Versailler Vertrag - Vergleich Rede Scheidemann und Wilson-Plan

Schlagwörter:
Philipp Scheidemann, Reparationszahlungen, Wilson-Plan, 14 Punkte Plan von Woodrow Wilson, USA, Deutschland, 1. Weltkrieg, Referat, Hausaufgabe, Versailler Vertrag - Vergleich Rede Scheidemann und Wilson-Plan
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Referat

Einsendeaufgabe Geschichte
Sabine Barz

M 9: Aus der Rede des Reichskanzlers Philipp Scheidemann (SPD) in der Nationalversammlung vom 12. Mai 1919


1. Scheidemann möchte es seiner eigenen Aussage nach gar nicht wagen, den Versailler Friedensvertrag in seiner Rede vor dem Reichstag mit dem 14-Punkte-Plan zu vergleichen (vgl. 16 ff.) Vielmehr würde er eine solche Gegenüberstellung als “Lästerung” (Z.18) empfinden und zieht aus diesem Grunde eines der verheerendsten Werke des Mittelalters, den “Hexenhammer“, Legitimation zur grausamen Ermordung Tausender Unschuldiger nur auf den geringsten Verdacht hin, als Vergleich heran. Mit dem “Hexenhammer” hat er ein sehr signifikantes Werk gewählt, genau wie mit den Auswirkungen des Versailler Vertrages wurde auch damit ein ganzes Volk in seiner Entwicklung gehemmt, weil es in jedem Moment die Willkür der Inquisition zu fürchten hatte. Scheidemanns Inquisition sind die Alliierten, die alles daran setzen, Deutschlands künftige Entwicklung zu hemmen, seien es die Franzosen, die ihre Hegemonialstellung in Europa gesichert wissen wollen und deshalb von einer ökonomischen und militärischen Schwächung Deutschlands profitierten oder die Briten, welche Deutschland als Bollwerk gegen die bolschewistische Bedrohung aus dem Osten verwenden möchten, und nicht zuletzt die Amerikaner, die ihre Kriegsanleihen zurückfordern und das am Besten mit dem aus deutschen Landen erpressten Reparationszahlungen. Die Italiener, auch zeitweise Mitglied der Alliierten, zeigten ihren Protest gegen die ihres Ermessens nach zu geringen Abfindungen direkt durch zeitweise Boykott der Verhandlungen.

Der Wilson-Plan war in seiner Gesamtheit in einem humanen Rahmen gehalten. Er sollte zwar auch den Ausgang eines erneuten Krieges von deutschem Boden verhindern, war aber eher darauf ausgelegt, Deutschlands Wirtschaftswachstum zu fördern und die Kriegsfolgen so schnell wie möglich vergessen zu machen. Vor allem sah er die gleichmäßige Verteilung der Kriegslasten vor, ohne die Schuld am Ausbruch des Krieges einzig Deutschland zu übertragen.

Da Deutschland von der Teilnahme an den Friedensverhandlungen in Versailles ausgeschlossen war, konnte keine Rede sein von öffentlichen Friedensverträgen sowie freier und öffentlicher Diplomatie, frei von jeglichen privaten Abmachungen, wie Wilson in seinem ersten Punkt unterstrich.

Auch wurde in Versailles die Abtretung der deutschen Handelsflotte zu 90 % beschlossen, womit Wilsons Idee einer freien Schifffahrt auf See (vgl. Pkt. 2) verworfen wurde. Wilson sah weiterhin die Aufhebung wirtschaftlicher Schranken (vgl. Pkt. 3) sowie die “absolut unparteiische Ordnung aller kolonialen Ansprüche” (Pkt. 5) vor. Mit der absoluten Enteignung der deutschen Kolonien und der Abtretung von ökonomisch und landwirtschaftlich wichtigen deutschen Gebieten an Frankreich (Elsass-Lothringen) und Polen (Memelland) durch den Versailler Vertrag wurde Wilsons Wunsch nach Fairness und Diplomatie zunichte gemacht.

Die “nationale Rüstung” wurde nicht nur “auf den niedrigsten Grad … herabgesetzt” (Pkt. 4 Wilson-Plan), sondern durch Herausgabe von Waffen, Panzern, Luftwaffe und U-Booten und die Reduzierung der Armee auf ein Freiwilligenheer von 100 000 Mann (um eine Fläche von Gesamt-Deutschland zu verteidigen!) quasi völlig vernichtet.

In den hier angeführten Beispielen sind nur einige Auszüge aus Wilsons 14 Punkten und dem Friedensvertrag von Versailles aufgeführt. Sie sollten aber bereits ausreichen, Scheidemanns Verbitterung zu verdeutlichen. Es war nicht nur die Verbitterung des Reichskanzlers, er brachte sie stellvertretend für das gesamte deutsche Volk zur Sprache, was nun nicht mehr nur an den direkt zu spürenden und zu sehenden Kriegsfolgen zu leiden hatte, schließlich lag die Wirtschaft am Boden, musste von einer Kriegs- auf eine Friedenswirtschaft umgestellt werden, die Bürger litten Hunger, weil die Versorgung nicht gewährleistet war und die Massen von Soldaten, die von der Front heimkehrten, mussten resozialisiert werden, sondern sollte auch aufgrund der Gebietsabtretungen und der Reparationszahlungen auf Jahre hinaus nicht in der Lage sein, sich wieder wirtschaftlich zu amortisieren.


2. Doch trotz der “Knebelverträge”, wie sie die Alliierten vorsahen, hätte eine Ablehnung seitens Deutschland fatale Folgen gehabt. Ein Widerspruch wäre einer Kriegserklärung an die Alliierten gleichgekommen und hätte ihnen somit das unumstößliche Recht verliehen, Deutschland endgültig zu zerstören respektive dem Erdboden gleich zu machen. Schließlich sah einer der Punkte des Versailler Vertrages vor, die gesamte Kriegsschuld einzig Deutschland anheim zu legen. Allein ein Auflehnen gegen diesen Punkt hätte als Signal genügt, dass Deutschland den Waffenstillstand ablehnt und somit weiterhin im Kriegsrecht verharrt. Ein absehbares Bombardement seitens der Alliierten hätte dem sowieso schon aufgrund der Kriegsfolgen geschwächten Land den Todesstoß versetzt. Also blieb den Deutschen nichts weiter übrig, als zähneknirschend zuzustimmen und ihre Wut über die Repressalien für sich zu tragen.

Auf makabre Weise “rächte” sich Deutschland an der Welt mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der nicht zuletzt mit dem Erstarken der Rechten, besonders der NSDAP unter Adolf Hitler, aufgrund der Schmach des Versailler Vertrages in Zusammenhang zu bringen ist.


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Sprache etc.: problemlos

Gesamteindruck: ++ 

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