt des Gedichtes

Das Gedicht „Der Kuss im Traume“ von Karoline von Günderrode wurde 1805 veröffentlicht.

Das lyrische Ich verspürt nach dem Erlangen eines Kusses eine starke Sehnsucht nach der Nacht, der Dunkelheit bzw. dem Tod. Dabei verbindet es den Tag bzw. das Leben mit negativen Gefühlen wie Schmerz und möchte davor fliehen. In der 1. Strophe berichtet das lyrische Ich von einem Kuss, der es zum Leben erweckte und seine Sehnsucht linderte. Nun fordert es die Dunkelheit auf wieder zu kommen, damit es weiterhin von dem Kuss träumen könne. In der nächsten Strophe werden die Gedanken und Gefühle der Ersten vertieft. Das lyrische Ich will seine sehr lebhaften Träume als Ziel seines Lebens machen. Dadurch wird das Leben außerhalb der Träume abgewertet und als irrelevant bezeichnet. Dies wird nochmal in der dritten Strophe deutlich. Der Tag wird dort als schlecht und schmerzhaft dargestellt. Die letzte Strophe verbindet die Gefühle für den Tag und für die Nacht. Man kann dem Tag nur entkommen, wenn man sich der Nacht und der Dunkelheit hingibt.

Form

Das Gedicht besteht aus 4 Strophen. Die ersten beiden Strophen haben jeweils 4 Verse, die letzten beiden Strophen beinhalten 3 Verse. Das Reimschema der ersten beiden Strophen ist ein umarmender Reim (abba). Die ersten und der letzten Verse der beiden Strophen enden jeweils mit einer männlichen Kadenz die mittleren Verse enden mit einer weiblichen Kadenz. In den letzten beiden Strophen verwendete die Verfasserin den verschränkten Reim (abc abc). Alle Verse enden jeweils mit einer weiblichen Kadenz. Das Metrum ist ein fünfhebiger Jambus.

Interpretation und Analyse

In dem Gedicht wird der große Gegensatz zwischen Tag und Nacht deutlich. Es werden vorallem Wörter aus den Wortfeldern Tag und Nacht verwendet. Die Nacht wird als sehr positiv empfunden. Dies wird durch positive Wörter wie „neue Wonne“(V.4) und „süßen Balsam“ (V.8) und Heilung (vgl. V.14) deutlich. Die Nacht/Dunkelheit wird durch Verwendung von Personifikationen zu einer vertrauten schützenden Umgebung. Die Nacht und der Traum dienen dem lyrischen Ich als Fluchtmöglichkeit vor dem Tag und der Wirklichkeit. Anders als es eigentlich üblich ist wird der Tag hier als negativ und schmerzhaft dargestellt. Er wird als „karg“ (V.9) bezeichnet und das Licht des Tages verletzt (vgl. V.10) und „verzehrt“ (V.11) das lyrische Ich. Das Leben, das am Tag stattfindet wird als „Glanz“ (V.7,12) bezeichnet. Als oberflächlicher Schein, für den es sich nicht zu leben lohnt. Man kann darauf schließen, dass der Tag ein Symbol für die Realität ist. Die Nacht hingegen ist grenzenlos und dadurch, dass man nicht viel erkennen kann ist viel Platz für Kreativität und Phantasie. Dies verdeutlicht die Grundgedanken der Romantik. Man solle nicht Vernunft und Verstand entscheiden lassen sondern auch auf seine Gefühle und seine Träume achten. Ebenfalls werden in dem Gedicht mystische und überirdische Elemente angesprochen. Der Tag ist „irdisch“(vgl. V.12), die Nacht im Gegensatz überirdisch. Das wird auch dadurch zum Ausdruck gebracht das nur die Nacht personifiziert wird, der Tag nicht.

Besonders zu beachten ist der letzte Vers. Das Bild der kühlen Fluten des Lethes, das die Verfasserin als Vergleich in das Gedicht eingebaut hat, bildet den Abschluss der sich steigernden Gedanken( Verlangen stillen- schmerz heilen). Lethe ist in der griechischen Mythologie ein Fluss in der Unterwelt. Die Seelen der Toten, die daraus trinken, verlieren ihre Erinnerungen an ihr irdisches Leben. Hier drückt sich entweder eine starke Sehnsucht nach dem Vergessen von zum Beispiel schlimmen Ereignissen im Leben des lyrischen Ichs oder sogar eine Todessehnsucht aus. Schon in den ersten Strophen können einige Gedanken als Todessehnsucht verstanden werden. Die „Dunkelheit“(V.3) bezieht sich dann auf eine andere Dunkelheit als die der Nacht. Der Satz „ewig Träume zu betrachten“ (V.6) kann so gedeutet werden, dass das lyrische Ich sich nach dem „ewigen“ Schlaf, dem Tod sehnt. Die „irdischen Sonnen“(V:12) beziehen sich in dem Fall nicht auf den Tag sondern das irdische Leben das verlassen werden soll.

Durch die Erwähnung des Lethesflusses wird die Nacht zum Symbol des Todes. Die Bilder von Nacht, Traum und Tag können nun doppeldeutig verstanden werden. Man kann darauf schließen, dass das Leben des lyrischen Ich unerfüllt ist, denn es verbindet mit der Realität nur Schmerzen und Sehnsüchte, die nur im Traum und in der Dunkelheit erfüllt und gelindert werden können.

Stilmittel

  • Anapher („Drum leb ich…. Drum birg dich….“)
  • Alliteration („Sie stillet..“; „aller andren“; „seiner Sonnen“; „so süßen“)
  • Vergleich („Wie Lethes kühle Fluten)
  • Personifikation („ Nacht haucht süßen Balsam“)
  • Symbol („Nacht“ → Tod; „Tag“ → Realität)

Quellen

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