Schlink, Bernhard - Der Vorleser (Plädoyer des Staatsanwaltes)

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Bernhard Schlink, Fall Hanna Schmitz, Roman, Referat, Hausaufgabe, Schlink, Bernhard - Der Vorleser (Plädoyer des Staatsanwaltes)
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Referat

Fall Hanna Schmitz - Plädoyer des Staatsanwaltes

Bernhard Schlink - Der Vorleser (Plädoyer des Staatsanwaltes)

Aufgabe:
Fertige ein mögliches Plädoyer des Staatsanwaltes im Prozess Hanna Schmitz an!


Hohes Gericht,
Herr Verteidiger,

Die heutige Beweisaufnahme hat den Sachverhalt, so wie er bereits in der Anklageschrift niedergelegt ist, teilweise bestätigt. Der Angeklagten ist in der Anklageschrift vorgeworfen worden, dass sie bewusst zur SS gegangen ist, eine bewusste Selektion unter den Häftlingen getroffen zu haben und Frauen in der Kirche verbrennen ließ.

Die Angeklagte gesteht die ihr zur Last gelegten Taten; die Vernehmung des Zeugen Michael Berg hat jedoch ergeben, dass die Angeklagte Analphabetin ist und somit das Protokoll nicht geschrieben haben konnte. Dennoch entschuldigt es nicht ihr Verhalten. Sie war bewusst und freiwillig zur SS gegangen und war sich über die Aufgaben im Klaren. Auf den Straßen konnte man sehen, wie Juden erschossen wurden und es war nicht zwingend notwendig den Arbeitsvertrag lesen zu können, denn die Angeklagte ist nur eingeschränkt nicht lesen und schreiben zu können. Sie kann jedoch sprechen, hören und sehen, wodurch sie sich informieren konnte. Sie tat es nicht. Deshalb ist die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass Hanna Schmitz sich über die Folgen als Aufseherin in einem Konzentrationslager bewusst war.

Die Angeklagte wird außerdem beschuldigt bewusste Selektionen unter den Häftlingen getroffen zu haben. Zwar stand sie unter Druck und der Angst selber getötet zu werden, doch hätte sie sich nicht mit den Häftlingen verbünden können? Sie tat es nicht. Sie wählte vor allem schwache, junge Frauen aus, weil sie der Auffassung war, dass eine Gefahr der Stärkeren bestand, sich gegen sie zu wehren. Mit dem nächsten Transport schickte sie diese Frauen nach Auschwitz, da die Frauen sich möglicherweise nach geraumer Zeit wehrten. Somit hatte sie die Wahl zwischen Tod und Leben bei ungefähr 1000 Menschen zu treffen und tat dies ohne große Scheu. Es ging ihr bei den Selektionen nur um ihr eigenes Wohl und hatte einen raffiniert brutalen Plan ausgetüftelt, der ihr ermöglichte, die Schwachen zu unterdrücken und Gewalt auszuüben.

Die Angeklagte wird des weiteren beschuldigt die Frauen in der Kirche verbrannt haben zu lassen. Als sie die Frauen mit anderen Aufseherinnen in der Kirche einschlossen und eine Bombe die Kirche in Flammen setzte, hat sie nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, die Frauen zu befreien, obwohl sie den Schlüssel besaß. Sie tat es nicht. Sie folgte stattdessen dem Befehl, den sie von den Wachmannschaften erhalten hat, mögliche Fluchtversuche zu verhindern. Das als Beweis aufgeführte Protokoll, dass Hanna Schmitz unterschrieben hat, kann als dieses nicht gewertet werden, da sie dessen Inhalt nicht lesen konnte. Dennoch befreit sie diese Tatsache nicht von ihrer Schuld. Analphabetismus und das Motiv ihn mit allen Mitteln zu verbergen entlastet die Angeklagte nicht.

Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte beantragt die Staatsanwaltschaft, die Angeklagte, Frau Hanna Schmitz, geboren am 21.10.1922 in Hermannstadt zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe zu verurteilen. Schließlich beantragt die Staatsanwaltschaft, der Angeklagten als Verurteilten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 

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