Ausländer, Rose - Träume eines Jünglings (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Rose Ausländer, Interpretation eines Gedichtes, lyrisches Ich, Hypothese, Referat, Hausaufgabe, Ausländer, Rose - Träume eines Jünglings (Gedichtinterpretation)
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Referat

Rose Ausländer: Träume eines Jünglings


Nun bin ich groß
und werde größer

Ich werde
Paläste baun aus Marmor
sonnenrund

werde Lieder schneiden
aus dem Feuer

Ich werde
Sterne in die Erde pflanzen
daß sie strahle

Ich werde König sein
meine Krone
dem Winde schenken
mit ihm wandern
durch die Welten
und Trauerkinder trösten.

Träume eines Jünglings (1979, Rose Ausländer)


Gedichtinterpretation
In dem Gedicht Träume eines Jünglings, 1979 geschrieben von Rose Ausländer, geht es um ein lyrisches Ich, wahrscheinlich einen Jüngling, das bzw. der sich seine Zukunft ausmalt. Das Gedicht hat fünf Strophen, in denen sich jedoch nichts reimt. Doch es gibt Regelmäßigkeiten: Die ersten vier Strophen haben abwechselnd zwei und drei Zeilen, die fünfte besteht aus sechs, also doppelt so vielen Zeilen. In der ersten Strophe betont das lyrische Ich, nun groß (I,1) und in Zukunft auch noch größer (I,2) zu werden. Groß zu größer ist eine Steigerung, die das Wachsen und Älterwerden noch betont. Dies lässt, genau wie die Überschrift, darauf schließen, dass es sich beim lyrischen Ich um einen jungen Menschen handelt, der gerade dabei ist, erwachsen zu werden.

In der zweiten Strophe strebt dieser Jüngling (vgl. Überschrift) die Perfektion an. Er will sonnenrund(e) Paläste bauen aus Marmor (vgl. II). Paläste haben nur Könige und auch das edle Marmorgestein ist Symbol für Pracht, Luxus und Macht, also ebenfalls oft bei Herrschern zu finden. In vielen Religionen ist die Sonnenscheibe das Symbol für die absolute Perfektion. Sie ist eine Kugel, rund und perfekt und ohne auch nur eine einzige Ecke oder Kante. Ihre Kraft ist unerschöpflich, ihre goldenen Strahlen spenden Leben. Weiter will der junge Mensch Lieder schneiden aus dem Feuer (III, 1+2). Dies ist nun schon schwieriger zu deuten. Feuer versinnbildlicht wahrscheinlich das Ungestüm und das innere Feuer der Jugend des jungen Menschen. Wenn er aus diesem Feuer Lieder schneiden will(vgl. III, 1), könnte dies bedeuten, dass er aus seinem eigenen Leben und aus seinen Taten Lieder (vielleicht Heldenlieder) machen will. In der vierten Strophe greift der junge Mensch schließlich nach den Sternen, denn er will Sterne in die Erde pflanzen (IV, 2). Sterne sind unerreichbar fern; diese strahlenden, funkelnden Lichter am finsteren Nachthimmel zu fassen, ist unmöglich. Doch der junge Mensch lässt sich davon kaum beeindrucken. Er plant, diese Sterne in die Erde (zu) pflanzen, dass sie strahle (IV, 2+3). Er will die Kraft und den Glanz der Sterne auf seine Erde, sein Reich, übertragen und noch vergrößern, denn wer etwas pflanzt, erwartet auch, dass es wächst, gedeiht und irgendwann Früchte trägt, die man ernten kann. Dies betont wiederum den Wunsch nach Pracht und Vollkommenheit.

Auch die letzte Strophe des Gedichts ist nicht leicht zu deuten. In der ersten Zeile drückt der junge Mensch aus, was die ersten Strophe schon vermuten ließen: Er will König sein (vgl., 1). Seine Krone will er dem Winde schenken (V, 3), was wahrscheinlich so viel bedeutet, dass er in seiner Herrschaft sein will wie der Wind: frei und ungestüm, überall und nirgends. So will er weiterhin auch überall hin mit dem Winde wandern durch die Welten (V,3+4+5). In diesen Zeilen fällt besonders die Alliteration auf. Sie verbindet die Worte Wind, wandern und Welten. Der Jüngling will also ein windartiger König sein, dem keine Welt verschlossen bleibt. Probleme machte nun die letzte Zeile des Gedichtes, die einen weiteren seiner Zukunftsträume offenbart. Er will Trauerkinder trösten (V,6). Vielleicht meint er damit, Kinder trösten zu wollen, denen es nicht gelang, ihre Zukunft so zu formen, wie er selbst. Vielleicht drückt die letzte Zeile aber auch aus, was das nun schon so große (vgl.I,1) lyrische Ich vermisst hat, als er klein war.

Die am Anfang aufgestellte Hypothese, dass es sich hier tatsächlich um einen jungen Menschen bzw. Jüngling handelt, erscheint auch nach genauer Analyse und Interpretation noch als wahrscheinlich. Wie jeder junge Mensch strebt er danach, alles perfekt und makellos zu tun. Dass manche Dinge nicht so klappen werden, wie er es sich erträumt, stört ihn nicht. Die letzte Zeile kann verschieden gedeutet werden, die Bedeutung ist nicht sicher geklärt. Was hat es nun wirklich mit den Trauerkindern (V,6) in allen Welten(V,5) auf sich? Sieht er sich selbst als ein solches?

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