Kästner, Erich - Sachliche Romanze Hahn, Ulla - Mit Haut und Haar (Vergleich)

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Gedichtanalyse, Vergleich, Gedichtinterpretation, Erich Kästner, Ulla Hahn, Scheidung, Beziehung, Referat, Hausaufgabe, Kästner, Erich - Sachliche Romanze Hahn, Ulla - Mit Haut und Haar (Vergleich)
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Referat

Lyrikanalyse: Erich Kästner „Sachliche Romanze“

Durch die steigende Zahl der Scheidungen im Verlauf der letzten Jahre, ist zu erkennen, dass immer mehr Beziehungen zerbrechen. Dafür kann es viele Gründe für ein Paar geben, weswegen sie sich für eine Trennung entscheiden. Allerdings sind Beziehungsprobleme nicht nur heutzutage, sondern waen auch zu Lebzeiten von Erich Kästner, ein aktuelles Problem in der Gesellschaft.

Um nun die Realität und ihre Probleme darzustellen, verfasste Erich Kästner 1929 das Gedicht „Sachliche Romanze“, welches im Folgenden erschlossen und interpretiert wird.

Am Anfang des Gedichts wird ein sich jahrelang gut kennendes Paar beschrieben, dessen Zuneigung zueinander fehlt. Sie hatten acht liebevolle Jahre hinter sich bis sogar Dritte merken, dass ihre gegenseitige Liebe abhanden gekommen ist (V. 1-4).

Ihre Beziehung besteht nur noch darin den Anderen zu betrügen, um sich dann am Ende des Tages zu küssen, als ob nichts passiert wäre. Sie wissen vom Seitensprung des jeweils Anderen, bis sie sich ansehen und nicht mehr wissen wie ihre kaputte Beziehung in Zukunft weiterlaufen wird. Wegen dieser Rat- und Ahnungslosigkeit beider Partner, fängt die Frau das weinen an, während hingegen der Mann unbeteiligt daneben steht (V. 5-8).

Aufgrund des jahrelangen Zusammenlebens des Mannes und der Frau, haben sie in Laufe der Zeit bestimmte Rituale entwickelt, wie um Viertel nach Vier Kaffee trinken zu gehen. Beide hören den Nachbarn Klavier spielen (V. 9-12) Als sie nun Kaffee trinken gehen, befinden sie sich in ein sehr kleines und weit abgelegenes Café am Ort. Dort sitzen sie den ganzen Tag und sprachen nicht miteinander, während sie die Lage ihrer Beziehung nicht wahr haben wollen (V. 13-17)

Betrachtet man nun die äußere Form des Gedichts, so sind einige Anhaltspunkte zu entdecken, die für die unglückliche Beziehung des Paars sprechen. Bis zur dritten Strophe liegt eine gleichbleibende Versanzahl vor. Es bleiben bis dahin vier Versen pro Strophe. Diese Gleichmäßigkeit ändert sich in der vierten und letzte Strophe, in der fünf Verse vorkommen. Diese anfängliche Kontinuität zeigt die augenscheinliche Ordnung in ihrer Beziehung durch die bestehende gegenseitige Gewohnheit der Partner. Am Ende ist deutlich, dass irgendein Ereignis vorliegen muss, was diese Veränderung in der Versanzahl verursacht. Die Partner erkennen nämlich ihre vorliegende Beziehungskrise. Durch diese Erkenntnis wird ihnen klar, dass eine Veränderung unvermeidbar ist, welche sich in der ungleichen Versanzahl widerspiegelt.

Analog zur diskontinuierlichen Versanzahl pro Strophe ist das ebenfalls das Reimschema innerhalb des Gedichts aufgebaut. In den ersten vier Strophen liegt ein Kreuzreim vor, was sich allerdings in der letzten Strophe ändert. Dort kann in den letzten vier Versen der vierten Strophe ein umarmender Reim erkannt werden. Dieser zeigt, dass die Erkenntnis über die kaputte Beziehung der Lebensgefährten diese zu einer Veränderung drängt. Zusätzlich gibt es ihnen ein einengendes Gefühl bezüglich der bestehend kritischen Situation, weil die beiden Menschen sich dadurch nicht frei entfalten können, um ihre Bedürfnisse dem Anderen zu äußern.

