Vinci, Leonardo da - Das letzte Abendmahl (Interpretation)

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Leonardo da Vinci, Bildanalyse, Bildinterpretation, Renaissance, Jesus, Referat, Hausaufgabe, Vinci, Leonardo da - Das letzte Abendmahl (Interpretation)
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Referat

Leonardo da Vinci – Das letzte Abendmahl – Interpretation

Leonardo di ser Piero da Vinci wurde am 15. April 1452 geboren und verstarb am 2. Mai 1519. Da Vinci war ein italienischer Universalgelehrter der Renaissance, dessen Interessengebiete Erfindung, Malerei, Bildhauerei, Architektur, Naturwissenschaften, Musik, Mathematik, Ingenieurwesen, Literatur, Anatomie, Geologie, Astronomie, Botanik, Schrift, Geschichte und Kartographie waren. Er wurde mehrfach als Vater der Paläontologie, Technologie und Architektur bezeichnet und gilt als einer der größten Maler aller Zeiten. Das Universalgenie ist berühmt für die Mona Lisa, seine anatomischen Zeichnungen und seine Proportionsstudie "Der vitruvianische Mensch". Manchmal wird er mit Erfindungen wie dem Fallschirm, dem Hubschrauber oder dem Panzer in Verbindung gebracht. Mit vielen dieser Tüfteleien war Leonardo seiner Zeit weit voraus. Neben der Kunst trugen die diversen Erfindungen zu seinem Ruhm bei, darunter ein Fallschirm, ein Taucheranzug und ein Panzer. Er verkörperte das humanistische Ideal der Renaissance.

Viele Historiker und Wissenschaftler betrachten Leonardo als das Paradebeispiel für das Universal Genius oder den Renaissance-Menschen, ein Individuum von unstillbarer Neugierde und fieberhaft erfinderischer Phantasie, und er gilt als einer der vielfältigsten Talente, die je gelebt haben. Laut der Kunsthistorikerin Helen Gardner waren Umfang und Tiefe seiner Interessen beispiellos in der Geschichte, und sein Geist und seine Persönlichkeit erscheinen uns übermenschlich, während der Mann selbst geheimnisvoll und abgelegen ist stellt Marco Rosci fest, dass, obwohl es viele Spekulationen über sein Leben und seine Persönlichkeit gibt, sein Weltbild eher logisch als geheimnisvoll war und dass die empirischen Methoden, die er anwandte, für seine Zeit unorthodox waren.

Im folgendenText wird das Wandgemälde „Das letzte Abendmahl“, das von 1495 bis 1498 von Leonardo da Vinci mit Tempera auf Putz gemalt wurde, bezüglich des rezeptionsästhetischen Ansatzes interpretiert. Die Rezeptionsästhetik fragt nach der gedanklichen und emotionalen Wahrnehmung künstlerischer Werke und inwieweit sie bereits im Gegenstand angelegt ist bzw. erst im Prozess der Rezeption entsteht. Das „letzte Abendmahl“ befindet sich an der Nordwand des Speisesaals des Refektoriums der mailändischen Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie. 1494 wurde es vom damaligen mailändischen Herzog Ludovico Sforza in Auftrag gegeben. Ludovico Maria Sforza (genannt il Moro; geboren am 27. Juli 1452 in Vigevano; gestorben am 27. Mai 1508 in Loches) war von 1494 bis 1499 und 1500 Herzog von Mailand und berühmt als Förderer Leonardo da Vincis und anderer Künstler. Er verlor das Herzogtum 1500 an die Franzosen und starb als deren Gefangener.

Das Bild misst 422 × 904 cm und zeigt Jesus mit den zwölf Aposteln, unmittelbar nachdem dieser ihnen beim letzten gemeinsamen Essen am Vorabend seiner Kreuzigung sagte: „Einer von euch wird mich verraten“.

Für den rezeptionsästhetischen Ansatz gilt die grundlegende Leitfrage: Wie wird der Betrachter angesprochen und in das Bild mit einbezogen? Bei diesem Werk stehen für die Interpretation drei wichtige Punkte im Vordergrund: Die Beziehung zwischen Raum und Figuren, die Komposition des Bildes und die Leerstellen im Bild, auf die ich im Folgenden eingehen werde.

