Alemann, Ulrich von - Die Ursachen für die Parteienkrise

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Referat

Mittwoch, der 10. Juni 2009

Ulrich von Alemann: Die Ursachen für die Parteienkrise

Erläutern Sie worin Ulrich von Alemann die Ursachen für die Parteienkrise sieht!

Unter der sogenannten Parteienkrise versteht man, dass es immer weniger Mitglieder in den verschiedenen Parteien gibt, wie auch dass es immer weniger Bürger gibt, die wählen und sich engagieren. Statistiken beweisen, dass die Wahlbeteiligung bereits seit Jahren stetig abnimmt.

Außerdem gleichen sich die verschiedenen Parteien immer weiter an, sodass kaum noch Unterschiede erkennbar sind und der Begriff „Allerweltspartei“ zustande kam. Alemann versucht nun, diesen Ablauf näher zu erklären. Als einen Grund gibt er an, dass sich die Menschen und ihre Gesellschaft ständig verändern, wie auch ihre sozialen und moralischen Werte, sodass auch die Parteien fortwährend Prozesse durchlaufen- und sich anpassen müssen. Debatten um diesen „Wertewandel“ gibt es jedoch erst seit den siebziger Jahren, in denen Ronald Inglehart seine These der „silent revolution“ ausdrückte: Es gibt die materiellen Bedürfnisse des Menschen, wie Nahrung, Kleidung, Sicherheit und Wohlstand und die „postmaterialistischen“- die sozialen, kulturellen und intellektuellen- Bedürfnisse. Seiner Theorie nach nahmen die postmaterialistischen Werte in Europa in fast allen Staaten immer weiter zu, der Grund lag darin, dass in der Nachkriegszeit die Sicherheit der Jugend und der Wohlstand der Bürger schon (/wieder) vorhanden war. Durch diese Entwicklung gab es jedoch auch immer mehr politische und ökologische Proteste, wie zum Beispiel die Studentenbewegung Ende der sechziger Jahre. Meiner Meinung nach kann Alemann der Theorie aber nicht ganz zustimmen, da er sie auf folgender Weise kritisiert: Die Werteorientierung könne nicht ein ganzes Leben lang unverändert bleiben, da es auch Wechselwähler gibt, außerdem sind für viele Menschen beide Arten von Bedürfnisse relevant (Alemann: „Die arrivierte Anwaltsgattin kocht vielleicht makrobiotisch und wählt grün, gibt darum aber das Golfspielen nicht auf“, Seite 1).

Aufgrund dessen ist die Vorstellung des Materialismus nicht mehr aktuell, sondern die der „Individualisierung“. Hiermit ist gemeint, dass sich ehemalige feste Bindungen in der Gesellschaft, die auch mehr oder weniger festestehende Wahlgewohnheiten besaßen, sich im Laufe der Zeit auflösten, sodass sich neue Unterschiede in der Bevölkerung bemerkbar machten, wie Regionen, Konsumstile und Aktivitätsmuster. Durch diese Individualisierung der Gesellschaft ergeben sich vielfältige Gründe, eine Partei zu wählen und damit eine höhere Kritikfähigkeit der Menschen, sodass sich die Parteien mehr um jeden Einzelnen mit seinen Bedürfnissen bemühen müssen. Doch der Nachteil hierbei liegt darin, dass die Menschen ein stärkeres egozentrisches Verhalten darlegen (z.B. beim Schummeln bei der Steuererklärung) und dieses Verhalten inzwischen akzeptiert ist, sodass auch Politiker nicht außen vorstehen. Im vorliegenden Text wird zudem erklärt, warum sich die Menschen scheinbar nicht entscheiden können und ein „Wechselwählerverhalten“ vorweisen: Man wählt nur Parteien, die die eigenen Probleme löst, nicht aber die der Allgemeinheit, darüber hinaus misstraut man grundsätzlich zunächst einmal allen Parteien. Die Gesellschaft hat sich auch insofern gewandelt, dass früher der Gebrauchswert (Haltbarkeit, Zweckmäßigkeit, technische Perfektion) der Güter und Dienstleistungen-, inzwischen, seit der Nachkriegszeit, aber mehr der Erlebniswert im Vordergrund steht. Dieser Ablauf zeigt sich auch im politischen Geschehen: Die Menschen wollen etwas erleben: „Die traditionelle Parteiarbeit wird durch spektakuläre Schlauchbootaktionen von Greenpeace oder durch Showauftritte von Politikern im Erlebniswert weit überboten“ (Alemann, S.3). Diese Leidenschaft für Unterhaltung spiegelt sich auch in den Medien wider, da es inzwischen sehr viel mehr und breiter gesteuerte Medien gibt. TV- Sender haben sich von Grund auf verändert: Es gibt pausenlos Werbung und Unterhaltungssendungen, sodass die Bevölkerung das Interesse für politische Informationen und Neuigkeiten verliert. In diesem Sinne stehen Medien als doppelter Konkurrent gegen Politik: Zum einen haben Medien schon immer sehr viel Einfluss gehabt, denn um Einschaltquoten bzw. Auflagen zu erhöhen, suchen die Medien intensiv nach Skandalen bezogen auf Politiker. Zum anderen ergibt es seit neuestem auch das Problem der Zeit: Wenn sich die Bürger mehr und mehr der Unterhaltung in Medien widmen, haben sie kaum noch Zeit, sich politisch zu engagieren. Die Parteien zeigen aber offensichtlich auch nicht die Intention, dies zu verändern, wie es Alemann darstellt, da sie keine politischen Bewegungen organisieren.

Die veränderte Bedeutung der Medien verändert auch die Parteien selbst: Die Mitglieder werden ausschließlich über neue Entscheidungen durch Medien informiert und nicht, wie es früher der Fall war, parteiintern.
Die Rolle als „Agenda-Setter“ (Funktion, die öffentliche Meinung zu bestimmen) haben längst nicht mehr die Parteien, sondern die Medien und zwar vor allem, weil in den Parteien selbst teilweise unterschiedliche Meinungen herrschen, was v.a. durch die „Politikverpflechtungen“ zwischen Bund, Land und Gemeinde zustande kommt und die Parteinen entzweit. Dadurch entsteht unter den Wählern eine sichere Parteienverdrossenheit und Wahlenthaltung.

Nicht nur durch das Wechselwahlverhalten, das zustande kommt, weil die Menschen Unentschlossenheit und Furcht vor einer dauerhaften Bindung aufweisen, führt dazu, dass v.a. Großparteien immer weniger sichere Anhänger haben. Ein weiteres Problem ist vermutlich, dass sie sich in einer„Modernisierungsfalle“ befinden, das meint die Tatsache, dass sich die Großparteien weniger um ihre Stammwähler gekümmert haben, als denn um die neuen Mittelschichten, Postmaterialisten und Aufsteiger in der Erlebnisgesellschaft, was der Fehler war und nun nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

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