Darüber hinaus kann im gesamten Gedicht kein durchgängiges Metrum ermittelt werden. Da jedoch die Versanzahl und das Reimschema bis zur letzten Strophe kontinuierlich war, wurde somit die augenscheinliche Ordnung in der Beziehung verdeutlicht mit all ihren alltäglichen Ritualen. Aufgrund der von Anfang an bestehenden Diskontinuität des Metrums sind bei näherer Einsicht in die tatsächliche Lage der Beziehung tiefgreifende Probleme vorhanden, was mit dem Seitensprung und der geheuchelten Liebe übereinstimmt. Deswegen ist bei der Betrachtung des Metrums die innerliche und wirkliche Situation der kaputten Beziehung von Anfang an deutlich.

Wendet man sich nun den sprachlich und stilistischen Mitteln zu, die Erich Kästner in seinem Gedicht „Sachliche Romanze“ verwendet, zu, so erkennt man auch dabei das lieblose Verhalten der Partner zueinander. Was dem Leser des Gedichts schon von Anfang an ins Auge fällt, sind die Antithesen, welche zu aller erst in der Überschrift auftreten. Dort heißt es „sachliche Romanze“, worunter der Leser anfangs nicht versteht, weil die beiden Wörter genaue Antonyme sind und daher auch im Gegensatz stehen. Eine Romanze ist immer gebunden an Leidenschaft, Vertrauen und Liebe, also hat eine emotionale und intime Bedeutung, die nicht immer rational nachvollziehbar ist. Demgegenüber steht das Adjektiv „sachlich“, was ausschließlich mit der Wiedergabe von Fakten und Erkenntnissen zusammenhängt. Sachliche Themen sind meist für die Allgemeinheit rational nachvollziehbar, weswegen dies in Kombination mit einer Romanze im deutlichen Contradictio steht. Erich Kästner will durch die Formulierung der Überschrift indirekt verdeutlichen, dass die Partner ihre Beziehung nur noch aus Gewohnheit und nicht mehr aus Liebe geführt wird. In diesem Zusammenhang ist eine Romanze nie als sachlich definierbar.

Das Hauptmotiv in dem Gedicht ist die Beziehung zwischen zwei Menschen und wie sie sich verändert. In der ersten Strophe ist zu erkennen, dass die Liebe mit einem Stock oder einem Hut, also einer Sache, verglichen wird, was in Vers drei bis vier dargestellt wird: „[…] kam ihre Liebe plötzlich abhanden. Wie anderen Leuten ein Stock oder Hut“. Damit wird die Liebe einer Sache gleichgesetzt, was darüber hinaus mit der Bedeutung der Überschrift vergleichbar ist. Eine emotionale Bindung zwischen zwei Menschen kann nicht vom einen auf anderen Moment verschwinden oder verloren gehen, so wie es beim Verlust eines Gegenstands ist, sondern ist das Ergebnis eines langwierigen Prozesses und einigen Ereignissen die zum Verschwinden der Liebe für den Partner geführt haben. Dieser Prozess ist nicht immer offensichtlich, sondern kann schleichend an die Betroffenen übergehen.

Das Paar verfolgt sein alltägliches Ritual, indem es immer an einem bestimmten Tag um Viertel nach Vier in einem abgelegenen Ort Kaffee trinken geht. Die zwei Lebensgefährten unterhalten sich nicht im Café, sondern „ […] rührten in ihren Tassen“ (V. 14) herum und blieben stumm, während die Zeit vergeht. Da sie bis abends still beieinander sitzen, haben die Beiden sich nichts mehr zu sagen. Die Zeit, die im Café abgesessen wird, kann ebenfalls analog zu dem Zeitraum, in der das Paar schon zusammen ist, verglichen werden. In den ganzen Jahren, in denen die Partner zusammen leben, müssen sich diese auseinanderentwickelt haben. Diese Folge kann durch die zunehmend fehlende Kommunikation unter denen verursacht worden sein. Genauso wird auch im Café für einen längeren Zeitraum nicht miteinander gesprochen. Aufgrund der Tatsache, dass sie weder im Alltag noch an Unternehmungen miteinander kommunizieren, fehlt ein wichtiger Faktor in der Beziehung und gefährdet diese.