Beim Betrachten des Bildes fällt zunächst auf: Keiner der 13 abgebildeten Personen nimmt Blickkontakt zum Betrachter auf. Er wird jedoch auf eine andere Weise mit in das Bild einbezogen: Durch Gestik und Mimik fühlt sich der Betrachter angesprochen, kann sich vorstellen, was die jeweilige Person gerade sagt oder denkt. Vor allem die Hände spielen damit in Leonardo da Vincis Abendmahl eine bedeutende Rolle, weil sie beim Betrachter eine Art Mitgefühl auslösen und ihn so indirekt miteinbezieht. Wichtig ist diesbezüglich auch der „Moment davor“, weil er Spannung aufbaut. Das ist z.B. an Jesu erkennbar, der mit seiner rechten Hand nach etwas greift.

Für den Betrachter ist auch der Aufbau des Bildes ansprechend konstruiert. Da Vinci ordnete die Jünger in Dreiergruppen um den Tisch, was beim Betrachten des Bildes zwar gewollt geordnet scheint, aber – dank dynamisch wirkender Gestik und Körperhaltung der Jünger - kein Gefühl von Starre auslöst. Im Vergleich zur strengen Raumkonstruktion – die vier parallel zueinander an den Wänden hängende Teppiche, die niedrige Zimmerdecke, die im jeweils gleichen Abstand angeordneten Fenster – wirken die Jünger fast schon unruhig. Alles, was um den Tisch herum passiert, wirkt bewegungsreich. Die Gestik der Jünger bringt Dynamik und Lebendigkeit in das Bild, steht im Gegensatz zur strengen Konstruktion des Raumes und verhindert ein Gefühl von übertriebener, gewollt strenger Ordnung.

Leonardo da Vinci versuchte auch durch sein durchdachtes Kompositionsprinzip die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sein Werk zu lenken. Die zentrische Perspektive ermöglicht es, dass der Fluchtpunkt des Gemäldes direkt im Gesicht Jesu Christi liegt, wodurch dieser in den Mittelpunkt gerückt wird. Durch die Größe des Bildes (das Bild ist über 4m hoch) liegt der Fluchtpunkt des Betrachters jedoch eigentlich unter dem Tisch. Durch seine Komposition ermöglicht er dem Betrachter jedoch trotzdem, dass dieser sich fühlt, als sitze er mit den Jüngern am Tisch. Zieht man beim Anfertigen einer Kompositionsskizze sämtliche Kompositionslinien, treffen sich die meisten an der wichtigsten Stelle des Bildes – dort, wo Jesus zu sehen ist. Jesus Christus bildet den Mittelpunkt des Bildes, weil dort der Fluchtpunkt liegt und alle Linien dort enden, wo sein Gesicht abgebildet ist. Unterstützt wird dies durch das Kreuzsymbol, welches den Bauplan des Gemäldes bildet. Sowohl die Helligkeit des Fensters hinter ihm als auch der angedeutete Nimbus, der Heiligenschein, über ihm, ermöglichen ein Herausstechen seiner Person. Diagonale und Nimbus bilden den sogenannten Kreuznimbus um Jesu Christi herum, wodurch der Betrachter auch nochmal auf den religiösen Hintergrund aufmerksam wird, denn das Kreuzsymbol ist das Zeichen des Christentums. Des Weiteren fällt Jesus beim ersten Betrachten durch seine Sitzposition und seine Haltung auf. Im Gegensatz zu den meisten anderen Personen auf dem Bild sitzt Jesus dort eher ruhig und gelassen, seine Arme sind ausgebreitet und bilden ein Dreieck (wodurch der Betrachter ein weiteres Mal auf die religiöse Ebene gestellt wird, weil das Dreieck die Dreifaltigkeit oder auch die Göttlichkeit darstellt); er schaut auf seine Hand, seine Mimik lässt nur schwer erahnen, was er gerade denkt. Zudem wirkt es, als sitze er abgeschottet und ausgeschlossen von den anderen, da Johannes – zu seiner Rechten – sich vollkommen von ihm abwendet und Jakobus der Ältere sowie Thomas – zu seiner Linken – ihm drohend die Zeigefinger entgegenstrecken (zeigt wieder die Bedeutung der Gestik in da Vincis Abendmahl).

Zudem ist auch die Raumillusion bezüglich der Raumkonstruktion und der Komposition wichtig. Durch die optische Verlängerung des Raumes ermöglicht sie eine Tiefenwirkung. Die Fluchtpunktperspektive ermöglicht es, dass der Betrachter nahezu an den Tisch herantritt und somit deutlich mit einbezogen wird.

Die Leerstellen des Bildes lassen erahnen, dass da Vinci auch einige persönliche Sichtweisen in seinem Werk versteckte – trotz dessen, dass es eine Auftragsarbeit war. Auffällig ist das zum Beispiel bei der möglichen Bedeutung der Teppiche an den Wänden. Man vermutet, die (vom Betrachter aus gesehene) rechte Wand stellt die gute Seite dar, weil sie im hellen Bereich liegt. Die vier Teppiche stellen angeblich die vier Kardinaltugenden der Ethik dar: Weisheit, Tapferkeit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit. Die dunklere, linke Seite bildet also den Gegensatz zu den vier Kardinaltugenden. Diese vier Teppiche sollen die vier Gründe alles Seienden darstellen: Materialursache, Formursache, Zweckursache und Zielursache. Weil Jesus den Kopf nach rechts geneigt hat, seine linke Hand nach (vom Betrachter aus gesehen) rechts streckt und seine rechte Hand ablehnend nach links zeigt, vermutet man, Jesus sei von der Theorie der Kardinaltugenden überzeugt und lehne die Gründe alles Seienden grundlegend ab. Er wendet sich dem Guten, dem Licht und dem Hellen, zu und fordert somit den Menschen indirekt auf, auf sein Gewissen zu hören. Möglich ist hier jedoch auch, dass es sich hierbei nicht um Jesu Ansichten, sondern um da Vincis Ansichten handelt und er derjenige ist, der davon überzeugt ist, dass die vier Kardinaltugenden die einzig richtigen Grundsätze im Leben darstellen.

Des Weiteren bildet Apostel Simon (ganz rechts) eine Leerstelle, die mit da Vinci in Verbindung gebracht werden könnte. Weil Simon als Einziger ein griechisches Gewand trägt, wird vermutet, er stelle Platon da, einen griechischen Philosophen, der die Lebensgeschichte von Sokratis aufschrieb. Der wiederrum starb für eine größere Sache, genau wie Jesus, nämlich für die Philosophie. Was alles weit hergeholt erscheint, könnte mit da Vinci in Zusammenhang gebracht werden: dieser könnte in dieser kompliziert scheinenden Theorie seine Bewunderung für Jesus Christus ausdrücken. Er verbindet eine so weit abseits sitzende Person wie Simon mit der „Hauptfigur“ seines Bildes – Jesus – durch einen wahrhaftig verwirrenden Vergleich mit Platon, um so anzudeuten - ohne sehr offensichtlich zu sein - dass er Jesus für seine Handlungen bewundert.