In der äußeren Form des Gedichtes kann kein durchgängig geführtes Mittel erfasst werden, weil weder die Versanzahl pro Strophe und das Reimschema noch ein kontinuierliches Metrum vorhanden ist. Lediglich finden sich bezüglich der Versanzahl pro Strophe und dem Reimschema bis zur dritten Strophe durchgängige Homologien erkennen. Die Annahme, dass die Beziehung lediglich am Anfang ihre Ordnung und einen klaren Verlauf hatte, verschwindet bei der Betrachtung des schon zu Beginn diskontinuierlichen Metrums. Daher ist der Einblick in die problematische Beziehung deutlich. Der Grund, warum erst in der letzten Strophe alle äußeren Kriterien des Gedichts ist in kompletter Unordnung auftreten, ist die Erkenntnis der Lebensgefährten über ihre fehlende Liebe zueinander. Das ist deutlich, weil sie stundenlang im Café sitzen und nicht miteinander sprechen. Das ist das Ergebnis eines langwierigen Prozesses, in dem sich die Partner selbst verwirklichen, den Anderen außer Acht lassen und egoistisch handeln. Besteht diese Situation weiterhin, so gelangt man ohne miteinander zu reden an diesem Punkt der Gleichgültigkeit, sodass man nicht das Bedürfnis hat sich auszutauschen.

Darüber hinaus finden sich im sprachlich und stilistischen Bereich einige Indizien für die kaputte Beziehung der Partner. In dem Gedicht werden Antithesen, wie beispielsweise schon in der Überschrift „sachliche Romanze“, verwendet. Der Autor bringt durch diese gegensätzliche Formulierung zum Ausdruck, dass das Zusammenleben der sich nicht mehr liebenden Partner nur noch aus pragmatischen Gründen geführt wird. Eine Romanze ist eine emotionale, vertrauliche und intime Beziehung mit einem geliebten Menschen an der Seite. Diese starke Liebe kann niemals durch rationale Gründe erläutert werden. Demgegenüber steht das Sachliche, was ausschließlich auf Fakten, die von der Allgemeinheit nachvollziehbar sind, basiert.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die gravierenden Beziehungsprobleme des Passes sowohl in der äußeren Form, als auch in den sprachlich stilistischen Mittel widerspiegelt. Diese Probleme entstehen durch einen lang andauernden Zeitraum, in dem auch einige Ereignisse vorgefallen worden sein müssen, was die Gleichgültigkeit der Partner zueinander auslösen. Gerade durch diese Gleichgültigkeit haben sich die Lebensgefährten nach einer Zeit auseinander gelebt, entfremdet und daher auch nichts mehr zu sagen.

„Mit Haut und Haar“ von Ulla Hahn

Wendet man sich nun dem Gedicht „Mit Haut und Haar“ von Ulla Hahn, veröffentlicht 1981, sind beim Vergleich mit der „sachlichen Romanze“ von Erich Kästner sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten enthalten.

In Hahns Gedicht geht es auch um ein anfangs sich sehr liebendes Paar. Allerdings engt der eine Partner das lyrische Ich ein und versucht es als sein eigenes Eigentum zu Kennzeichnen. Der Erzähler ist so überflutet mit seinen romantischen und emotionalen Gefühlen dem Anderen gegenüber, sodass er die Besitzergreifung des Partners nicht mitbekommt. Darauf folgt die Erkenntnis des lyrischen Ichs über die Beschränkung des eigenen Charakters durch den Geliebten bis der Erzähler sich vom Partner trennt.

In Hahns Gedicht geht es, genau wie in Kästners Gedicht, um eine zerbrochene Liebe und eine kaputtgegangene Beziehung zwischen zwei sich einst liebenden Partnern. Da die beiden lyrischen Werke das selbe Hauptmotiv behandeln, werden diese im Folgenden bezüglich deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten verglichen.