Die wichtigste Leerstelle wird jedoch durch die Anordnung der Personen gebildet. Es bestehen zwei Theorien, die ebenfalls mit da Vinci in Verbindung gebracht werden könnten. Die erste Theorie besteht darin, dass der Künstler die Apostel nach Altersgruppen anordnete. Zu den Jüngeren zählen dann Jakobus der Jüngere, Johannes, Philippus und Matthäus; zu den Mittleren gehören Bartholomäus, Judas, Thomas und Jakobus der Ältere und zu den Älteren zählen die Brüderpaare Simon und Thaddäus sowie Andreas und Petrus, erkennbar an den Bärten. So könnte man vermuten, da Vinci hätte in jeder Dreiergruppe einen Vertreter jeder Altersgruppe abgebildet – was er jedoch nicht getan hat. Damit folgt diese Theorie keinem bestimmten Schema, was jedoch die Lebendigkeit wieder fördert – und die spielt in da Vincis Werk bekanntlich eine große Rolle. Die zweite Theorie besagt, dass da Vinci die Personen nach der Temperamentenlehre von Hippokrates, dem berühmtesten Arzt der Antike, angeordnet hat. Links außen sitzen demnach die Bequemen (Bartholomäus, Jakobus, Andreas), die sogenannten Phlegmatiker, erkennbar an ihrer bequemen, gelassenen Haltung. Links von Jesus sitzen die Nachdenklichen (Petrus, Judas, Johannes), also die Melancholiker, die die Köpfe zusammengesteckt haben, so als würden sie leise über das sprechen, was Jesus soeben verkündet hat. Am besten erkennbar ist das an Johannes, der sich ruhig an Petrus lehnt und in sich zurückgezogen wirkt. Die Gruppe rechts von Jesus stellt nach der Lehre von Hippokrates die leicht Reizbaren dar, die Cholerischen, die sich aufgebracht und fassungslos Jesus zuwenden. Die letzte Gruppe, ganz rechts, wird als die aktive Gruppe bezeichnet, die sogenannten Sanguiniker, die sofort aktiv nach einer Antwort suchen (das ist daran erkennbar, dass sich Matthäus und Thaddäus nach einer Antwort suchend Simon zuwenden). Jetzt stellt sich die Frage: Nach welcher Theorie ordnete Leonardo da Vinci die Apostel an – und warum? Eine wichtige Rolle spielt dabei wieder Jesus, der vor allem bei der Temperamentenlehretheorie wieder die Außenseiterrolle einnimmt, weil er keinem Temperament zugeordnet wird. Das würde also da Vincis offensichtliche Absicht unterstützen, Jesus in den Vordergrund zu stellen und ihn von den Aposteln abzugrenzen – sowohl auf direktem Weg (z.B. durch raumschaffende Mittel) als auch auf indirektem Weg, durch Bildsymbole, die erst interpretiert werden müssen. Für die andere Theorie bezüglich einer Verbindung zu da Vincis persönlicher Sicht würde sprechen, dass er durch die Anordnung nach Altersklassen im Bild eine „allgemeine Aussage über das zeitlich begrenzte menschliche Leben“ reflektiert. Das steht im Zusammenhang zu seinen eigenen Interessen, denn er ist bekannt dafür, dass er sich für den Menschen interessiert hat und beispielsweise auch an der Obduktion von Leichen gearbeitet hat.

Zusammenfassend kann man sagen, dass bezüglich der rezeptionsästhetischen Interpretation die Darstellung Jesu Christi, die Gestik der Apostel und die Darstellung des religiösen Hintergrundes jeweils eine wichtige Rolle neben den oben bereits genannten Punkten, also Leerstellen, Beziehung zwischen Raum und Figuren, Komposition, spielt. Diese Aspekte ergänzen sich zum größten Teil und sind wichtig um die Frage zu klären, wie der Betrachter angesprochen wird. Durch die extreme Größe ist der Betrachter praktisch dazu gezwungen, dass Bild anzusehen. Die Auftragsarbeit wurde für den Speisesaal eines Refektoriums erstellt, einem Ort, wo sich tägliche viele Menschen zum Essen trafen. Es war ein ausgesuchter Ort, von dem man sicherlich wusste, dass tägliche eine große Anzahl Menschen das Bild betrachten würden – was wohl von Sforza beabsichtigt war, weil er den Mönchen die Intention des Bildes vermitteln wollte. Der Betrachter wird grundlegend auf religiöser Ebene angesprochen: jeder kennt das Kreuz, jeder kennt Jesus – jeder verbindet dies sofort mit dem Christentum, also erklärt sich das Bild von selbst. Nicht nur durch raumschaffende Mittel setzt Leonardo da Vinci Jesus in den Mittelpunkt des Bildes. Er macht ihn zur Leitfigur, zur wichtigsten Person im Bild, an der sich alles orientiert. Durch künstlerische Mittel schafft es da Vinci, dass der erste Blick des Betrachters sofort auf Jesus Christus fällt. Die Gestik der Apostel lässt das Bild sprechen. Auf den ersten Blick ist klar, wer was denkt, wer welche Einstellung hat, wer gerade was fühlt. Die Gestik spielt bezüglich der Kommunikation eine bedeutende Rolle in da Vincis Werk, auch, weil sie die Dynamik ins Bild bringt.

Das Bild Leonardos gilt als Meilenstein der Renaissance, denn es nahm wegen seiner korrekt wiedergegebenen perspektivischen Tiefe bahnbrechenden Einfluss auf die Malerei des Abendlandes.

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