Vergleich

Beide Autoren befassen sich in ihren Werken mit in der Gesellschaft schon immer auftretenden Beziehungsproblemen, was die Trennung der zwei Paare verursacht. Allerdings liegt der Unterschied darin, dass in Kästners Gedicht die Partner durch Vernachlässigung auseinander gelebt haben. Die Beiden haben zu egoistisch gehandelt und nur ihre persönlichen Interessen angestrebt, was zum bestehenden Desinteresse der Partner geführt hat. Daraus folgt, dass in diesem Gedicht die zu große Selbstliebe, die die einzelnen Partner entwickelt haben, zur Trennung geführt hat. Im Gegensatz zu Hahns Gedicht, indem das lyrische Ich so selbstlos handelt, den Anderen mit Liebe überströmt und sich dabei selbst an zweiter Stelle sieht. Allerdings engt der Partner das lyrische Ich ein und ergreift Besitz. Der besitzergreifende Partner will dem Anderen und auch der Gesellschaft verdeutlichen, dass sie zusammengehören, indem er sein Zeichen auf die Haut brennen lässt, wie in Vers fünf bis sechs: „[…] Du branntest mir dein Zeichen mit sanftem Feuer in das dünne Fell.“ Diese Kennzeichnung wird normalerweise bei Tieren angewandt, sodass die Besitzer diese wiedererkennen können. Daraus folgt, dass durch diese Einengung des Partners die Trennung verursacht wurde, was das komplette Gegenteil der Vernachlässigung ist.

Das Gedicht „Mit Haut und Haar“ ist gefüllt mich einigen Personalpronomen, die sich oft in Form von Anaphern widerspiegeln, wie „ ich zog dich aus […] “ (V. 1) und „ich lecke dir die Hand [...]“ (V. 3). Die Verwendung von Personalpronomen signalisiert das aktive Handeln der Person. In der ersten Strophe zeigt sich das lyrische Ich als aktiverer Teil der Beziehung, indem es die Liebe deutlich ausdrückt, was in den schönen Zeiten der Beziehung war. Allerdings ist der andere Partner in der zweiten Strophe die überwiegend handelnde Person, indem er das lyrische Ich einengt, beschränkt und dadurch Besitz am Erzähler ergreift „Du wendetest mich um. Du branntest mit dein Zeichen [...]“ (V. 5). Demgegenüber steht Kästners Gedicht, indem die Beziehung zweier Menschen durch einen auktorialen Erzähler beschrieben wird und dabei wenig emotional formuliert.

Als Gemeinsamkeit kann das diskontinuierliche Reimschema beider Gedichte betrachtet werden. Dabei ist auch die Funktion des vom Autor gewählten Reimschema identisch zum anderen Werk. Beide Gedichte steigen mit einem Kreuzreim ein, was die augenscheinliche Ordnung in der Beziehung der Partner repräsentiert. In der zweiten Strophe von Hahns Gedicht und in der letzten Strophe von Kästners Gedicht wird ein umarmender Reim verwendet, was die Beziehungsprobleme zum Ausdruck bringen, obwohl die Gründe für die Trennung der Paare unterschiedliche sind. Beide Autoren setzen die fortlaufende Diskontinuität ein, um die Krise der Partner auch auf die äußere Form zu übertragen.

Zusammenfassend sind Beziehungsprobleme, so wie sie sowohl in Erich Kästners „sachliche Romanze“, als auch in Ulla Hahns „Mit Haut und Haar“ beschrieben werden, ein zeitloses Thema. Es gibt immer zwischenmenschliche Probleme, die manchmal nur durch eine Trennung dieser Menschen gelöst werden können. Um dies jedoch zu vermeiden sollte man eine gesunde Mischung aus Nächstenliebe und Selbstliebe in die Beziehung miteinbeziehen, sodass eine dauerhafte, funktionierende und vor allem glückliche Beziehung geführt werden kann.

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